Von: mk
München – Landwirtschaft hat nur Zukunft, wenn sie auch von der Gesellschaft mitgetragen wird: Dies wurde bei dem Diskussionsabend mit Interessensgruppen wie Verbraucherschützer, Umweltgruppen und Bauernverbänden gestern Abend in München immer wieder betont. Immer mehr Menschen müssen mit immer weniger Fläche genährt werden, während der Klimawandel die Produktionsbedingungen zunehmend gefährdet.
Landesrat Arnold Schuler forderte von EU-Kommissar Phil Hogan eine stärkere Unterstützung und Berücksichtigung der kleinbäuerlichen Betriebe im Zuge der Reform der EU-Agrarpolitik. Derzeit, legte Landesrat Schuler dar, werden die großen Betriebe über die EU-Direktzahlungen gegenüber den kleinen Betrieben bevorzugt. Dies führt zu einer verzerrten Unterstützung für die landwirtschaftlichen Betriebe. “Wir müssen es schaffen, dass am Ende mehr beim kleinen Bauern übrigbleibt”, unterstrich Schuler.
Auch das Thema Großraubtiere und hier vor allem die vermehrten Probleme mit den Wolfspopulationen in der traditionellen Berglandwirtschaft sprach Schuler an und betonte, dass Maßnahmen der Regulierung notwendig seien. Es brauche flexiblere Instrumente und Managementsysteme. Die Nutztiere auf den Almen werden durch Wolfsrisse bedroht und es gilt, die Herden vor den Raubtieren zu schützen. Denn die über 1300 bewirtschafteten Almen in Südtirol spielen nicht nur eine zentrale Rolle in der Berglandwirtschaft, sie fördern auch die Biodiversität und sind auch für den Tourismus von großer Bedeutung. Auch in diesem Punkt herrschte zwischen Bayern, Österreich und Südtirol Einigkeit. Der Schulterschluss der Alpenländer, hier künftig regulierend eingreifen zu können, stieß bei Kommissar Hogan auf Verständnis.
Der dritte Punkt, den Landesrat Schuler an Hogan herantrug, betrifft den Bürokratieabbau bei den EU-Förderungen. Die Bürokratie in Verbindung mit der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik müsse abnehmen, sagte Landesrat Schuler und mahnte einen Wechsel von prozessorientierten hin zu ergebnisorientierten Maßnahmen an. Es brauche breiter aufgestellte Qualitätssysteme für unterschiedliche Leistungsparameter von ökologischen Kennzahlen bis hin zu Kundenzufriedenheit und gesellschaftlicher Verantwortung. Ergebnisorientierung bedeutet auch einen Perspektivenwechsel und erfordert eine enge Zusammenarbeit mit den Bäuerinnen und Bauern. Dieser Ansatz, legte Landesrat Schuler dar, bietet die Möglichkeit, die öffentlichen Gelder effizienter einzusetzen, den Bauern mehr Flexibilität zu gewähren und sie zu motivieren, sich an den Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität, Umwelt- und Klimaschutz zu beteiligen.
In seinem Impulsreferat legte der EU-Kommissar für Landwirtschaft Hogan seine politische Vision für die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2020 dar: Er setzt sich für eine wirksamere Agrarpolitik ein, die sowohl den Bauern als auch der Gesellschaft entgegenkommt. Die Absicherung des Agrarbudgets von rund 37 Prozent des EU-Haushaltes und die Vereinfachung haben oberste Priorität für ihn. Es soll zukünftig vermehrt das Subsidiaritätsprinzip und die Eigenverantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten greifen. Dafür soll die EU nach 2020 nur mehr die Ziele vorgeben, und die Mitgliedsstaaten sollen diese dann anhand von Strategieplänen umsetzen und erhalten dadurch größere Spielräume als bisher. Zum anderen machte der EU-Kommissar aber auch deutlich, dass die Gemeinsame Agrarpolitik einen größeren Beitrag zu den ehrgeizigen Klima- und Umweltzielen der EU leisten müsse.
In der Diskussions- und Fragerunde mit über 300 Teilnehmenden im Plenarsaal des Bayerischen Landtages in München wurde eine breite Palette an Themen diskutiert: von der der Entfremdung der Gesellschaft von der Landwirtschaft über die neue Düngerverordnung in Bayern und Milchmarkt-Schwankungen bis zu Instrumenten der Marktregulierung. Eingeladen zu der Veranstaltung hatte die Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Bayerischen Landtag, Angelika Schorer.