Abgelehnte Anträge von Enzian und Team K

Landtag: Kultur, Ehrenamt, Gender Pay Gap

Mittwoch, 12. Mai 2021 | 14:05 Uhr

Bozen – Nach der Prämierung der zweiten Gewinnerin des Literaturwettbewerbs und der Vorstellung der Tätigkeitsberichte der Gleichstellungsrätin und der Kinder- und Jugendanwältin, ging der Südtiroler Landtag über zur Namhaftmachung eines neuen Mitgliedes der Bezirkswahlkommission – Unterkommission Brixen aufgrund des Rücktrittes von Angelo Baffo (Ersatzmitglied) (auf Vorschlag der Landtagsfraktion Lega Salvini Alto Adige Südtirol). Die Vizepräsidentin Rita Mattei schlug Alessandro Marzaro vor, der mit 14 Stimmen gewählt wurde.

Danach wurde die Behandlung des Beschlussantrags Nr. 377/21: Kultur und Ehrenamt – wichtiger Stützpfeiler unserer Gesellschaft, eingebracht vom Abgeordneten Josef Unterholzner (Enzian) behandelt, dessen Behandlung bereits am 4. Februar begonnen wurde. Der Abgeordnete forderte (1) den Musikkapellen und Chören ab sofort bzw. sehr zeitnah die Proben und Auftritte zu ermöglichen, nicht nur in beschränkter Form in kleinen Gruppen, sondern als Ganzes. (2) der Branche die Möglichkeit geben, ab sofort wieder unter normalen Voraussetzungen (als Veranstalter oder Zuhörer) die Tätigkeit ausüben zu lassen. (3) den Sportvereinen die Möglichkeit zu geben, ihre Tätigkeiten im Freien ohne weitere Auflagen ausüben zu lassen. (4) den Zivilschutzorganisationen, die Übungs- und Trainingseinheiten, ab sofort auch ohne Test zu ermöglichen, denn bei den Noteinsätzen wird auch nicht kontrolliert und gefragt.

Auch Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) hielt es für wichtig, Vereinen, die schon immer eine Stütze der Gesellschaft waren, Vertrauen zu schenken. Er wies dann auf die unterschiedliche Behandlung zwischen Vereinen und Schulen hin: Kinder, die in der Schule nicht spielen oder einander begegnen können, können dies bei Nachmittagsaktivitäten tun. Wir müssen uns fragen, ob dies sinnvoll ist.

Landesrat Philipp Achammer entgegnete, dass es zwar richtig sei, dass Vereine und Chöre gerne wieder proben würden, dies aber nicht auf alle Vereine zutrifft. Im Einvernehmen mit den Verbänden wurde ein System der schrittweisen Wiederaufnahme der Aktivitäten vorgeschlagen: Es ist möglich, in geschlossenen Räumen zu üben, im Besitz eines CoronaPasses und mit Abstand, im Freien gibt es keine Beschränkungen. Die Position von Unterholzner ist bekannt und er wiederholt sie in zahlreichen Nachrichten und E-Mails, aber die Landesregierung will das Risiko ernst nehmen und schrittweise vorgehen, um nicht wieder weitere Einschränkungen machen zu müssen. Ältere Mitglieder der Verbände selbst äußerten sich besorgt. Kinder werden nicht daran gehindert, in der Schule miteinander zu sprechen.

Josef Unterholzner entgegnete, dass die Begrenzung der Anzahl der Anwesenden die Proben der Chöre und die Einsätze der Feuerwehr einschränkt, während im Freien einige Aktivitäten wieder geöffnet werden. Er steht Masken kritisch gegenüber, sie dienen nicht zum Schutz vor dem Virus; er respektierte Covid, habe aber keine Angst davor und möchte, dass sich Jugendliche und Kinder ohne Maske im Freien bewegen und miteinander reden können. Selbst die WHO sagt, dass eine Maske im Freien nicht erforderlich ist. Außerdem schaden strenge Lockdowns mehr als sie nutzen. Der Antrag wurde mit zehn Ja, 17 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) stellte den Beschlussantrag Nr. 95/19: Reduzierung des Gender Pay Gap in der Privatwirtschaft vor (Ersetzungsantrag). Eine Analyse des Landesstatistikinstitut ASTAT zum Thema “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit” belegt, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Südtirol durchschnittlich 17,2 Prozent beträgt. Die genannte Analyse belegt, dass der Gender Pay Gap zu Gunsten der Männer mit zunehmendem Alter kontinuierlich ansteigt. Er beträgt bei den 20- bis 24-Jährigen: 3,4 Prozent, bei den 30- bis 34-Jährigen: 10,4 Prozent und bei den 45- bis 49-Jährigen 19,8 Prozent. Diese Daten lassen den Schluss zu, dass die zeitweise Abwesenheit vom Arbeitsplatz, welche Frauen für vor allem aus familiären Gründen gilt, großen Einfluss auf die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern haben kann. Jedenfalls ist eine Zunahme des Gender Pay Gap in jenen Altersklassen zu verzeichnen, in denen viele Frauen aus familiären Gründen vorübergehend aus dem Arbeitsleben aussteigen. In vielen Ländern werden Anstrengungen unternommen, dieses Lohngefälle zu verringern: Dänemark hat bereits im Jahre 2007 den Equal Pay Act eingeführt. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen dazu, ihre Gehaltsstatistiken in Bezug auf das Geschlecht zu veröffentlichen. Ein Jahr nach Einführung des Gesetzes wurde festgestellt, dass weibliche Beschäftigte in Unternehmen, die zur Transparenz bei der Entlohnung verpflichtet sind, ein höheres Gehalt erhalten als Frauen in Unternehmen, die nicht zur Transparenz verpflichtet sind. In Deutschland ist das „Entgelttransparenzgesetz“ (EntgTranspG – Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen – das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit) seit dem 6. Juli 2017 in Kraft. Es wurde ein individueller „Auskunftsanspruch“ der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gegenüber ihrem Arbeitgeber eingeführt, geltend für Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Rieder verwies auf einen Gesetzesentwurf des Team K und erläuterte dann, dass sie mit ihrem Vorschlag Landesregierung in diesem Sinne verpflichten wolle: (1) Das Land Südtirol führt als ersten Schritt zur Verminderung des Gender Pay Gaps die „verpflichtende Lohntransparenz“ für Privatbetriebe ein. (2) Die „verpflichtende Lohntransparenz“ sieht vor, die geforderten Daten an die Landesverwaltung und an die Gleichstellungsrätin zu liefern. Die Landesregierung legt fest, wer die zentrale Sammlung und Auswertung der Daten übernimmt. Nach zwei Jahren wird dem Landtag ein Bericht vorgelegt. (3) Die Landesregierung stellt den Firmen ein Standard-Analyse Tool zur Verfügung, um überprüfen zu können, ob die Lohngerechtigkeit im eigenen Betrieb eingehalten wird und um die geforderten Daten an die Landesverwaltung zu übermitteln. (4) Die Gewährung der meist genutzten Wirtschaftsförderungen ist an die Einhaltung der Verpflichtung zur Lohntransparenz und an die Vorlage der Dokumentation „verpflichtende Lohntransparenz“ gebunden., (5) Die IRAP-Senkung von Firmen wird an die Einhaltung der „verpflichtenden Lohntransparenz“ für Unternehmen gebunden.

Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstrich, dass mehr Gleichstellung der Geschlechter mehr Wachstum für die Unternehmen bedeutet, wie es im Nationalen Plan für Erholung und Widerstandsfähigkeit von Präsident Draghi heißt. Draghis „Nationalen Plans für Wiederaufbau und Resilienz“. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist neben der territorialen und generationsbedingten Ungleichheit eine der Herausforderungen, die das Land angehen muss, um zu wachsen. Der Arbeit der Frauen neue Impulse zu geben, ist entscheidend. 66Prozent des Rückgangs der Beschäftigung im ersten Quartal 2020 betrifft Frauen. Die Gesellschaft hat noch nicht die Fähigkeit erlangt, Kinder als Allgemeingut zu sehen und dabei bestimmte Ausgaben als öffentliche anzuerkennen. Die Forderung des Antrags ist also berechtigt, muss aber mit einer Erweiterung von Krippenplätzen und -angeboten sowie einer Kampagne zur Sensibilisierung für die Aufteilung von Haus- und Pflegearbeit einhergehen. Er würde den Antrag unterstützen.

Brigitte Foppa (Grüne) unterstrich die Bedeutung des Themas und wies darauf hin, dass der Gender Pay Gap früher nicht einmal einen Namen hatte, weil er als selbstverständlich angesehen wurde. Als Mutter einer Tochter und eines Sohnes fand sie es unverständlich, dass ihre Tochter später weniger verdienen sollte als ihr Sohn. Das Problem muss konkret angegangen werden.

Franz Ploner (Team K), Mitunterzeichner, machte deutlich, dass die Debatte zu diesem Thema schon seit Jahren geführt wird und Handlungsbedarf besteht. Gegenwärtig sei der Anteil der erwerbstätigen Frauen höher als je zuvor, die Unterschiede in der Entlohnung hätten sich jedoch nicht wesentlich verändert. Jede unterschiedliche Bezahlung für die gleiche Tätigkeit ist eine Ungerechtigkeit, und ein kompetenter Arbeitgeber muss dagegen vorgehen. Wenn das Lohngefälle überwunden werden soll, müssen mehrere Schritte unternommen werden.

Magdalena Amhof (SVP) dankte Rieder für den Beschlussantrag, dessen Botschaft sie teilt. Es sei wichtig, diese im Landtag zu diskutieren. Sie fügte jedoch hinzu, dass die SVP einen anderen Ansatz gewählt habe: Der Landesbeirat für Chancengleichheit sei beauftragt worden, mit den Akteuren in Kontakt zu treten, um einen Maßnahmenplan zur Bekämpfung des Gender Gap zu erstellen. Die SVP werde gegen den Antrag stimmen, nicht weil sie mit dem Thema nicht einverstanden sei, sondern weil sie auf den Maßnahmenplan mit Vorschlägen der Sozialpartner warte. Es bedarf auch eines Mentalitätswandels, so dass die Familienarbeit tatsächlich der Familie und nicht den Frauen gehöre. Ebenso bedarf es einer gleichen Bezahlung, um eine gerechte Rente zu haben.

Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) wies darauf hin, dass das Thema allen am Herzen liege, aber man müsse vorsichtig sein, wenn es um die Privatwirtschaft gehe. In Südtirol sind 92 Prozent der Unternehmen Kleinstunternehmen, was den Vergleich mit anderen wirtschaftlichen Realitäten erschwert: Wir dürfen ihnen nicht noch eine weitere bürokratische Last aufbürden. Wenn wir mit der Bürokratisierung und Digitalisierung nicht vorankommen, ist es besser, es sein zu lassen.

Andreas Leiter Reber (Die Freiheitlichen) sagte, er sei der Überzeugung, dass man für die gleiche Qualifikation und den gleichen Job auch das gleiche Gehalt bekommen sollte: Das Problem in Südtirol sei aber nicht das, sondern die Tatsache, dass Frauen sich Berufe suchen, die es ihnen ermöglichen, sich um die Familie zu kümmern, und damit Berufe, die schlechter bezahlt werden. Hier besteht Handlungsbedarf.

Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) äußerte, dass sie sich enthalten werde, da sie keinen Sinn in einer verpflichtenden Lohntransparenz sieht, mit der vielleicht nicht jeder Arbeitnehmer einverstanden wäre. Das Problem der Lohnungleichheit besteht natürlich, und gleiche Arbeit muss auch gleich bezahlt werden, aber es sollen keine zusätzliche bürokratische Belastung für Unternehmen geschaffen werde. Sie leiden bereits unter der Pandemie. Um den Frauen zu helfen, wäre es sinnvoller, Erziehungszeiten für die Rente anzuerkennen.

Gerhard Lanz (SVP) verwies auf die Transparenz der Löhne und betonte, dass diese Regelung für das System der Südtiroler Unternehmen und deren Größe eingeführt werden sollte. Dies würde auch zu Vergleichen zwischen Unternehmen führen, die sehr unterschiedlich sind, und zwischen Rollen innerhalb des Unternehmens, wobei in kleinen Unternehmen dieselbe Person manchmal mehr als eine Rolle zu verschiedenen Zeiten innehat. Der Antrag geht davon aus, dass der Gehaltsunterschied in einer bestimmten Altersgruppe berufsbedingt ist, was aber auf die unterschiedliche Vertragssituation bei jungen Menschen zurückzuführen ist. In jedem Fall sollte keine neue Belastung für Unternehmen eingeführt werden.

Landesrat Philipp Achammer wies darauf hin, dass die von der ASTAT gemeldeten Daten keine Dienstjahre enthalten, was aber das Problem der Unterbrechung der Laufbahn nicht beseitigt. Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern sind bereits verpflichtet, entsprechende Daten an die Gleichstellungsrätin zu melden. Er erinnerte daran, dass das Team K selbst Forderungen nach einer Entbürokratisierung gestellt hatte und die Einführung neuer Kriterien dieser Absicht zuwiderläuft.

Landesrätin Waltraud Deeg wies darauf hin, dass zur Lösung des Problems, das mehrere Ursachen hat, ein Bündel von Maßnahmen notwendig ist. Sie verwies auf den Bericht von Save the Children, wonach das Land an erster Stelle als “mütterfreundlich” steht, wegen der Dienstleistungen und der Unterstützung für Familien. Auch im zukünftigen Gesetz zur Gewaltprävention sind Maßnahmen vorgesehen.

Landeshauptmann Arno Kompatscher teilte die Position von Achammer und Deeg und wiederholte die Regelung für Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern. Er ist absolut dafür, die Geschlechterkluft zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit erhalten, über die Methode kann man jedoch unterschiedlicher Meinung sein. Der Antrag würde zusätzliche Bürokratie für Unternehmen schaffen, was besonders für kleine Unternehmen problematisch ist, in denen es ungleiche und mehrfache Aufgaben gibt. Ein Eingreifen bei der IRAP würde auch nicht helfen. Das Ziel wird jedoch zu 100 Prozent geteilt, der Gleichstellungsaktionsplan wird nicht theoretisch sein, sondern eine Reihe von konkreten Maßnahmen beinhalten. Ziel ist es auch, die Mentalität zu verändern, die hinter dem Lohngefälle steht, sowie sich mit Gender Budgeting zu beschäftigen.

Rieder schätzte es, dass alle die Wichtigkeit des Themas unterstrichen haben, aber wiederholte, dass nach zehn Jahren equal payday der gender pay gap von 17 Prozent immer noch eine Realität ist. Es stimmt, dass Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern zu Berichten verpflichtet sind, aber wie Lanz sagte, gibt es nicht viele Unternehmen dieser Größe. Was die Bürokratie betrifft, so ist es richtig, dass Team K immer wieder fordert, die Belastung zu reduzieren, weshalb es sich auf ein einfaches System bezogen hatte, nach dem Beispiel eines Moduls, das in der Schweiz bereits existiert. Der Inhalt des Gleichstellungsaktionsplans ist noch nicht bekannt. Gegenüber Leiter Reber bekräftigte Rieder, dass der geschlechtsspezifische Lohnunterschied sehr wohl existiert, wie die Daten zeigen. Der Antrag wurde zur Abstimmung gestellt und mit elf Ja, 18 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.

Von: mk

Bezirk: Bozen