Von: mk
Bozen – Der Landtag hat heute den Beschlussantrag Nr. 157/19: Förderung von tierschonenden, mobilen Schlachtmethoden in Südtirol (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 6.09.2019) behandelt. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. das mobile Schlachten in Südtirol ideell, materiell und finanziell zu fördern; 2. die Inbetriebnahme von mobilen Schlachthöfen bzw. Schlachtfahrzeugen auf den Verwaltungsebenen zu erleichtern; 3. den Ankauf von mobilen Schlachthöfen bzw. Schlachtfahrzeugen und die notwendigen baulichen Anpassungen an den Schlachthöfen finanziell zu unterstützen; 4. die Bewerbung und Vermarktung der tierschutzgerechten regionalen Produkte zu fördern; 5. die beteiligten und interessierten Berufsverbände und Organisationen bei der Ausarbeitung der Förder- Unterstützungsmaßnahmen miteinzubeziehen; 6. einen möglichst raschen und landesweiten Ausbau der hofnahen Schlachtung zu fördern.
“Mehreren Alpenregionen wie Bayern, Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg haben bereits eine Vorreiterrolle bei der Schaffung von Möglichkeiten zur mobilen Schlachtung eingenommen”, erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). “Mit seiner kleinstrukturierten und naturnahen Landwirtschaft, neuen Formen der Viehzucht und hochwertigen Erzeugnisse (Mutterkuhhaltung, Almochsen, Wagyurinder,…) bietet Südtirol die idealen Voraussetzungen um künftig mit der mobilen Schlachtung von der Geburt über die Haltung bis hin zur Schlachtung der Nutztiere den tierschutzethischen Ansprüchen vieler Menschen ganzheitlich zu entsprechen. Ein auf das Tierwohl bedachter, regionaler Kreislauf bringt in der Viehzucht Nischenprodukte hervor, welche Südtirol wohltuend von den Haltungsbedingungen in großen Agrarbetrieben in und außerhalb Europas, den Tiertransporten, fragwürdigen Handelsabkommen und Fleischimporten abheben können. Dieser für die Nutztiere und Konsumenten gewonnene Mehrwert muss auch für die einzelnen Tierhalter und Fleischverarbeiter erkennbar sein und sich betriebswirtschaftlich positiv niederschlagen.”
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte sich noch, als die Tiere den halben Tag vor der Metzgerei in der Nachbarschaft angebunden waren. Die mobile Schlachtung sei sicher tiergerechter, sie erspare dem Tier den oft qualvollen weg zum Schlächter. Hanspeter Staffler (Grüne) unterstützte den beschließenden Teil des Antrags. Es entspreche aber nicht den Tatsachen, wenn Leiter Reber von der extensiven Form der Südtiroler Berglandwirtschaft spreche. Es gebe nur einzelne. Weltweit würden jährlich 70 Milliarden Tiere geschlachtet, Fischfang nicht eingerechnet. Der Fleischkonsum nehme in den Entwicklungsländern zu, in den entwickelten Ländern nehme er ab.
Peter Faistnauer (Team K) unterstützte ebenfalls den beschließenden Teil. Er frage sich, warum das Land noch nicht in diesem Sinne tätig wurde, da man ja bereits vor Jahren die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen habe. Die stressfreie Haltung sei auch aus gesundheitlicher Sicht wichtig.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) zeigte sich mit dem Vorhaben einverstanden, das Leiden der Tiere zu verringern. Wenn es aber nur darum gehe, die Transportkosten auf die Konsumenten abzuwälzen, sei er dagegen. Den Menschen sei bewusst, dass zu viel Fleisch ungesund sei, aber auch, dass die Tiere bei der derzeitigen Massenproduktion leiden würden. Er kündigte Zustimmung an.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) zeigte sich einverstanden mit dem Anliegen, wies aber auch auf die schwierige Situation der öffentlichen Schlachthöfe hin. Hier sei vielleicht ein einziger zentraler Schlachthof anzudenken. Franz Locher (SVP) bestätigte Leiter Reber eine gewisse Kenntnis der Viehwirtschaft. Die meisten würden gern Fleisch essen, wollten aber nicht an die Schlachtung denken, obwohl beides zusammengehöre. Die mobile Schlachtung sei im Winter sinnvoller, aus hygienischen Gründen. Trotzdem sei sie eine Chance, die man nutzen sollte. Schlachthöfe seien kostenintensiv und daher oft veraltet.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah den finanziellen Aspekt als Hauptgegenstand der Debatte, nicht so sehr das Tierwohl. Die Landesregierung sollte sagen, was möglich sei und was nicht. Ebenso sollte man die Kosten für die Konsumenten abwägen, ebenso die Hygiene bei Schlachtungen am Hof. Brigitte Foppa (Grüne) stellte fest, dass immer mehr Menschen auf Fleisch verzichten, sie selbst seit sieben Jahren. Ebenso werde das tierische Sterben immer mehr zum Tabuthema. Wenn man einen Beitrag leisten könne, damit das Tierende humaner wird, dann wolle man gerne zustimmen.
Gerhard Lanz (SVP) wies darauf hin, dass es in Südtirol bereits die Möglichkeit zur hofnahen Schlachtung gebe. Dieser Bereich könnte sich auch selber finanzieren. Ein einziger Schlachthof wäre der falsche Weg, man wolle ja kleine Kreisläufe. Zuerst aber müsse man die kritische Masse erreichen, bevor man Strukturen finanziere. In Südtirol gebe es 47 Schlachthöfe, erklärte LR Arnold Schuler. Bei den größeren wolle man sich auf zwei konzentrieren, auf Bozen und Brixen, da der Aufwand sehr groß sei. Die kleineren hätten weiterhin ihre Berechtigung. Der Fleischkonsum werde weltweit noch enorm steigen, da sich immer mehr Menschen Fleisch leisten könnten. 80 Prozent der Südtiroler Viehhaltungsbetriebe seien extensiv. Es sei auch zu überlegen, bei welchen Höfen eine Hofschlachtung möglich sei. Das Potenzial sei noch sehr gering, Mutterkuhhaltung sei nicht weit verbreitet. Es gehe vor allem um Berghöfe, daher könnten nur kleine Fahrzeuge dorthin und entsprechend wenige Schlachtungen durchgeführt werden. Schuler fragte, wer bereit sei, wegen der Hofschlachtung deutlich mehr für das Fleisch auszugeben. Das sei noch eine kleine Nische. Der Abschuss auf der Weide sei auch nicht immer ideal, das erfolge vor den Augen der Nachbarn oder der Wanderer. Die gesetzliche Grundlage habe man geschaffen, Förderungen habe man bisher nicht vorgesehen, da es dazu ein bestimmtes Potenzial brauche und die organisatorischen Fragen zu klären seien. Schuler sprach sich schließlich gegen den Antrag aus.
Andreas Leiter Reber meinte, viele Bauern wären interessiert, wenn sie entsprechend finanziell abgesichert wären. Man sollte hier einen mutigen Schritt setzen und das Projekt starten. Zur Extensivität der Südtiroler Viehwirtschaft meinte Leiter Reber, dass es in Südtirol 1.700 Almen gebe. Die Landesregierung halte die Nachhaltigkeit sehr hoch, diesen Worten sollte sie Taten folgen lassen. Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 135/19: Schließung Dolomitenpässe und viel befahrener Bergstraßen in der Hochsaison (eingebracht von den Abg. Foppa, Staffler und Dello Sbarba am 17.07.2019). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. die Zielsetzung des Projektes #Dolomitesvives konsequent weiterzuverfolgen und 2020 erste Maßnahmen zur Aufwertung des ÖPNV auf den Pässen zu setzen; 2. gemeinsam mit der Provinz Trient und der Region Veneto bei den Ministerien in Rom zu intervenieren, um Maßnahmen zur Reglementierung des Verkehrs auf den Pässen rund um den Sellastock rechtlich möglich zu machen und parallel dazu einen Maßnahmenkatalog zur Verkehrs- und Lärmberuhigung innerhalb 2020 vorzulegen. Dazu gehören zeitweise Sperren genauso wie die Prüfung zur Einführung einer Maut, die Verstärkung des ÖPNV und der Liftverbindungen sowie bessere Infrastrukturen für Fahrradmobilität. (neue Fassung aufgrund eines Änderungsantrags von Brigitte Foppa und Gert Lanz).
“Verständlicherweise üben die Dolomiten eine Anziehungskraft aus, die weit über Südtirols Landesgrenzen hinausgeht”, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). “Gerade deshalb müssen wir uns immer wieder darauf besinnen, warum die Menschen diese einmalige Naturlandschaft aufsuchen. Sicher nicht, um stundenlang im Stau zu stehen und am Ende beinahe der gleichen Luft- und Lärmverschmutzung wie zu Hause in Bozen, Rom, Hamburg oder Tel Aviv ausgesetzt zu sein. Zaghafte Pilotprojekte mit Verkehrsbegrenzungen wurden in den letzten Jahren im Rahmen von “#Dolomitesvives” schon lanciert. Dieses Projekt war sicherlich ein guter Anfang. Aber eben auch nicht mehr.” Foppa schlug eine progressive Schließung vor, um die einheimische Bevölkerung vor allem zu gewissen Zeiten nicht zu sehr zu belasten. Der zusammen mit Lanz formulierte Antrag sei ein sanfter Ansatz, eine Ausgangsbasis.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah hier vor allem einen Zuständigkeitskonflikt, darum, wer wem die Durchfahrt verbieten dürfe. Südtirol beanspruche das Recht, anderen die Durchfahrt zu verweigern, und zwar nicht nur für die Dolomitenpässe, denn morgen werde es noch mehr Ansprüche geben. Die Debatte wird morgen fortgesetzt.