Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 780/17: Nicht nur Kita-Bonus sondern auch Familien-Bonus (eingebracht vom Abg. Pöder am 25.5.2017) befasst. 1. Die Landesregierung wird verpflichtet, alle nötigen Schritte zu setzen, um einen Familienbonus für Familien, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen auszuzahlen, in mindestens derselben Höhe wie der so genannte “Bonus Nido” des Staates. 2. Der Bonus gilt für Eltern mit einer Mindestansässigkeit von fünf Jahren in Südtirol.
“Der so genannte “Bonus Nido 2017” des Staates, also ein Kita-Bonus für die Auslagerung der Kinderbetreuung in Kinderhorte oder Kitas, in der Höhe von 1.000 Euro benachteiligt jene Eltern, welche durch die Betreuung der Kinder in den ersten Lebensjahren in der Familie nicht nur den Kindern eine bessere Betreuung gewährleisten sondern auch gleichzeitig die Gesellschaft entlasten”, erklärte Andreas Pöder (BürgerUnion). “Es ist eine Sonderleistung, die eindeutig jene Familien diskriminiert, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Denn alle anderen familienpolitischen Leistungen sowohl des Landes, als auch der Region und des Staates werden für alle Kinder ausbezahlt, mit Ausnahme der Sonderförderungen für Kitas und Kinderhorte. Ohnehin gibt die Öffentliche Hand wesentlich mehr Geld für ein Kind, das in einem Kinderhort oder einer Kita betreut wird, als für ein Kind, das im Kreis der Familie erzogen und betreut wird.”
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag. Die Eltern müssten Entscheidungsfreiheit haben, ob sie beim Kind bleiben oder ins Arbeitsleben zurückkehren wollen. Wie die Familien den Bonus verwendeten, sei deren Sache, z.B. für die eigene Rentenabsicherung während der Erziehungszeiten.
Die Wahlfreiheit müsse an erster Stelle stehen, erklärte auch Elena Artioli (Team Autonomie). Derzeit werde die Fremdbetreuung in Einrichtungen bevorzugt, wie beim Impfen werde den Eltern etwas aufgezwungen.
Brigitte Foppa (Grüne) ärgerte sich über diese Wortwahl, die an der Realität vorbei gehe. Die Eltern würden händeringend nach Betreuungsstrukturen suchen. Die öffentlich finanzierte Kinderbetreuung sei eine Errungenschaft, die Privatisierung der Dienste – nicht die Kinderbetreuung daheim – wäre ein Rückschritt. Foppa kritisierte ebenfalls die Hürde der Ansässigkeit von fünf Jahren.
Sigmar Stocker (Freiheitliche) sah es als Frechheit, die Eigenbetreuung in der Familie als Privatisierung darzustellen. Foppa protestierte gegen diese Verdrehung ihrer Aussagen. Stocker bekräftigte, dass er in den Äußerungen Foppas eine Diskriminierung der Frauen und Mütter sehe.
Ulli Mair (F) kritisierte, dass die Eigenbetreuung vielfach schlechtgeredet werde. Es könne sein, dass mancherorts zu wenige Betreuungseinrichtungen zur Verfügung stünden, grundsätzlich aber gehe es um die freie Wahl. Frauen, die ihr Kind selbst betreuen, sollten genauso unterstützt werden. Beides müsse gleichwertig sein.
Sven Knoll (STF) war ebenfalls der Meinung, dass die beiden Wege nicht gegeneinander auszuspielen seien. Es gehe hier nicht um rückwärts- oder zukunftsorientierte Gesellschaftsbilder, es gehe um eine freie Entscheidung. Beides sei gleichberechtigt und beides sollte dieselben Voraussetzungen haben.
Der Kita-Bonus sei eine Unterstützung des Staates, bemerkte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) und verwies darauf, dass in keiner Region Italiens eine so umfangreiche Unterstützung der Familien gebe wie bei uns. Jede Familie könne sich dadurch Betreuung leisten, und es gebe auch Unterstützung für die Rentenabsicherung. Jede Familie müsse selbst entscheiden, welchen Weg sie gehe. Mit diesem Antrag werde man den Südtiroler Familien nicht wesentlich helfen, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass der Staat den Kita-Bonus zurückfahren werde.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) schloss sich den Äußerungen Hochgruber Kuenzers an. Niemand wolle die Eigenbetreuung schlechtreden, es gehe um die Voraussetzungen für die Wahlfreiheit. Es gebe bereits Unterstützung für die Erziehung daheim, auch für die entsprechende Rentenabsicherung. Hier sollte man die Ideologien draußen lassen.
Die finanziellen Voraussetzungen für eine freie Entscheidung seien gegeben, meinte Oswald Schiefer (SVP). Was anzustreben wäre, sei eine Gleichstellung zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft. Die Angestellten der Privatwirtschaft müssten wesentlich mehr unterstützt werden, um mit den öffentlich Bediensteten Schritt zu halten. Er plädierte dafür, sich die Unterstützung in anderen Ländern wie etwa Deutschland anzuschauen, bevor man sich an den dürftigen Modellen Italiens orientiere.
LR Waltraud Deeg bemängelte, dass der staatliche Beitrag, wie viele andere Förderungen, zeitbegrenzt sei. Das Ziel seien langfristige und nachhaltige Unterstützungsmaßnahmen für die Familien, damit sie Planungssicherheit hätten. Das Land könne viel tun, aber es könne nicht die Elternzeiten regeln, das sei Staatskompetenz, ebenso die Rentenabsicherung. Man sollte den Leuten nicht dauernd solche Flöhe ins Ohr setzen, sagte Deeg zu Pöder. Das Land sehe ein Maßnahmenpaket für selbständige Frauen und Frauen in der Privatwirtschaft vor, aber es werde noch zu wenig genutzt. Das Kindergeld sei auf 200 Euro verdoppelt worden, 7.200 Euro in drei Jahren, und es werde von 90 Prozent der Familien in Anspruch genommen. Die Unterstützung für die Eigenbetreuung könne durchaus noch verbessert werden, aber dazu bitte sie um realistische Vorschläge. Die Kinderbetreuung in Südtirol habe sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert, wie jüngst auch der WiKu anerkannt habe. Die Familienpolitik des Landes sei ausgewogen, auch die Geburtenrate zeuge davon. Derzeit arbeite man an einem Familienförderungsplan, gute Vorschläge seien willkommen.
Andreas Pöder erinnerte daran, dass die SVP vor den Wahlen genau das versprochen habe, was Deeg heute als unrealistisch bezeichne. Über die Region habe man z.B. die Möglichkeit, für die Renten etwas zu tun. In seinem Antrag gehe es um Ausgleich. Wenn es den Kita-Bonus mit 1.000 Euro gebe, so sollte man für die Betreuung daheim etwas Entsprechendes bieten. Dass bei solchen Themen auch ideologisch diskutiert werde, sei zu erwarten. Der Antrag wurde mit elf Ja, 22 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 832/17: Mindestrenten anheben, Altersarmut bekämpfen! (eingebracht von den Abg. Mair, Stocker S., Blaas, Oberhofer, Tinkhauser und Zingerle am 19.10.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, im Rahmen ihrer Zuständigkeit Schritt für Schritt folgende Maßnahmen umzusetzen: 1. mit dem NISF in Verhandlung zu treten, damit umgehend eine Anhebung der Mindestrenten auf das soziale Mindesteinkommen (Lebensminimum) erfolgen kann; 2. das vom Land gesetzlich geregelte soziale Mindesteinkommen (LG Nr. 13/91 – Dekret des Landeshauptmanns vom 11.8.2000, Nr. 30) auf 800 Euro monatlich zu erhöhen; 3. weitere Maßnahmen zur vermehrten Bekämpfung der Altersarmut zu erarbeiten und umzusetzen.
“Anlässlich der Landtagswahlen 2013 haben verschiedene Parteien eine spürbare Anhebung der Mindestrenten gefordert”, bemerkte Ulli Mair (Freiheitliche). “Von 700 bzw. 800 Euro monatlich war die Rede sowie von einer Anhebung auf das Lebensminimum. Ein Vorschlag lautete, die Mindestrente für rund 5.000 über 70- jährige Personen anzuheben, die kein anderes Einkommen und kein Vermögen aufweisen. Die Altersarmut betrifft aber eine weitaus größere Personengruppe. Immer mehr Südtiroler Rentner geraten, auch aufgrund der seit Jahren sinkenden Kaufkraft der Renten in die Altersarmut. Darauf machen Rentenexperten, Seniorenvertreter und Schuldnerberater immer wieder mit Nachdruck aufmerksam.” Wesentlich wäre es, für diesen Bereich die primäre Kompetenz anzustreben, meinte Mair, aber auch abgesehen davon, müssten die bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft und die gegebenen Angebote besser bekannt gemacht werden. Dieses Wahlversprechen sollte man noch in dieser Legislatur angehen. Der Landeshauptmann habe viel für die Wirtschaft getan, nun seien die Senioren dran.
500 Euro seien sehr wenig, meinte Hans Heiss (Grüne), aber viele Rentner müssten damit auskommen. Das Wahlversprechen der Rentenanhebung sei enttäuscht worden, auch weil es Verbote vom Staat gegeben habe. Man werde das Anliegen auch in der Haushaltsdebatte ansprechen. Die Inps werde wahrscheinlich wenig in diese Richtung unternehmen, aber die anderen Forderungen des Antrags werde man mittragen.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte an die Bemühungen Sen. Zellers, dass die Parlamentarier bereits mit 63 Jahren in Rente gehen können statt wie mit 67 wie alle anderen. Das Inps nehme in Südtirol mehr an Rentenbeiträgen ein als es hier für Renten ausgebe, Südtirol finanziere damit das marode Rentensystem Italiens mit. Wenn Südtirol schon die primäre Befugnis für die Wasserkraft bekommen, dann sollte es ebensolches für die Renten anstreben.
Die geburtenstarken Jahrgänge gingen nun in Pension und viele würden merken, dass für sie zu wenig eingezahlt wurde, erklärte Walter Blaas (F). Ein Problem seien auch die gesamtstaatlichen Kollektivverträge, die auch die Höhe der Renten bedingten, und in Südtirol sei der Euro eben weniger wert als in Süditalien. Man sollte in den Verhandlungen, auch mit den Gewerkschaften, beharrlicher sein. Blaas sah schließlich auch ein Ungleichgewicht zwischen jenen, die selbst für eine bestimmte Rentenhöhe eingezahlt hätten, und jenen, denen sie aufgestockt wird.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) bezeichnete die derzeitige Höhe der Mindestrenten als inakzeptabel. Sie erinnerte an die Hausangestellten, für die bei 1.500 Euro Bruttogehalt nur 120 Euro für die Rente eingezahlt werde. In anderen Sektoren werde bei gleichem Lohn mehr eingezahlt.
Der Vorschlag entspreche ungefähr dem, was die 5 Sterne Bewegung in Rom fordere, erklärte Paul Köllensperger. Das Problem sei, dass bei einer Aufstockung der Mindestrente durch das Land der Staat seine Rente senke. Um das zu umgehen, könnte man an Gutscheine denken.
Helmuth Renzler (SVP) bemerkte, dass die Rentenbeiträge der Hausangestellten allein von ihrem Gehalt abhingen. Zimmerhofers Rentensaldorechnung sei nicht korrekt, bei diesen Zahlen seien viele Renten nicht erfasst, ebenso wenig Mutterschaftsgelder oder Strukturkosten des Inps. Über Renten müsse man mit dem Staat verhandeln, das Inps sei nur ein Verwaltungsorgan. Vor einer Anhebung auf 800 Euro sei zu überlegen, welche Zusatzleistungen damit verbunden seien, etwa die Integration auf das Lebensminimum vom Land. In Südtirol gebe es 28.000 Mindestrentner, davon die Hälfte ehemalige Bauern, Handwerker und andere Selbständige. Alle Rentenbeiträge (außer jene der Bauern) würden nach dem Einkommen berechnet, daher sollte man sich fragen, warum bei den Selbständigen so niedrigere Renten herauskommen.
Andreas Pöder (BürgerUnion) wies darauf hin, dass nur wenige beim Land um die Aufstockung angesucht hätten. Er habe den Eindruck, dass die Patronate da sehr zurückhaltend mit den Informationen seien.
LR Martha Stocker erinnerte daran, dass man die Informationen gleich nach Einführung an die Sozialsprengel und Patronate weitergegeben habe. Viele hätten sich auch nicht darum bemüht, weil darum anzusuchen sei. Der Beitrag zu den Wohnnebenkosten sei eingeführt worden, damit er nicht vom Inps in Abzug gebracht werden könne. Mit dieser Umwegmaßnahme habe man die Erhöhung auf 750-800 Euro erreicht. Darüber hinaus gebe es von der Region Unterstützung für die Renteneinzahlung. Das soziale Mindesteinkommen, das die Freiheitlichen erhöhen möchten, sei eine Grundleistung, die dann allen zustehen würde. Die Freiheitlichen würden dann sofort nachfragen, wie viele Ausländer es beanspruchen. Die Landesregierung arbeite an weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut, darunter würden auch Dienstleistungen fallen.
Ulli Mair zeigte sich überrascht, dass LR Stocker die Ausländer ins Feld führe. Die Bürger seien der Meinung, dass diese eh schon genug unterstützt würden. Für die Ausländer gehe es anscheinend nicht, Beiträge in Dienstleistungen umzuwandeln, bei den Rentnern scheine es möglich. Renzler sollte mit konkreten Vorschlägen aufwarten statt im Antrag das Haar in der Suppe zu suchen. Es sei wahr, dass viele Einzelschritte zur Lösung des Problems bereits unternommen worden seien, aber das sei ein Dschungel. Der Antrag wurde mit 16 Ja und 17 Nein abgelehnt.