Debatten über Frauenquote und Unterkünfte im Gewerbegebiet

Landtag: Änderungen am Raumordnungsgesetz verabschiedet

Freitag, 27. November 2020 | 22:50 Uhr
Update

Von: ka

Bozen –  Die Änderungen am Raumordnungsgesetz wurden vom Landtag verabschiedet. Art. 15 betrifft das Gemeindeentwicklungsprogramm für Raum und Landschaft.

Hier wollte Riccardo Dello Sbarba auch eine Höchstbettenanzahl verankern, wie es im alten Gesetz vorgesehen war. Die Gemeinde solle sich überlegen müssen, welche Tourismusentwicklung sie haben wolle. Peter Faistnauer stimmte dem zu und fragte, wie weit man mit dem Landestourismusplan sei, welche Ziele man sich setze und wie viele Gemeinden bereits einen Tourismusplan hätten. Die Höchstbettenzahl habe ihren Sinn. Andreas Leiter Reber sprach sich gegen eine Bettenobergrenze aus, aber hier gehe es nicht um eine Grenze, sondern um eine Entwicklungszahl. Die Gemeinde müsse sich die Frage stellen, wie sie ihr Dorf in den nächsten Jahren gestalten wolle, auch im Tourismus. Wenn man die letzten Jahrzehnte zurückblicke, könne man sehr wohl ein Tourismuskonzept erkennen, erklärte Helmut Tauber. Von den 28.000 Betten des Entwicklungskonzepts seien nicht einmal zehn Prozent realisiert worden. Wichtig sei, dass man nun die qualitative Erweiterung schnell antreibe. Bei den Konzepten wurden sehr viele Leute einbezogen. Die Gemeinden würden sich mit dem Thema befassen, wenn feststehe, wie viele Betten man habe und wie sie ausgelastet seien, erklärte LR Maria Hochgruber Kuenzer. Die Bettenzahl sei nicht das einzige Kriterium.

Der Änderungsantrag Dello Sbarbas wurde abgelehnt.

Andreas Leiter Reber sah in der neuen Bestimmung eine Schwächung, wenn man sich nur mehr am Landestourismuskonzept orientiere. Die Gemeinden wüssten besser, was sie bräuchten.
Der Artikel wurde mit 20 Ja, 12 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.

Art. 15-bis wurde ohne Debatte genehmigt, ebenso die folgenden Artikel.

Art. 19 zum Baugenehmigungsverfahren wurde mit einer sprachlichen Korrektur genehmigt.

Art. 20 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 20-bis betrifft die Erschließungsgebühr.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels bzw. wenigstens die Einschränkung auf Wirtschaftsgebäude. Durch diese Bestimmung würden die primären Erschließungsgebühren erlassen, wenn die primären Erschließungsanlagen auf eigene Kosten errichtet wurden. Hier werde eine Bestimmung von den Gewerbezonen auf die Landwirtschaft übertragen, aber zu einem Hof gehörten auch Wohngebäude. Wenn Dello Sbarbas Antrag durchginge, müssten die Betreiber zweimal zahlen, wandte Josef Noggler ein.
Die Anträge Dello Sbarbas wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 11 Nein und 5 Enthaltungen genehmigt.

Die Art. 21 und 22 wurden ohne Debatte genehmigt.

Art. 23 betrifft Maßnahmen in Abweichung von der Baugenehmigung.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels. Normalerweise müsse man in so einem Fall Strafe zahlen und abreißen. Nun werde eine Sanierungsmöglichkeit eingeführt, wenn der Abriss nicht ohne Schäden für den genehmigten Teil vorgenommen werden können. Diese Bestimmung öffne die Tür für Rechtsstreitigkeiten. Ein Abriss lasse sich auch durch geeignete Baumaßnahmen unmöglich machen. Es müsse um minimale Abweichungen gehen, erklärte Andreas Leiter Reber, man müsste hier spezifizieren, wie weit man gehen dürfe, ansonsten lade man zu Missbrauch ein. Peter Faistnauer fragte, ob hier die 2 Prozent des Staatsgesetzes gelten würden. LR Maria Hochgruber Kuenzer erinnerte daran, dass diese Möglichkeit bereits im alten Gesetz gestanden habe. Man übernehme hier das Staatsgesetz von 2020 zu den Sanktionen. Würde man 2 Prozent angeben, dann würde man zur dementsprechenden Überschreitung einladen.
Der Antrag Dello Sbarbas wurde abgelehnt.
Riccardo Dello Sbarba sah das alte Raumordnungsgesetz nicht als Argument; man habe ja ein neues gemacht, weil das alte überholt war.
Der Artikel wurde mit 20 Ja, 12 Nein und 3 Enthaltungen genehmigt.

Art. 24 wurde ohne Debatte genehmigt, ebenso die Art. 25 und 26.

Art. 27 enthält Übergangsbestimmungen.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels. Es gehe um Übergangsbestimmungen bis zur Erstellung des Bauleitplans der Gemeinde, und für letzteren gebe es keinen Pflichttermin. Ohne Plan könne die Gemeinde keine Tourismuszonen ausweisen, aber sie könne Gebäude erweitern usw. Klausen habe einen Plan erstellt, und dafür sei die Bürgermeisterin abgewählt worden. Mit den Übergangsbestimmungen könne man viel tun, und die Gemeinden hätten dann kein Interesse mehr, einen Plan zu erstellen, der eine Bürgerbeteiligung vorsehe, aber auch Konfliktpotenzial habe. Man könne z.B. neue Wohnbauzonen in der Nähe von bestehenden ausweisen oder Zweckbestimmungen ändern. Einziger positiver Punkt sei ein Tourismusentwicklungskonzept als Voraussetzung für Änderungen an gastgewerblichen Flächen. Man sollte den Gemeinden wenigstens eine Frist zur Genehmigung des Gemeindeentwicklungsprogramms setzen: 24 Monate.

Ein Änderungsantrag von LH Arno Kompatscher sah vor, dass ein wegen Formfehlern abgelehntes Projekt bei Neueinreichung nach den ursprünglichen Bestimmungen begutachtet wird; damit erreiche man mehr Rechtssicherheit, erklärte LR Hochgruber Kuenzer. Bei der Liste der konventionierten Wohnungen wolle man den Gemeinden noch eine Frist einräumen. Für die Ernennung der neuen Gemeindekommissionen werde den Gemeinden noch etwa Zeit eingeräumt. Für die Kommissionen in den ladinischen Gemeinden werde eine Ausnahme eingeführt, sollten sich nicht genug ladinische Fachleute finden.
Andreas Leiter Reber hatte Bedenken zum Antrag von LH Kompatscher; es fehle die Angabe eines Zeitpunkts. Es gebe viele Projekte, die schon lange auf diese Gelegenheit warteten. Auch Peter Faistnauer fragte, wie weit die Zeit zurückreiche. Es gebe sehr viele Projekte, die auf Grundlage des Gesetzes von 1997 eingereicht wurden. Josef Noggler fragte, ob eine Aussiedlung blockiert sei, wenn nicht binnen 24 Monaten das Gemeindeprogramm stehe. Das sei eine lange Wartefrist, z.B. für Viehbetriebe in den Siedlungsgebieten. Die Verlängerung für die Verzeichnisse sei mit dem Gemeindeverband abgesprochen, erklärte Hochgruber Kuenzer. Bei den Verfahrensmängeln gehe es oft auch um schon realisierte Projekte, die sonst umgebaut werden müssten. Die Bürgermeisterin von Klausen sei an zu vielen Kandidaten gescheitert, sie habe ihre Arbeit gut gemacht. Das Land möchte die Gemeinden bei den Fachplänen unterstützen, um sie zu motivieren. Einige Bürgermeister hätten sich bereits gemeldet. Der Prozess bleibe aber eine Herausforderung. Eine Verlegung des Wirtschaftsgebäudes sei nach wie vor möglich, bei einer Aussiedlung von Wohn- und Wirtschaftsgebäude zugleich werde es schwierig. Mit der Fristverlängerung für Kommissionen und Bauordnungen gebe man den Gemeinden noch etwas Luft.
Der Änderungsantrag des Landeshauptmanns wurde angenommen, ebenso jene von LR Hochgruber Kuenzer. Die anderen Anträge wurden abgelehnt oder verfielen.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 13 Nein und 3 Enthaltungen genehmigt.

Art. 28 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 29 betrifft freie Baumaßnahmen.
Riccardo Dello Sbarba wollte hier den Denkmalschutz berücksichtigt wissen. Der Antrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 1 Nein und 15 Enthaltungen genehmigt.

Die Art. 29-bis und 30 wurden ohne Debatte genehmigt.

Erklärungen zur Stimmabgabe

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) kündigte das Nein seiner Fraktion an, auch wenn man die ausgewogene Geschlechtervertretung belassen habe. Die Änderungen würden das Gesetz zu Raum und Landschaft weiter schwächen. Man entferne die letzte Schranke für den Tourismus auf Gemeindeebene. Die Gemeinden würden ermutigt, sich mit ihren Entwicklungsprogrammen Zeit zu lassen. Die dicke Anleitung zum Gesetz, die von der Landesregierung herausgegeben wurde, sei nun wieder einzustampfen.

Peter Faistnauer (Team K) bat die Landesrätin, die Anleitung nur mehr digital auszugeben, da man alle fünf Monate eine Änderung vornehme. Es gebe einige gute Ansätze im Gesetz. Die 400 Gemeindetechniker hätten nicht aus Angst vor Veränderung gegen das Gesetz unterschrieben, sie hätten nicht die Zeit gehabt, es zu testen. Angst müsse man eher vor einem Einbruch bei den Bauaufträgen nächstes Jahr haben. Auf die Gemeinden würden hohe Kosten wegen der Pläne zukommen, daher müssten sie mit Unterstützung rechnen können.

Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) fand nicht alle Artikel im Gesetz schlecht, aber es seien wieder faule Eier dabei. Es sei auch nicht korrekt, wenn immer wieder von der Landesregierung neue Änderungen kämen.

Das Gesetz sei schlecht geboren und werde schlecht weitergeführt, meinte Josef Unterholzner (Enzian). Daher werde er sich der Stimme enthalten.

Paul Köllensperger (Team K) kündigte die Gegenstimme seiner Fraktion an. Die Zusammenlegung werde dazu führen, dass der Landschaftsschutz unter die Räder komme. Der Geist von Benedikters Gesetz sei noch aktuell, man müsse das Land für die nächsten Generationen lebenswert erhalten. Dieses Prinzip sei den Interessen der großen Verbände gewichen. Viel zu oft gehe es um die Sicherung von großen Wahlpfründen. Trotz einiger positiven Änderungen bleibe negativ.

Alfons Benedikter habe klare Ziele gehabt und sein Handeln am Gemeinwohl orientiert, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Zielsetzung seines Gesetzes sei aktuell wie nie. Aber da sei vieles falsch gelaufen in den letzten Jahrzehnten. Das neue Raumordnungsgesetz werde nicht dazu beitragen, dies zu ändern. Man komme möglichst vielen Interessengruppen entgegen. Man werde sich der Stimme enthalten. Der Denkmalschutz brauche in der Raumordnung mehr Gewicht.

Der Gesetzentwurf wurde mit 19 Ja, 13 Nein und 3 Enthaltungen genehmigt.

LR Maria Hochgruber Kuenzer dankte anschließend allen für die Debatte. Sie werde vieles, was heute gesagt wurde, in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Sie rief dazu auf, weiter gemeinsam an diesem Gesetz zu bauen – man habe kein anderes.

Präsident Josef Noggler schloss die Sitzung um 22:45 Uhr. Der Landtag tritt am 4. Dezember wieder zusammen.

Was bisher berichtet wurde:

Nach Abschluss der Generaldebatte hat der Landtag mit der Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 63/20: Änderung des Landesgesetzes vom 10. Juli 2018, Nr. 9, „Raum und Landschaft“ (vorgelegt von Landesrätin Hochgruber Kuenzer) begonnen.

Art. 1 betrifft die Landeskommission für Raum und Landschaft.
Riccardo Dello Sbarba beantragte die Streichung des Artikels, der Landesbeamte allgemein von der Eintragung ins Expertenverzeichnis befreit. Wer in die Kommission komme, sollte von der zuständigen Landesabteilung kommen oder im Register stehen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Es gehe hier um die Sachverständigen aus der Abt. 28, die von der Landesregierung ernannt werden, erklärte LR Maria Hochgruber Kuenzer auf Nachfrage von Peter Faistnauer.
Der Artikel wurde mit 18 Ja, 9 Nein und 6 Enthaltungen genehmigt.

Art. 2 betrifft die Gemeindekommission für Raum und Landschaft.

Riccardo Dello Sbarba forderte wie andere Abgeordnete die Streichung von Abs. 01 zur Geschlechterquote. Es gehe hier um strategische Kommissionen für die Kommissionen, meinte Brigitte Foppa. Ob wichtig oder unwichtig, Frauen möchten in allen Kommissionen vertreten sein, erklärte Maria Elisabeth Rieder. Man werde als frauenfeindlich hingestellt, wenn man gegen die Zwangsquote sei, kritisierte Sven Knoll. Man müsse Frauen überzeugen, nicht zwingen. Peter Faistnauer, der ebenfalls einen Änderungsantrag vorgelegt hat, plädierte für eine ausgewogene Vertretung. Magdalena Amhof unterstützte den Streichungsantrag, um den ursprünglichen Zustand des Gesetzes herzustellen. Es brauche gesetzliche Nachhilfe, um alte Bastionen zu knacken, meinte Hanspeter Staffler. Zweck seines Antrags sei es, Hürden für die Beteiligung von Frauen zu beseitigen, erklärte Riccardo Dello Sbarba. Die Vertretung von Frauen müsse zur Normalität werden. Es gehe um Kompetenz und nicht um das Geschlecht, meinte hingegen Josef Unterholzner. Mit der Quote kämen manche Kommissionen zum Erliegen, man sollte für mehr Frauenbeteiligung werben. Peter Faistnauer plädierte dafür, dass das Land den Gemeinden die Vergütung der Kommissionsmitglieder rückerstattet, und legte einen entsprechenden Antrag vor. LR Maria Hochgruber Kuenzer erklärte die Unterstützung für den Streichungsantrag Dello Sbarbas. Für die Vergütung habe sie einen eigenen Antrag vorgelegt, der im Sinne Faistnauers sei.
Der Streichungsantrag von Dello Sbarba zur Geschlechterquote wurde mit 24 ja und 10 Nein angenommen.
Der Antrag Faistnauers zur Vergütung wurde abgelehnt, der Antrag von Hochgruber Kuenzer zum selben Thema wurde angenommen. Die anderen Anträge sind verfallen bzw. wurden zurückgezogen.
Der Artikel wurde mit 28 Ja, 2 Nein und 4 Enthaltungen genehmigt.

Art. 3 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 3-bis enthält den Grundsatz der Einschränkung des Bodenverbrauchs.
LR Maria Hochgruber Kuenzer legte dazu eine Präzisierung vor, wonach Kubaturverschiebungen immer im landwirtschaftlichen Grün bzw. im alpinen Grün stattfinden müssen. Und bei Gebäuden, die vom geschlossenen Hof abgetrennt sind, darf keine Erweiterung stattfinden. Andreas Leiter Reber fragte, wer entscheide bei einer Kubaturverlegung, was die nächstgelegene geeignete Lage sei. Hochgruber Kuenzer erklärte, dass man auch die Möglichkeit schaffen wolle, Kubatur ins Siedlungsgebiet zu verlegen, statt im Landwirtschaftsgebiet auszubauen.
Die beiden Änderungsanträge der Landesrätin wurden angenommen.
Auf Nachfrage von Leiter Reber erklärte Hochgruber Kuenzer, dass eine Rücksiedlung aus dem Landwirtschaftsgebiet nicht eine Tourismuszone zum Ziel haben könne.
Der Artikel wurde mit 20 Ja, 2 Nein und 11 Enthaltungen genehmigt.

Art. 4 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 5 betrifft die Raumordnungsvereinbarungen.
LR Maria Hochgruber Kuenzer beantragte die Streichung des Artikels. Die Durchführung von Projekten im Landesinteresse sei im Gesetz bereits berücksichtigt. Man wolle die alte Bestimmung belassen, um Anfechtungen zu vermeiden.
Der Artikel wurde mit 29 Ja und 5 Enthaltungen gestrichen.

Art. 6 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 7 betrifft die Zweckbestimmung für Bauwerke.
Peter Faistnauer wollte mit einem Änderungsantrag die Vermietung oder Nutzungsleihe von Räumlichkeiten für öffentliche Dienste auf 6 Jahre begrenzen. Riccardo Dello Sbarba unterstützte den Antrag. Mit der Begrenzung auf 6 Jahre könnte die Nutzung in vielen Fällen unmöglich oder unattraktiv werden, wandte LR Maria Hochgruber Kuenzer ein. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit einer von Kuenzer vorgeschlagenen sprachlichen Korrektur mit 19 Ja, 2 Nein und 14 Enthaltungen genehmigt.

Art. 8 betrifft die Mischgebiete.

Riccardo Dello Sbarba beantragte die Streichung des Artikels. Man sollte zuerst das Wohnbaugesetz abwarten. Es gehe hier um die 1.000 Quadratmeter, erklärte LR Maria Hochgruber Kuenzer, und die seien jedenfalls den Einheimischen vorbehalten. Der Streichungsantrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 9 Nein und 7 Enthaltungen genehmigt.

Art. 9 betrifft die Gewerbegebiete.
LR Maria Hochgruber Kuenzer legte hier eine Präzisierung vor. Es gehe um die zeitweilige Unterbringung für Mitarbeiter. Die Kriterien würden von der Landesregierung vorgelegt. Die Handwerker seien für diese Bestimmung, die Industriellen dagegen, meinte Riccardo Dello Sbarba. Gewisse Einschränkungen sollten bereits ins Gesetz geschrieben werden, um Missbrauch zu vermeiden. Diese Norm sei mit den betroffenen Branchen abzusprechen. Er habe bereits entsprechende Projekte gesehen, berichtete Sandro Repetto, da würden Handwerker zu Hoteliers. So viel Entscheidungsspielraum dürfe die Landesregierung nicht haben, die Unternehmer seien besorgt. Mit dieser Bestimmung könnte man bis zu 1.600 Kubikmeter Wohnraum schaffen, bis zu 50 Zimmer, meinte Peter Faistnauer. Es könnte positiv angewendet werden, aber es seien auch Missbrauch und Missstände möglich. Josef Unterholzner begrüßte die Bestimmung, auch die Industrie suche Wohnraum für die Mitarbeiter. In vielen Gewerbegebieten würden bereits Menschen wohnen. Er wäre sogar für eine Ausweitung der Bestimmung. Gerhard Lanz wies auf die bestehende Möglichkeit von Arbeiterwohnheimen in Gewerbegebieten hin. In Bozen entstünden solche Strukturen, was wieder einen Druck auf die Peripherie auslöse. Mit der Durchführungsverordnung zur vorliegenden Bestimmung würde ein genaues Regelwerk festgelegt. Es gehe um zeitweilige Unterkünfte für Mitarbeiter des Betriebes, es bestehe keine Gefahr, dass daraus Wohngebiete für Familien würden. Andreas Leiter Reber gefiel der Grundgedanke der Bestimmung, aber es gehe auch um große Betriebe, und dort würden Wohnflächen ermöglicht, die alle Vorstellungen überstiegen. Die Landesrätin sollte den Entwurf einer Durchführungsverordnung vorlegen, damit man wisse, worüber man abstimme, ob z.B. auch Mitarbeiter anderer Betriebe beherbergt werden können. Riccardo Dello Sbarba wies darauf hin, dass die Arbeiterwohnheime für Einheimische reserviert seien. Wenn Gewerbezonen für neue Zwecke genutzt würden, bedürfe es der ausführlichen Begründung und klarere Bestimmungen. Viele Arbeiter würden bereits in der Industriezone wohnen, bemerkte Diego Nicolini, oft nicht unter angemessenen Bedingungen. Diese Entwicklung gefalle ihm nicht. In der Industriezone sei es auch nachts laut, Betriebe wie die Stahlwerke seien rund um die Uhr aktiv. Sandro Repetto fragte, ob man in diesen Unterkünften den Wohnsitz haben könne. LR Maria Hochgruber Kuenzer kündigte an, dass man sich an den Bestimmungen für Saisonarbeiter orientieren werde. Für die kleinen Betriebe könne diese Möglichkeit eine Lösung sein. Die 20 Prozent seien die Höchstgrenze, die Gemeinde entscheide den genauen Prozentsatz. In die Durchführungsverordnung würden all diese Sorgen und Überlegungen mit einfließen. Ein Wohngebiet könne daraus nicht entstehen.

Der Änderungsantrag von Hochgruber Kuenzer wurde mit 20 Ja, 8 Nein und 7 Enthaltungen angenommen.
Der Artikel wurde mit 20 Ja, 13 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.

Art. 9-bis wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 10 betrifft die gastgewerbliche Tätigkeit.
LR Maria Hochgruber Kuenzer beantragte die Streichung des Artikels. Neue gastgewerbliche Tätigkeit solle ausschließlich in eigens dafür ausgewiesenen Gebieten stattfinden dürfen. Für dem Almaufschank müsse man eine eigene Lösung finden, ohne dass es eine eigene Flächenwidmung brauche. Riccardo Dello Sbarba hätte eine Almgastwirtschaft vorgeschlagen, stimmte aber auch einer Streichung zu. Auch Andreas Leiter Reber war für die Streichung.
Der Artikel wurde mit 31 Ja und 3 Enthaltungen gestrichen.

Art. 11 betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit.

LR Maria Hochgruber Kuenzer legte dazu eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Dabei ging es um das Baurecht von 1500 Kubikmetern und um Bienenstände. Bei weiteren Anträgen von Josef Noggler ging es um die Eigentumsbereinigung bei Höfen, die von mehreren Familien geteilt wurden, und um die Unterbringung von Saisonarbeitern. Riccardo Dello Sbarba verlangte bei Hofverlegung außerhalb des Siedlungsgebiets das obligatorische Gutachten der Landesabteilung für Natur, Landschaft und Raumordnung. Außerdem sollte Abs. 3 zur Hofstellenverlegung innerhalb des Landwirtschaftsgebiet gestrichen werden, das sei bereits ausreichend geregelt. Gerhard Lanz verteidigte die Bestimmung zu den Bienenständen. Diese sollen nur über eine spezifische Bestimmung im Landschaftsplan ermöglicht werden. Andreas Leiter Reber befürchtete Missbrauch bei der Bestimmung zur Eigentumsbereinigung. Peter Faistnauer forderte eine einheitliche Regelung für die Landschaftspläne. Die Landesregierung lege das Höchstausmaß der Bauten fest, antwortete LR Maria Hochgruber Kuenzer. Der Landschaftsplan gebe den Weg vor, wie solche Bienenstände gebaut werden dürften. Die Stellungnahme der Landesabteilung zu Hofverlegung oder -aufteilung sei eine bürokratische Verdoppelung. Denkmalschützerische Vorgaben müssten auf jeden Fall eingehalten werden.
Die Anträge von Hochgruber Kuenzer und Noggler wurden angenommen. Die anderen wurden abgelehnt bzw. zurückgezogen.
Der Artikel wurde mit 19 Ja, 11 Nein und 4 Enthaltungen genehmigt.

Art. 12 wurde ohne Debatte genehmigt.

Art. 13 betrifft Wohnungen für Ansässige.

LR Maria Hochgruber Kuenzer beantragt die Streichung des Artikels. Dieses Thema wolle man mit dem Wohnbaugesetz regeln.
Der Artikel wurde mit 26 Ja und 9 Enthaltungen gestrichen.

Art. 14 betrifft die Parkplätze für bestehende Gebäude.
LR Maria Hochgruber Kuenzer legte einen Änderungsantrag vor, um Abstellplätze für Fahrräder zu schaffen. Außerdem sollten, im Rahmen der Gemeindeplanung, unterirdische Parkplätze geschaffen werden können. Sandro Repetto schlug mit einem Antrag die Möglichkeit vor, dass die Gemeinde private unterirdische Parkplätze unter öffentlichen Flächen genehmigt.
Der Antrag Hochgruber Kuenzers wurde angenommen, jener Repettos abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 20 Ja und 14 Enthaltungen genehmigt.

Die Arbeiten werden nach einer kurzen Pause wieder aufgenommen.

Grüne erfreut: Die 1/3 Frauen-Vertretung in den Gemeindekommissionen für Raum und Landschaft ist wieder gesichert

“Der Landtag diskutiert heute eine neue Reform zum Raumordnungsgesetz. Ganz zu Beginn der Artikeldebatte eine gute Nachricht: Die 1/3 Frauen-Vertretung in den Gemeindekommissionen für Raum und Landschaft ist wieder gesichert. Der Grüne Antrag wurde angenommen und der Ausreißer im Gesetzgebungsausschuss ist wieder rückgängig gemacht. Es wäre sonst ein Rückschritt von 10 Jahren gewesen. Am Ende dieser verrückten Landtagswoche ein Zeichen der Zuversicht”, so die Stellungnahme der Grünen Landtagsfraktion.

Team K: Gesetz für Raum und Landschaft: wenig Licht und viel Schatten

Heute  wurden die Änderungen zum Gesetz für Raum und Landschaft im Landtag angenommen. “Es gibt einige positive Anpassungen, aber die ständigen Änderungen zum Gesetz beweisen nur, was wir schon seit Monaten sagen: das Gesetz ist nicht ausgereift, und auch nach diesem vierten Anlauf in der Praxis nach wie vor konkret nicht umsetzbar”, so Peter Faistnauer. “Am Raumordnungsgesetz und seiner Geschichte erkennt man, wie sich die SVP selbst verwandelt hat. Die von Alfons Benedikter noch eingeforderte Generationenverantwortlichkeit ist der Lobbyhörigkeit gewichen”, so Paul Köllensperger.

“Seit Südtirols neues Raumordnungsgesetz am 8. Juni 2018 in den Landtag kam, waren über 450 Änderungsanträge notwendig, um Anpassungen vorzunehmen und weitere Zugeständnisse an die großen Verbände zu machen. Am neuesten Gesetzentwurf mit weiteren 30 Artikeln und wieder wieder über 50 Änderungsanträgen ist deutlich ablesbar, wer in der Raumordnung das Sagen hat: während ein Teil der Änderungen von staatlichen Rekursen diktiert wird, ist hierzulande den Druck der Lobbys erkennbar”, fährt die Landtagsfraktion des Team K fort.

“Die Grundsätze des früheren Landesrates Alfons Benedikter, der in Sachen Landschaftsschutz und Raumordnung nach dem Prinzip der moralischen Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen, und des Erhaltes der Landschaft gehandelt hat,  sind leider der Anlassgesetzgebung und der Lobbyhörigkeit der derzeitigen Entscheidungsträger gewichen”, so Paul Köllensperger.

“In der Praxis ist das Gesetz immer noch nicht anwendbar. Der bauwilligen Bürger, die Techniker und Technikerinnen. Aber auch die politisch Verantwortlichen in den Gemeinden verzweifeln, die Wirtschaft ist blockiert.” bringt Peter Faistnauer das Dilemma rund um dieses Gesetz auf den Punkt.

“Paul Köllensperger hatte bereits 2018 die Vermischung von Landschaftsschutz und Raumordnung beanstandet, mit der Befürchtung, dass ersterer – der verfassungsmäßig höher gestellt ist – damit hierzulande unter die Räder kommt. Leider hat er Recht behalten, und dies führt jetzt zur absurden Situation dass Rom nun den Respekt des Landschaftsschutzes einfordert, weil  es die Südtiroler Landesregierung nicht tut. Ein Armutszeugnis”, so das Team K.

“Peter Faistnauer wiederholt den bereits öfters vorgebrachten Vorschlag: Alle Beteiligten sollten etwas Einsehen mitbringen und das neue Raumordnungsgesetz zeitweilig aussetzen, um das Landesgesetz Nr. 9 von 2018 noch einmal neu und so zu schreiben, dass dieses auch in der Praxis anwendbar ist. Damit wäre allen geholfen. Zeitgleich könnten auch die Sachverständigenverzeichnisse eingerichtet und entsprechend viele Expertinnen dafür motiviert werden, damit die Gemeinden die vorgesehenen Mitglieder der Gemeindekommission einsetzen können. Das Gesamturteil zum neuen Gesetz für Raum und Landschaft bleibt, trotz mancher Rückzieher, weiterhin sehr negativ”, abschließend die Landtagsfraktion des Team K.

Bezirk: Bozen