Von: apa
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) hat sich am Donnerstag in Washington nach einem Treffen mit ihrem US-Amtskollegen Marco Rubio optimistisch gezeigt, dass eine Verhandlungslösung im Zollstreit zwischen den USA und der EU gefunden werden könne. Zwar gebe es gerade in dieser Frage unterschiedliche Positionen, räumte die Außenministerin ein. An sich habe es sich um ein freundschaftliches Gespräch gehandelt. “Das ist auch ein Zeichen unserer starken Partnerschaft.”
Österreich sei “unter den acht schnellst wachsenden Investoren in den USA”. Deshalb sei es wichtig, darauf zu drängen, “dass wir hier eine gute Einigung bald finden”, erklärte Meinl-Reisinger. “Wir brauchen Sicherheit, vor allem für die Investoren.” Weil nichts sei “mehr Gift für die Wirtschaft, für die Unternehmer” als Unsicherheit.
Sie habe noch einmal klargemacht, “dass so ein Zollkrieg eine Lose-Lose-Situation ist, dass auch unsere Unternehmen Planbarkeit brauchen”. Diesen würden “Hunderte Millionen in die Hand nehmen”, um in den USA zu investieren. “Die brauchen Rechtssicherheit, die brauchen Planbarkeit.”
“Wirtschaftlich stärker durch Freihandel”
Ihre Position sei klar, unterstrich Meinl-Reisinger: “Dass wir wirtschaftlich stärker sind, wenn wir auf Freihandel setzen. Das ist ja das, was die Europäische Union jetzt auch mit anderen Gegenden der Welt macht. Wir suchen neue Märkte. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier eine Verhandlungslösung bekommen, die für beide Seiten fair ist.”
US-Präsident Donald Trump hatte Mitte Juli Zölle in der Höhe von 30 Prozent für Waren aus der EU angekündigt. Die Strafmaßnahme soll ab dem 1. August fällig werden. Bis dahin will die Europäische Union im Handelsstreit mit den USA verhandeln. Zuletzt kursierten in Washington Berichte, dass sich die USA und die EU aktuell bezüglich eines Abkommens über Zölle von 15 Prozent annähern würden.
Laut der Zeitung “Financial Times” könnte Brüssel den sogenannten reziproken Abgaben zustimmen, um eine von US-Präsident Donald Trump angedrohte Anhebung auf 30 Prozent ab dem 1. August zu vermeiden. Allerdings standen auch mögliche Gegenzölle ab 6. August im Raum.
Die Außenministerin verwies allerdings auch darauf, dass weder sie selbst noch Rubio an den Verhandlungen beteiligt seien. Daher können sie den aktuellen Stand nicht kommentieren. Das Verhandlungsmandat sei seitens der EU aber bei der Kommission in besten Händen. Es wäre schwieriger, wenn jedes EU-Land dies selbst tun müsste. Sie habe aber auch klargemacht, dass die bereit sei, Stärke zu zeigen. “Wenn nötig.”
Trumps Politik als “Wake-up-Call für Europa”
Die aktuelle Außenpolitik von Trump in Transatlantik-Fragen könne aber auch ein “Wake-up-Call” für Europa sein, resümierte die Außenministerin ihre Konversation mit dem State Secretary. “Für ein Europa, das mehr Verantwortung übernimmt für die eigene Sicherheit, für die eigene Verteidigungsfähigkeit.” Sie habe aber nicht den Eindruck gewonnen, dass die USA prinzipiell kein Interesse mehr an guten Beziehungen zu Europa mehr hätten, antwortete die Außenministerin auf eine entsprechende Journalistenfrage. “Es gibt unterschiedliche Interessenslagen, okay, das ist zu respektieren.”
Prinzipiell habe sie ein “Supergespräch” mit Rubio gehabt, zeigte sich die Außenministerin erfreut. “Es ist ein tolles Zeichen gewesen, dass ich so schnell nach Amtsübernahme eingeladen wurde. Und auch ein wichtiges Zeichen für die starke Partnerschaft, die wir haben.” Umso mehr, da Österreich heuer “80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs, die Freiheit vom Naziregime, 70 Jahre Staatsvertrag und damit unsere Unabhängigkeit und Freiheit” feiere, zu der die Vereinigten Staaten entscheidend beigetragen hätten. “Das heißt, wir haben starke Beziehungen zu den USA und die bleiben auch stark.”
Außenministerin lud Rubio zu Opernball ein
Es gebe viele Themen, “die wir gemeinsam bearbeiten und wir hoffen, dass wir das auch so fortsetzen können.” Sie habe Rubio auch eingeladen, zum Wiener Opernball zu kommen, verriet die Außenministerin gegenüber österreichischen Medien. “Ich hoffe, dass er dieser Einladung auch nachkommen wird.”
Meinl-Reisinger wurde von Rubio am Vormittag (Ortszeit/Nachmittag MESZ) im State Department von Washington im mit historisch anmutendem Mobiliar ausstaffierten “Treaty Room” zu einem Presse-Handshake empfangen. Seitens des Gastgebers gab es kein Pressestatement. Der Termin fand auf Einladung Rubios statt. Die Außenministerin und der Secretary of State hatten im Mai bereits ein Telefonat geführt. Zudem waren die beiden bereits am Rande der Einführungsmesse für Papst Leo XIV. im Vatikan zusammengetroffen.
Gemeinsamkeiten ortete die Außenministerin auch bezüglich der Kriege in der Ukraine und in Nahost. Sie habe mit Rubio die Notwendigkeit besprochen, den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin hochzuhalten, “dass es zu einem Waffenstillstand kommt und zu ernsthaften Verhandlungen.”
“Putin nicht an Frieden interessiert”
Es sei offenbar auch der Trump-Administration klar, “dass hier Putin auf Zeit spielt und eigentlich nicht interessiert ist daran, Frieden zu schließen.” Putin spreche zwar “untertags” davon, dass er Frieden schaffen wolle. In der Nacht terrorisiere er die ukrainische Zivilbevölkerung aber “mit Drohnen, mit Raketen, mit Granaten”. “Das Sterben muss ein Ende haben.”, betonte Meinl-Reisinger. “Aber es muss ein fairer Frieden sein, auch für die Ukraine.” Zudem gehe es auch um unsere eigene Sicherheit.
Notwendigkeit eines Waffenstillstands in Nahost
Zum Nahost-Konflikt sei die Notwendigkeit eines Waffenstillstands besprochen worden. Dazu gehöre auch, dass “endlich die Hamas aufhört, auf Zeit einzuspielen, einem Waffenstillstand zustimmt und Geiseln freilasse. Es gibt ein Window of Opportunity für Frieden.” Sie sei sehr dankbar dafür, “dass die Vereinigten Staaten hier so viel unternehmen für einen Geisel-Deal, für die Sicherheit Israels, aber auch für Frieden.” Bezüglich des Iran sei die Notwendigkeit der Zusammenarbeit erörtert worden, bilanzierte die NEOS-Politikerin. Offenbar gebe es vorsichtige Anzeichen, dass Teheran mit der Atomenergiebehörde aber auch mit den USA selbst in Verhandlungen treten könnte.
Laufrunde als Werbung für Österreichs UNO-Ambitionen
Österreichs Bewerbung für einen Sitz als nicht-ständiges Mitglied für die Periode 2027/28 im UNO-Sicherheitsrat sei am Donnerstag in dem bilateralen Gespräch kein Thema gewesen, räumte Meinl-Reisinger ein. Lachender Nachsatz: “Aber ich habe heute schon Werbung dafür gemacht. Ich bin in der Früh eine Runde gelaufen “mit unserem gebrandeten T-Shirt, sodass ganz Washington D. C. unsere Bewerbung mitbekommt.” Die USA würden “ja durchaus zu Recht” auf die “Reformnotwendigkeiten in der UNO” hinweisen. “Aber auch da sind wir ja Partner und bei der Frage der Reform des Sicherheitsrats dabei.” Seit einigen Jahren gibt es auf diplomatischer Ebene intensive Verhandlungen über eine Reform des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen, in welche die österreichische UNO-Vertretung in New York zuletzt federführend eingebunden war.
Meinl-Reisinger traf am Donnerstag auch Kongressabgeordnete im Kapitol. Auf der Agenda standen sowohl Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Republikaner von US-Präsident Trump als auch der Demokratischen Partei, etwa mit der früheren Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Mit dieser “beeindruckenden Frau” habe sie unter anderem über den “Kampf gegen Terrorismus” gesprochen, so die Außenministerin.
Der 54-Jährige Marco Rubio, der vor einigen Jahren noch als Rivale Trumps galt, ist seit Jänner dessen Chefdiplomat auf einer Schlüsselposition und soll die “America First”-Devise auf internationalem Parkett durchsetzen. Der Sohn kubanischer Einwanderer steht Trump bei dessen umstrittener Zollpolitik bisher unwidersprochen zur Seite.
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