Von: ka
Bozen – Beschlussantrag Nr. 349/20: Verpflichtende Stellungnahme der Expertenkommission bei Corona-Verordnungen (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler am 09.11.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, die wichtigsten Verordnungen zur Eindämmung von COVID-19 künftig mit einer schriftlichen Stellungnahme der Expertenkommission des Landes, welche mit Landesgesetz Nr. 4/2020 eingerichtet wurde, zu begründen.
Bei den Verordnungen zum Landschaftsschutz oder zu anderen Bereichen werde die zuständige Kommission immer zitiert, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), nur bei den Covid-Verordnungen nicht. Die Covid-Expertenkommission sei im Mai vom Landtag per Gesetz vorgesehen worden, daher sollte der Landtag auch wissen können, worauf die Verordnungen des Landeshauptmanns gründen. Es sei ja die Kommission, die laut Gesetz dem Landeshauptmann entsprechende Maßnahmen vorschlagen solle, wenn sich die Situation verschlimmere.
Der große Unterschied zwischen erstem und zweitem Lockdown sei der schwindende Konsens in der Bevölkerung, meinte Brigitte Foppa (Grüne). Umso notwendiger sei es, dass die gesetzten Maßnahmen nachvollziehbar seien. Die Menschen wollten wissen, warum sie abends nicht ausgehen dürften.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstützte den Antrag, vor allem vor dem Hintergrund der letzten Verordnungen. Nach dem Screening möchte man wissen, wie es weitergehe. Das Gutachten der Experten könnte helfen, die Maßnahmen zu verstehen und die Vorschriften einzuhalten, um eine 3 Welle zu vermeiden.
Franz Ploner (Team K) unterstützte den Antrag ebenfalls. Die Verordnungen sollten eine wissenschaftliche Grundlage haben, und die Bevölkerung sollte das auch erkennen können, umso mehr, da die Landesregierung insgesamt 17 verschiedene Verordnungen erlassen habe.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) meinte, dass die Bürger die Bestimmungen nur einhalten, wenn sie sie auch verstehen. Bei Gesetzentwürfen bekomme der Landtag immer auch ein Gutachten des Rates der Gemeinden, und das sei hilfreich. Einschränkungen der persönlichen Freiheiten müssten entsprechend begründet werden.
Josef Unterholzner (Enzian) bezeichnete manche Bestimmungen als nicht nachvollziehbar, etwa wenn die meisten Läden schließen müssten, aber die Tabaktrafiken nicht – auch wenn jährlich Tausende am Tabakkonsum sterben würden. Der flächendeckende Test sei gut gewesen, aber man müsse auch sagen, dass die Tests eine Fehlerquote aufwiesen und nicht validiert seien – und trotzdem Entscheidungsgrundlage bildeten.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) kritisierte das Auf und Ab der Verordnungen, die Verbreitung von Katastrophenstimmung, die durch den Massentest widerlegt sei. Entweder die Kommission sei nie gehört worden oder man wolle ihre Empfehlungen nicht veröffentlichen. Auf Staatsebene seien die Experten bei den Pressekonferenzen präsent.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) hielt die Verordnungen ebenfalls für zu wenig begründet. Auf jeden Fall seien die Kriterien für die jeweilige Entscheidungen nicht veröffentlicht worden. Der Unmut über die jüngsten Dekrete sei weniger den Maßnahmen geschuldet, sondern einer kurzfristigen Kommunikation und einer fehlenden Begründung. Bei entsprechender Vorlaufzeit könnten sich die Betriebe vorbereiten. Auch bei den Tests sei die Kommunikation schlecht gewesen.
Hanspeter Staffler (Grüne) stellte eine Kommunikationskrise fest. Die Menschen hätten Orientierungsschwierigkeiten. Er habe die Einsetzung der Expertenkommission im Mai sehr unterstützt. Aber nach deren Einsetzung habe man wenig von ihr gehört. Es würde auch dem Landtag helfen, wenn man die Meinung der Experten hören könnte.
Gerhard Lanz (SVP) fragte, welche Experten man dann zu Rate ziehen würde. In den Verordnungen finde man immer wieder einen Bezug auf den Austausch mit den Experten. Sicher gebe es Dinge, die man verbessern könnte. Bei der Testaktion habe die Kommunikation funktioniert, sonst hätten sich nicht so viele Leute gemeldet. Bei den Maßnahmen seien Entscheidungen enthalten, die sich in verschiedene Richtungen auswirken könnten, und der Landeshauptmann, der oft rasch entscheiden müsse, gehe daher sehr behutsam mit den Informationen um.
Überall in Europa sähen sich die Regierungen mit dem Vorwurf mangelnder Transparenz und Nachvollziehbarkeit konfrontiert, bemerkte LH Arno Kompatscher. Das sei verständlich, weil man mit diesen Verordnungen in den Alltag der Menschen eingreife. Daher würden alle Regierungen mit FAQs arbeiten, um ihre Verordnungen zu erklären. Viele der 70 Verordnungen seien rein technischer Natur und beträfen nicht direkt die Allgemeinheit. Kompatscher wies auch auf den Unterschied zwischen Beschlüssen der Landesregierung und Verordnungen des Landeshauptmanns hin. Auch das Dekret des Ministerpräsidenten gebe nicht den Inhalt des technischen Komitees wieder, das habe in einer Verordnung nichts zu suchen. Die Verordnung des Landeshauptmanns gründe immer auf den Bewertungen der Task Force, die auch Rücksprache mit ihren römischen Kollegen würde. Der Maßnahmenkatalog sei überall derselbe, Südtirol habe nichts Neues erfunden. Alle Virologen würden eines empfehlen: Kontakte reduzieren. Wenn die AHA-Regeln zu wenig seien, müsse man strengere Maßnahmen treffen. Der Handel sei z.B. in allen Maßnahmenkatalogen berücksichtigt. Für die Grundeinschätzung – höheres, mittleres oder geringeres Risiko – werde das Expertenkomitee gehört, dieses sage aber nicht, ob um 18 oder 20 Uhr zu schließen sei. Es gebe immer den Austausch mit der Task Force, mit Rom und mit dem internationalen Expertenkomitee, bevor eine Verordnung erlassen werde. Zudem gebe es regelmäßig Austausch in der Regionenkonferenz. Es gebe den Vorwurf der mangelnden Transparenz, aber auch, weil viele die Unsicherheit politisch ausschlachten würden. Die Aussage, dass der Massentest nur zu 75 Prozent zuverlässig sei, sei auch nicht im Sinne der Klarheit.
Riccardo Dello Sbarba, stellte klar, dass er in seinem Antrag jene Expertenkommission meine, die per Landesgesetz im Mai vorgesehen wurde. Er verlange nur, dass das Gesetz eingehalten werde. Conte verweise in seinen Dekreten auf die Protokolle des Expertenkomitees; also gebe es Protokolle, die man nachlesen könne.
Der Antrag wurde mit 16 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Die Arbeiten werden morgen wieder aufgenommen.