Von: mk
Bozen – Der Landtag hat heute, wie von der Geschäftsordnung vorgesehen, den Tätigkeitsbericht 2014-18 der Mitglieder der Sechser-Kommission angehört, die von ihm ernannt wurden: Karl Zeller und Roberto Bizzo.
Karl Zeller hat eingangs die Bestimmungen zur Einsetzung der beiden Autonomiekommissionen (Sechser und Zwölfer) erläutert und auch von den Umständen und Verzögerungen berichtet, die der Einsetzung vorausgingen. Er erklärte auch die Schritte, die dazu führen, dass eine Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut im Schnitt zwei Jahre braucht, bis sie in Kraft tritt: Initiative einer Regierung (Rom, Bozen, Trient), Beratung und Abstimmung in der Kommission, Verhandlungen mit den Ministerien um die nötigen Gutachten, vorbereitende Sitzung des Ministerrates, Entscheidung des Ministerrates.
Dennoch sei es gelungen, in dieser Zeit 20 Durchführungsbestimmungen zu verabschieden: zur Sprachgruppenerklärung, zu den Schutzhütten, zum Sprachgebrauch in öffentlichen Ämtern und bei Gericht, zum Nationalpark Stilfser Joch, zum Rechnungshof, zu den Passstraßen, zum Verwaltungsgericht, zum Einzelhandel im Gewerbegebiet, zur Jagd, zum Gerichtspersonal, zur Zweisprachigkeitsprüfung, zu den öffentlichen Verträgen, zum Gefängnis Bozen, zur Raumordnung, zur Zweisprachigkeit von Notaren, zur Lehrerausbildung und zu den Minderheiten im Trentino – eine der produktivsten Phasen der Kommission. Mit diesen Bestimmungen sei es auch gelungen, autonome Zuständigkeiten, die im Laufe der Jahre durch Urteile des Verfassungsgerichts oder andere rechtliche Rahmenbedingungen ausgehöhlt wurden, wiederherzustellen. Seit Paketabschluss 1992 seien insgesamt 75 DFB erlassen worden.
Keinen Abschluss gab es hingegen bei den Bestimmungen zu den Ortsnamen, zum Wolf- und Bärmanagement und zu den Steueragenturen. Ein Ausbau der Autonomie sei auch mit Staatsgesetzen gelungen. So verfügen zwei Gesetze von 2013 und 2014, dass zusätzliche Verwaltungskompetenzen mittels Durchführungsbestimmung an die autonomen Provinzen übertragen werden können. Mit Verfassungsgesetz von 2017 wurde die Vertretung der ladinischen Sprachgruppe in den beiden Autonomiekommissionen ermöglicht und mit einer Änderung am Statut wurde 2018 die primäre Kompetenz für die primären Wasserableitungen übertragen.
Derzeit habe man noch keine funktionierende Sechser- und Zwölferkommission, weil die Regierung ihre Vertreter noch nicht ernannt habe. Eine weitere Schwierigkeit bestehe darin, dass man bei dem, was noch übrigbleibe, immer näher an die zentralen staatlichen Kompetenzen herankomme, die der Staat natürlich verteidige – der Spielraum werde immer kleiner. Die Autonomiekommissionen blieben der Motor der Autonomie, denn Durchführungsbestimmungen blieben, Gesetze könnten sich ändern.
Roberto Bizzo nahm zum Bericht seines Kommissionskollegen einige Ergänzungen vor. Als wichtigste Durchführungsbestimmung sah er jene zu den Wasserableitungskonzessionen in den Jahren 2006/07. In den letzten Jahren hätten sich die Arbeiten der Kommission auch mit den Arbeiten an der Verfassungsreform überschnitten. Den Autonomiekommissionen sei oft vorgeworfen worden, im stillen Kämmerlein zu verhandeln. Diese Kritik sei unzutreffend. Die Kommissionen hätten nicht die Aufgabe, das Statut zu ändern, sondern es umzusetzen. Daher sei es nicht korrekt, wenn man die Debatte zu etwas wiedereröffnen wollte, was bereits beschlossen sei. Die Arbeit in den letzten Jahren sei, auch wenn es manchmal Meinungsverschiedenheiten gegeben habe, auf jeden Fall außergewöhnlich gewesen und habe dem Land außerordentliche Ergebnisse gebracht.
Anschließend ergriffen die Abgeordneten das Wort. Die Grünen wiesen darauf hin, dass die DFB zu den Wasserableitungen noch auf das entsprechende Landesgesetz warteten, und zweifelten am Willen dazu. Bei den Ortsnamen sei man nicht weitergekommen, weil einige eine genaue Liste wollten. Es sei jedenfalls gut, dass man nicht nach Mehrheit abgestimmt habe. Ein Problem sei das Verhältnis zwischen Landtag und Kommission, denn die Informationen würden nur der Landesregierung übermittelt. Wenigstens die Tagesordnung sollte man dem Landtag aushändigen. Die Grünen bezeichneten aber auch die Leistungsbilanz als beachtlich. Der Spielraum sei nun enger, wie man gehört habe, es werde immer schwieriger, Neues zu erreichen – für eine Unterstützung stehe der Landtag zur Verfügung.
L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia sah in einigen “Erfolgen” Rückschritte, denn man sei über das Statut hinausgegangen. Anders als die 137-er Kommission, die Vorschläge und Gutachten abgeben könne, habe die Sechserkommission Geheimverhandlungen mit “befreundeten” Regierungen aufgenommen. Man frage sich, wer jetzt der Ansprechpartner in der Regierung sei. Das Team Köllensperger wies auf das Problem der Sicherheitsbestimmungen für die Lehrlingsausbildungen hin und fragte, ob hier eine autonome Lösung erreichbar sei und auch, ob eine Steuerhoheit realistisch sei.
Das ladinische Mitglied der Kommission (nun Mitglied der Landesregierung) wandte sich gegen die Kritik an der Kommission. Der Erfolg gebe der Kommission recht. Man müsse ständig verhandeln und jede Möglichkeit nutzen, ohne auf öffentliche Debatten oder Ergebnisse des Konvents zu warten. Es sei zu hoffen, dass auch in Zukunft die Ladiner in der Kommission vertreten sei.
Die SVP dankte den ehemaligen Kommissionsmitgliedern für die geleistete Arbeit. Das Paket aufzuschnüren sei immer ein Risiko; die Frage sei, wie man dieses Risiko vermeiden könne. Denn das Statut sei unter anderen Umständen geschrieben worden, müsse aber an die heutigen angepasst werden. Auch die Landesregierung dankte für die getane Arbeit für das Land und alle drei Sprachgruppen. Die Autonomie müsse weiterwachsen und sich anpassen, und man müsse auch auf Gerichtsurteile eingehen, auf Regierungswechsel in Rom usw.
Ein Vertreter der Sechserkommission ging anschließend auf die Bemerkungen der Abgeordneten ein. Der Landtag hätte seine Vertreter in der Sechserkommission öfter einladen können, wie es auch die Geschäftsordnung vorsehe. Der Landtag könne periodisch informiert werden, auch in der Anfangsphase eingebunden werden, aber bei der konkreten Arbeit in Rom müsse man oft schnell sein und könne nicht auf Gutachten warten. Die Autonomiekommissionen seien übrigens beratende Organe der Regierung, nicht des Landtags. Bei der Energie sei nicht eine Durchführungsbestimmung geändert worden, sondern das Statut: Der Landtag könne nun dazu gesetzgeberisch tätig sein. Die 137-er Kommission sei nur für Änderungen am Statut zuständig, ansonsten wäre sie eine Verdoppelung der anderen Kommissionen. Der Landtag könnte Druck machen, dass sie endlich eingesetzt wird. Bereits das Gruber-Degasperi-Abkommen enthalte eine “dynamische Klausel”: Alles, was mit den Durchführungsbestimmungen getan worden sei, gehe auf diese Bestimmung zurück, das Paket sei nur eine Etappe davon. Natürlich brauche es dazu befreundete Regierungen, und die seien bisher jene von Mitte-Links gewesen. Vielleicht lasse sich mit der föderalistisch eingestellten Lega etwas weiterbringen. Von der Koalition erwarte man sich wenig, denn die beiden Partner würden sich gegenseitig blockieren. Die Arbeitssicherheit werde der Staat nicht aus der Hand geben, auch weil die Arbeitsunfälle nicht weniger würden. Jedenfalls müsste man dazu das Statut ändern, eine DFB genüge nicht. Man habe nicht die Steuerhoheit gefordert, sondern die Verwaltungskompetenz für die Steuerämter. Eine unterschiedliche Mehrwertsteuer zwischen Bozen und Trient wäre nicht sinnvoll, und bei der Einkommenssteuer und bei der IRAP habe man bereits Spielraum. Südtirol habe glücklicherweise eine international verankerte Autonomie. Beim letzten Versuch einer einseitigen Änderung 2004 habe sofort Wien interveniert. Mit einer Einvernehmensklausel wäre man noch sicherer. Aber es sei unwahrscheinlich wegen Südtirol einen Konflikt mit Österreich riskiere. Umgekehrt sei es schwierig, die Präsenz von genügend Abgeordneten und Senatoren sicherzustellen, um eine Änderung zu erreichen. In diesem Sinne seien Allianzen mit anderen Regionen wertvoll.