Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute weiter mit Tagesordnungen zum Nachtragshaushalt befasst.
Hans Heiss (Grüne) forderte die Einführung eines Ethik-Unterrichts als Alternative zum Religionsunterricht, vor allem in größeren und stärker plurikonfessionell ausgerichteten Gemeinden. Derzeit gebe es nur wenige und wenig zufriedenstellende Alternativen für jene, die sich vom Religionsunterricht befreien ließen. Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte, er würde einem Ethikunterricht zustimmen, aber nicht einem alternativen Religionsunterricht, wie im Antrag gefordert. Das Konzept des Religionsunterrichts sei zu überdenken, es sei auch sinnvoll, dabei über andere Religionen zu informieren, was seines Wissens bereits gemacht werde. Gerade Schüler aus anderen Kulturkreisen könnten über unsere Religion informiert werden.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) bescheinigte den Europäern Toleranz in religiösen Fragen, es wäre aber nicht richtig, dafür ganz von der eigenen Religion abzugehen. Religion sollte nicht für politische Zwecke missbraucht werden. Dem Ethikunterricht fehle das Bekenntnis. Sigmar Stocker (Freiheitliche) kritisierte die Einstufung des katholischen Religionsunterrichts als privilegiert, es sei die Religion unserer Heimat. Er selbst kritisiere die Kirche, weil sie sich mehr um Einwanderer als Einheimische kümmere. Sie müsse sich fragen, warum immer weniger die Messe besuchten. LR Philipp Achammer erinnerte an die Aussprache mit den Religionslehrern, die gezeigt habe, wie sehr sich der Religionsunterricht geändert habe. Heute gehe es im Religionsunterricht auch um den Dialog zwischen den Religionen und auch um Ethik. Alternativen für Freigestellte gebe es bereits: Auffüllstunden, Hausaufgaben oder später kommen. Er könne dem ersten Teil des Antrags zustimmen, der eine Bewertung der bisherigen Erfahrungen fordere, dem zweiten nicht.
LR Christian Tommasini schloss sich dem an. Es sei ein komplexes Thema, das zuallererst auf Ebene der Schule und der Eltern zu besprechen sei. LR Florian Mussner erklärte, er respektiere alle Religionen. Aber hier könne man nicht mit Alternativen vorgehen, es brauche gegenseitigen Respekt. Alle Kinder sollten unsere Religion kennenlernen, aber auch wir sollten die Religion anderer Kennenlernen. Der erste Teil der Tagesordnung wurde mit 14 Ja, acht Nein und vier Enthaltungen angenommen, der Rest wurde abgelehnt.
Hans Heiss forderte eine Lösung zum Mahler-Häuschen in Toblach, das derzeit nicht mehr zugänglich sei. Das Land sollte dem Eigentümer eine Frist setzen und dann, wenn nötig, selbst durchgreifen, soweit es rechtlich möglich ist, auch durch eine Enteignung. Bernhard Zimmerhofer (STF) verwies auf haarsträubende Bauprojekte der Gemeinden in Toblach und Innichen, die sich weit von der Tiroler Baukultur wegbewegten. Er unterstützte den Antrag im Sinne der Erhaltung der Tiroler Baukultur. Es sei in jedem Fall zügig etwas zu tun, erklärte LR Philipp Achammer. Das Land sei hier sicher nicht säumig, es habe schon vor Jahren seine Unterstützung zugesagt. Die vom Eigentümer angedachte Privatstiftung sei keine Lösung, eher die Einbindung in die Euregio-Stiftung. Kommende Woche werde es ein Treffen zwischen Eigentümer und Ressortdirektor Gatterer geben. Er könne der Tagesordnung zustimmen, wenn die Frist herausgestrichen werde. Heiss stimmte dem zu. Die Tagesordnung wurde dann von der Landesregierung angenommen.
Josef Noggler forderte die Priorität für Trinkwasser und Wasser für die Landwirtschaft auch bei großen Wasserableitungen. Dafür seien auch Sanktionen vorzusehen. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Josef Noggler forderte schließlich eine Folgenerhebung zur EEVE, die Selbständige und Arbeitnehmer ungleich behandle. Selbständige würden mit fiktiven Annahmen konfrontiert, die Steuerhinterziehung einiger werde allen angelastet. Walter Blaas (F) bezeichnete dies als freiheitliches Anliegen. Die Behörde könne nicht festlegen, wie viel jemand zu verdienen habe. Der staatliche Gesetzgeber habe 15.000 Euro als Mindesteinkommen festgelegt, weil er annehme, dass ein Unternehmer mindestens so viel verdient wie sein Angestellter, erklärte Helmuth Renzler (SVP). Wenn ein Arbeitnehmer dieselben Abschreibungsmöglichkeiten hätte wie ein Unternehmer, könnte man Noggler folgen. Aber das sei nicht gegeben. Die Gelackmeierten seien bei der EEVE immer die Arbeitnehmer, meinte Andreas Pöder (BürgerUnion). Die Betriebsimmobilien würden dort nicht mitberechnet, das Vermögen der Arbeitnehmer schon. LR Martha Stocker verwies darauf, dass sich Unternehmerverbände und Gewerkschaften darauf geeinigt hätten, das Betriebsvermögen nicht mitzurechnen. Die einschlägigen Bestimmungen zur EEVE würden öfters angepasst, weil sich auch die Tarifpartner regelmäßig dazu treffen würden. Der Antrag wurde mit 24 Ja, einem Nein und drei Enthaltungen angenommen.
Magdalena Amhof (SVP) forderte eine Informationskampagne zum neuen Gesetz für Raum und Landschaft. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Tamara Oberhofer (SVP) forderte Maßnahmen für befristetes Lehrpersonal: einen Bedarfsplan, die Freistellung für Forschung, die Absolvierung des Probejahrs. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Ulli Mair (Freiheitliche) forderte Maßnahmen gegen den baldigen Personalnotstand beim Land: Generationenpakt, Angleichung der Einstiegsentlohnung in bestimmten Bereichen an die Privatwirtschaft, laufende Anpassung der Kollektivverträge. Die Tagesordnung wurde mit vier Ja, 14 Nein und vier Enthaltungen abgelehnt.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) forderte die Streichung des Bibliotheksprojekts für die Pascoli-Longon-Schule und die Verwendung für den Wohnbedarf von Senioren und Jugendlichen. Die Baufirma, die mit dem Projekt beauftragt wurde, sei in Konkurs, es wäre sinnvoll, das Gebäude für Co-Housing zu nutzen. Sven Knoll meinte, Urzì gehe es eigentlich um die Erhaltung der Pascoli-Schule, daher werde man nicht für den Antrag stimmen, wenngleich man das Co-Housing unterstütze. Das Bibliothekszentrum habe nicht nur funktionellen Wert, erklärte LR Christian Tommasini, es gehe auch um die Begegnung zwischen Sprachgruppen und die Anbindung an Norden und Süden. Die Baufirma sei im Konkursverfahren, müsste aber in eine neue Gesellschaft übergehen, welche den Auftrag ausführen könne. Zum Co-Housing seien derzeit andere Projekte am Laufen. Die Tagesordnung wurde mit zwei Ja, 19 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.
Alessandro Urzì forderte die Anpassung der WOBI-Kriterien zugunsten der Angehörigen von Zivilinvaliden. Letzteren würden bei 100-prozentiger Invalidität 5 Punkte zuerkannt, ersteren nur 2. Das sei hinderlich für die Zuweisung einer Wohnung. Walter Blaas unterstützte den Antrag, man sollte die Latte noch niedriger ansetzen. LR Christian Tommasini bestätigte, dass dieses Problem bestehe. Das WOBI wolle die Frage vertiefen, da man hier auch staatliche Normen beachten müsse. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Alessandro Urzì forderte schließlich die Befreiung vom Ticket bei Wartezeiten von mehr als 45 Tagen. Bereits 55 Prozent der Bevölkerung sei vom Ticket befreit, berichtete LR Martha Stocker, die Südtiroler Tickets gehörten übrigens zu den niedrigsten Italiens. Bei Überschreitung der Wartezeiten könne die Visite beim Privatarzt vergütet werden. Alles, was dringend sei, werde innerhalb der Frist behandelt.
Die Tagesordnung wurde mit 11 Ja und 14 Nein abgelehnt.
Anschließend wurde der Übergang zur Artikeldebatte beschlossen.
Nach Tagesordnungen zu Landesgesetzentwurf Nr. 166/18: „Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt des Landes Südtirol für das Finanzjahr 2018 und für den Dreijahreszeitraum 2018-2020“ und Landesgesetzentwurf Nr. 167/18: „Nachtragshaushalt des Landes Südtirol für das Finanzjahr 2018 und für den Dreijahreszeitraum 2018-2020“ (beide vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Kompatscher) wurde zur Artikeldebatte übergegangen.
Die ersten drei Artikel des Gesetzentwurfs Nr. 166 wurden ohne Debatte genehmigt. Danach wurden die Arbeiten für eine Beratung innerhalb der SVP-Fraktion unterbrochen. Die Sitzung wird morgen wieder aufgenommen.