Von: mk
Bozen – Am Nachmittag ist im Südtirol Landtag die Behandlung des Beschlussantrags Nr. 480/21 wieder aufgenommen worden: Südtirols Kleindenkmäler: Wiedereinführung der Landschaftspflegeförderung (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 30.08.2021). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1. die Landschaftspflegebeiträge mit Jahresbeginn 2022 wieder zu aktivieren und die dafür notwendigen Geldmittel für das Ressort „Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege“ vorzusehen. 2. dem Ressort „Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege“ zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, um neben der organisatorischen Abwicklung der Fördergesuche auch die fachliche und volkskundliche Sachbearbeitung der einzelnen Projekte garantieren zu können.
Alex Ploner (Team K) sah es als bezeichnend, dass der Heimatpflegeverband nicht mehr bei der Abfassung der Gesuche hilft. Man müsse sich fragen, was da falsch laufe. Die Kleindenkmäler bedeuteten Authentizität. Die Kosten dürften kein Problem sein. Von den Millionen für das IDM hätten man leicht etwas abzweigen können, die Touristen seien auch so in Masse gekommen.
Thomas Locher (SVP) betonte, dass es hier zum Großteil um bäuerliche Kultur gehe. Die Zäune und Trockenmauern seien aus praktischen Gründen errichtet worden, nicht als Ausstellungsobjekt für die Touristen. Es sei schade, dass man über diese 1,5 Mio. diskutieren müsse. Man müsse froh sein, wenn die Bauern diese Denkmäler erhalten würden. Die Gesuchstellung sei auch zu kompliziert. 1,5 Mio. bei 7 Mrd. Haushalt seien nichts.
Josef Unterholzner (Enzian) stimmte Locher zu. Die Landesregierung habe bei vielem die Verhältnismäßigkeit verloren, man schaue auf die “roten Ferraris” auf dem Magnago Platz, die neun Stelen der Dauerausstellung. Dafür habe man 400.000 Euro ausgegeben.
Fratelli d’Italia mahnte, dass man in Pandemiezeiten nicht auf alles andere verzichten dürfe. Es sei sinnvoll, das typisch Traditionelle zu erhalten, das er auch zu seiner Identität zähle, genauso wie Teile der urbanen Architektur, die man aber verfallen lasse oder abreiße wie das Pascoli-Longon-Gebäude.
LR Maria Hochgruber Kuenzer erinnerte daran, dass heuer immer wieder Vereine und Verbände auf das Thema hingewiesen hätten. Mit der Erhaltung der Kleindenkmäler fördere man nicht die Einzelpersonen, sondern das Gemeinwesen. 2020 habe man auch mit dem Heimatpflegeverband überlegt, wie man die Kleindenkmäler erhalten könne. Der Verband wollte die Betreuung der Gesuche nicht mehr übernehmen, aber diese hätten nur einen Teil der Förderungen betroffen, vieles habe das Ressort selbst erledigt. Die Formulare, die 30 Jahre alt waren, seien heuer überarbeitet worden. Für den Mehraufwand werde man im Ressort umschichten müssen. Es sei bereits entschieden, dass man die Beiträge 2022 wieder vergeben werde. Der Antrag sei daher überholt.
Andreas Leiter Reber freute sich über die breite Unterstützung. Man habe ihm aber gesagt, dass der Antrag nur angenommen werde, wenn er auch einen von der SVP unterschreiben lasse. Das sei keine Zusammenarbeit unter Erwachsenen, das sei Politik der 80-er Jahre. Die Opposition komme stattdessen der Regierung oft entgegen, wenn es darum gehe, Versäumnisse auszubügeln. Der Antrag wurde mit 17 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 482/21: Online- Unterschriftensammlungen für mehr Demokratie (eingebracht von den Abg. Ploner A., Köllensperger, Ploner F. und Rieder am 15.09.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, Online- Unterschriftensammlungen für direktdemokratische Initiativen auf Landesebene zu ermöglichen, indem die entsprechenden technischen und rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden.
“Das italienische Parlament verabschiedete im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2021 ein gesetzliche Bestimmung zur Legalisierung der Online-Unterschriftensammlung für direktdemokratische Instrumente (bspw. der Antrag auf Durchführung eines Referendums)”, bemerkte Alex Ploner (Team K). “Gleichzeitig ging der Auftrag an das Ministerratspräsidium, die technische Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben innerhalb eines Jahres zu schaffen. Konkret soll eine Online-Plattform geschafft werden, um Unterschriften zu sammeln. Auch in Südtirol sollte diese Möglichkeit in Betracht gezogen werden und direktdemokratische Instrumente niederschwelliger zugänglich gemacht werden.” In der Schweiz sei die Möglichkeit schon vor geraumer Zeit eingeführt worden. Die Initiative für Demokratie dränge auf eine solche Möglichkeit auch in Südtirol.
Manche demokratischen Vorgänge hätten eine lange Tradition und seien, wie die Sitzungen in Präsenz, auch sinnvoll, meinte Brigitte Foppa (Grüne), aber wie heute abgestimmt werde, sei oft vorsintflutlich. Demokratie müsse einfacher werden. Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag, den auch sie bereits einmal gestellt habe. Gerade heute, da zwischenmenschlicher Kontakt vermieden werden sollte, sei eine solche Möglichkeit wichtig.
Seine Bewegung verfolge das Ziel in Rom seit drei Jahren und habe es nun auch durchgebracht, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Die Wahlbeteiligung sei allgemein im Sinken, umso wichtiger sei eine neue Möglichkeit der Beteiligung. Auch wenn in Rom die Voraussetzungen geschaffen wurden, so sei der Vorschlag derzeit noch nicht umsetzbar, da die nötige Plattform noch nicht geschaffen worden sei, erklärte Magdalena Amhof (SVP). Es seien immer noch die gleichen sicherheitstechnischen Fragen offen, die sich bereits vor Jahren bei der Abfassung des Gesetzes zur direkten Demokratie gezeigt hätten. In diesem Punkt habe sich eigentlich noch nichts geändert.
Es gehe darum, einen leichteren Zugang zu den Instrumenten der direkten Demokratie zu schaffen, meinte Paul Köllensperger (Team K) und verwies auf die Menschen mit Behinderungen. Auch im Landtag werde seit Monaten online über eine App abgestimmt. Für die Demokratie sei die schwindende Wahlbeteiligung wie bei den jüngsten Gemeindewahlen in Italien erschreckend.
Die SVP habe nie etwas gegen die Online-Unterschriftensammlung gehabt, betonte Gerhard Lanz (SVP). Es fehlten aber noch die rechtlichen Voraussetzungen auf staatlicher Ebene. Sobald sie vorlägen, dann werde sich die Landesregierung auch rühren. Josef Unterholzner (Enzian) wunderte sich, dass man hier von Privacy rede, während der Sanitätsbetrieb täglich die Daten der positiv Getesteten an die Gemeinden übermittle. Er kündigte seine Zustimmung zum Antrag an.
Ulli Mair (Freiheitliche) kündigte ebenfalls Zustimmung an, sie vertraue der Technik aber noch nicht ganz, nach den Erfahrungen mit dem Südtiroler Grünen Pass. Sie sei für die Vereinfachung, aber in einer Demokratie lebe man auch vom persönlichen Austausch. Mair verwies auf den jüngsten Blackout bei den sozialen Netzwerken; auch das müsse man im Auge behalten.
Als Soziallandesrätin sei sie natürlich für Inklusion, erklärte LR Waltraud Deeg, aber Voraussetzung sei ein verlässlicher und sicherer Zugang. Die staatlichen Umsetzungsdekrete würden noch fehlen, diese sollten bis Jahresende erlassen werden. Wenn man es richtig machen wolle, müsse man zuerst die Rahmenbedingungen kennen.
Alex Ploner zeigte Unverständnis für diese Ablehnung. Der Antrag gebe keinen Zeitrahmen vor. Italien sei bei der Umsetzung offensichtlich schneller. Zumindest für Menschen mit Behinderung sollte die Möglichkeit geschaffen werden. Heutzutage könne man online ziemlich alles machen, nur nicht abstimmen. Südtirol werde wohl genügend EDV-Experten haben, um das hinzukriegen. Der Antrag wurde mit 15 Ja, 18 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 483/21: Ausufernde Gewalt und Kriminalität in Meran und Bozen. (eingebracht von den Abg. Knoll und Atz Tammerle am 15.09.2021). 1. Der Südtiroler Landtag fordert eine konsequente Verfolgung und Bestrafung bzw. Abschiebung von gewaltbereiten Tätern. 2. Der Südtiroler Landtag fordert die Landesregierung auf, mit den Ordnungskräften und Staatsvertretern in Kontakt zu treten, damit Gewalttäter nicht nach kurzer einfach Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt werden, sondern eingesperrt oder abgeschoben werden. 3. Der Südtiroler Landtag fordert die Ausarbeitung eines Sicherheitskonzeptes für die Städte Meran und Bozen, damit Bürger ─ und zuvörderst Frauen ─ sich auch in den Abendstunden wieder sicher fühlen können.
“Die Kriminalitätsstatistik der letzten Wochen und Monate zeigt auf, dass die Städte Meran und Bozen ein zunehmendes und immer brutaler werdendes Problem mit Gewalt- und Kriminalitätsdelikten haben, kaum eine Woche vergeht, in der nicht neue Gewaltexzesse publik werden”, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Bestimmte Bereiche der Stadt werden von den Einwohnern inzwischen sogar schon gemieden, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen.” Viele Straftaten würden aus Angst vor Rache nicht angezeigt. Vor allem Frauen seien von dem Phänomen betroffen. Ein Großteil der Täter seien Männer mit Migrationshintergrund.
Ulli Mair (Die Freiheitlichen) unterstützte die Punkte (1) und (3), während Punkt (2) besage, dass diese Entscheidungen nicht in der Verantwortung der Polizei lägen, die gerne gehandelt hätte, sondern der Justiz. Es ist richtig, dass die Kontrollen verstärkt werden müssen, um sicherzustellen, dass die abgeschobenen Personen das Land innerhalb von fünf Tagen tatsächlich verlassen. In diesem Zusammenhang hatte sie eine Anfrage eingereicht, um herauszufinden, wer die Kosten für diese Prozesse trägt, an denen Personen beteiligt sind, die manchmal vorbestraft sind. Man müsse mehr tun, z.B. die Sicherheitskräfte mit Bodycams ausrüsten. Es brauche ein Zentrum für Personen die abgeschoben werden sollten, aber so ein Abschiebezentrum, wie sie es in Süditalien gesehen habe, werde es in Südtirol hoffentlich nicht geben.
Brigitte Foppa (Grüne) betonte, dass sie sich immer dafür einsetze, dass sich Frauen ohne Angst bewegen könnten. Aber in diesem Antrag gehe es um Wahlpropaganda, eine populistische Darstellung der Fakten. Es sei bekannt, dass der gefährlichste Ort für eine Frau die eigene Wohnung sei. Man lenke nun das Thema zu einem bestimmten Ort ab.
Fratelli d’Italia sah eine Kompetenzüberschreitung im Antrag. Das Land sei für eine Abschiebung nicht zuständig, für den Kontakt mit den Ordnungskräften gebe es bereits die regelmäßigen Sicherheitskonferenzen – deswegen könne er nicht für den Antrag stimmen. Dennoch müsse man sagen, dass etwas zu tun sei, vor allem bei der Durchsetzung der Strafen. Viele Fraktionen im Landtag hätten auch ihre Vertreter in Rom.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) räumte ein, dass es Problemzonen in den Städten gebe. Was der Antrag fordere, betreffe die Sicherheitskonferenz und das Regierungskommissariat. Hier liege die Zuständigkeit für Sicherheitsfragen. Polizei und Carabinieri hätten in den Problemzonen bereits Patrouillen im Einsatz. Er werde an der Abstimmung nicht teilnehmen.
Damit war die Zeit der Opposition beendet. Die Behandlung des Antrags wird bei einer anderen Sitzung fortgesetzt.
Sven Knoll bemängelte, dass die von der Mehrheit beantragten Unterbrechungen nicht dieser angerechnet würden. Präsidentin Rita Mattei bat ihn, dies in der Fraktionssprechersitzung anzusprechen. Gert Lanz erinnerte daran, dass die erste, einstündige Unterbrechung der Woche von der Opposition beantragt worden sei. Brigitte Foppa unterstützte Knolls Forderung, wollte aber niemandem Vorhaltungen machen.
Auf Nachfrage von Josef Unterholzner erklärte Präsidentin Mattei, dass auf Wunsch einiger Abgeordneter auch die Online-Teilnahme an der Sitzung ermöglicht wurde. Ulli Mair erinnerte an die Entscheidung der Fraktionssprecher für die Präsenzpflicht und fand es nicht richtig, dass einzelne Abgeordnete von außen zugeschaltet sind. Es gebe dazu im Fraktionssprecherkollegium keine Einhelligkeit, berichtete Präsidentin Mattei, daher sei auch nichts beschlossen worden. Man werde die Covid-Entwicklung ständig im Auge behalten und auch den neuen Vorschriften am 15. Oktober Rechnung tragen. Sie hoffe, dass man sich für die nächste Sitzung für einheitliche Regeln entscheide. Die Online-Zuschaltung habe Vor- und Nachteile, meinte Sven Knoll, es sei vielleicht nützlich, wenn sich der Landeshauptmann auch von Rom aus zuschalten könne. Riccardo Dello Sbarba erinnerte daran, dass die Online-Sitzung eine Notfallmaßnahme sei; man könne nicht aus Opportunitätsgründen einfach zwischen Online und Präsenz entscheiden. Der Ausnahmezustand sei bis Ende Dezember verlängert worden, erklärte Präsidentin Mattei. Sie werde alles tun, damit man wieder zur Sitzung in Präsenz zurückkehren könne.