Diverse Themen im Landtag

Musikgymnasium, Plastikflaschen und Basismedizin

Mittwoch, 19. Januar 2022 | 16:26 Uhr

Bozen – Im Sdütiroler Landtag wurde am Mittwochnachmittag die Plenarsitzung fortgesetzt. Die Abgeordneten behandelten Anträge von Team K, den Grünen und der Demokratischen Partei zu den Themen Musikgymnasium, Plastikflaschen, Basismedizin.

Am Nachmittag wurde die Behandlung des Beschlussantrags Nr. 226/20: Errichtung eines Musikgymnasiums (eingebracht von den Abg. Ploner A., Köllensperger, Ploner F., Rieder am 10.09.2021) fortgesetzt. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten,  die Einführung eines Musikgymnasiums in Südtirol anzustreben, um den Musikinteressierten und -begabten eine qualitativ hochwertige Oberschule samt Maturaabschluss und Fachwissen für die Musik- und Künstlerwelt anzubieten; 2. bereits bestehende allgemeinbildende Gymnasien mit Schwerpunkt Musik zu stärken und weiter auszubauen; 3. eine Arbeitsgruppe unter Einbindung der vier Gymnasien mit Musikschwerpunkt der Musikschulen und des Konservatoriums einzusetzen, welche Möglichkeiten für eine bessere Talente- und Begabtenförderung für Kinder und Jugendlich untersucht und entsprechende Vorschläge ausarbeitet.

In seiner Replik zur Debatte am Vormittag unterstützte Alex Ploner (Team K) die Anregung Repettos, das Pascoli-Gymnasium mit Musikrichtung in diesem Sinne auszubauen. Die Arbeitsgruppe sollte ergebnisoffen arbeiten können. Wie die Schüler der Sportschulen Sportler werden wollten, sollten auch die Schüler eines Musikgymnasiums ihrem Berufswunsch nachgehen können. Die Realpolitik gebe den Rahmen vor, dennoch solle man auch in der Politik Visionen verfolgen. Musiker bräuchten natürlich auch andere Bildung, z.B. Wirtschaft, damit sie wüssten, wie Steuern zu verrechnen und wie einen Honorarnote auszustellen sei.
Nach einer Beratung innerhalb der SVP wurde Punkt 1 mehrheitlich abgelehnt, während die Punkte 2 und 3 mit breiter Mehrheit angenommen wurden.

Beschlussantrag Nr. 313/20: Verzicht auf Plastik im öffentlichen Vergabewesen (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler am 07.07.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. von nun an bei allen vom Land selbst veröffentlichten Ausschreibungen betreffend die Lieferung von Nahrungsmitteln und Getränken jeglicher Art, die Führung von Kantinen, Bars und Verpflegungsdiensten, die Bereitstellung von Snack- und Getränkeautomaten für öffentliche Einrichtungen des Landes wie Schulen, Universität, Sozialdienste, Verwaltungsgebäude usw. als Bedingungen, die einen relevanten Anteil der Punkteanzahl ausmachen, folgende zwei Punkte vorzusehen: a. gänzliche Vermeidung oder bestmögliche Reduzierung der Verwendung von Flaschen, Behältern oder Utensilien aus Plastik, PET oder TetraPak im Rahmen der Dienstleistungen und Lieferungen, die Gegenstand der Ausschreibung sind; b. ausschließliche oder weitestmögliche Verwendung von lokalen oder regionalen Produkten oder solchen aus dem fairen Handel; 2. sich um eine Einigung mit dem Gemeindenverband zu bemühen, damit auch die Gemeinden und die Bezirksgemeinschaften bei der Ausarbeitung ihrer eigenen Ausschreibungen ähnliche Entscheidungen treffen.

Plastik werde aus Erdöl gewonnen, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne), PET-Flaschen würden sich erst nach tausend Jahren zersetzen. Italien gehöre zu den größten Plastikflaschenkonsumenten der Welt. Wenn die Entwicklung so weitergehe, komme man von den heutigen 400 Mio. Tonnen auf 1.800 Mio. Tonnen Plastik, die im Jahr hergestellt würden. Einige Südtiroler Krankenhäuser würden die Verwendung von Plastikflaschen bei der Auftragsvergabe einschränken, andere nicht. Bei allen Lebensmittelausgaben, die vom Land abhingen, solle daher auf Plastikflaschen weitgehend verzichtet werden.

Brigitte Foppa (Grüne) bezeichnete Kernkraft und Plastik als große Perversionen der Gegenwart. Sie erinnerte an den Aufwand für die Herstellung einer Plastikflasche, die nur einmal verwendet und dann verbrannt werde.

Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) unterstützte den Antrag und erinnerte an seinen, der den Verzicht auf Plastik in der Landesverwaltung forderte und vom Landtag angenommen wurde. Eine EU-Vorgabe verbiete die Verwendung von Einwegplastik, Italien habe aber Vorbehalte geltend gemacht. Auch Südtirol habe bei der Auftragsvergabe eine Ausnahme vom Verbot.

Paul Köllensperger (Team K) verwies auf eine entsprechende Richtlinie des deutschen Umweltministeriums für die Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung. Auch Bayern sei hier ein gutes Beispiel.

Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstützte den Antrag ebenfalls, wies aber auf das Problem der Altplastiksammlung hin. Nur PET eigne sich für das Recycling.

In Familien, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen sei das Thema angekommen, meinte Helmut Tauber (SVP), man bemühe sich, vom Plastik abzukommen. Im Tourismus habe man, auch mithilfe der IDM, Konzepte umgesetzt, um z.B. in den Berghütten auf der Plose auf Plastik zu verzichten. Andererseits gebe es Probleme mit der Versorgung.

Viele Bars und Restaurants hätten sich in den letzten Jahren sensibel gegenüber diesem Thema gezeigt, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). Bei den öffentlichen Einrichtungen gebe es noch Luft nach oben, man brauche sich nur die Getränkeautomaten ansehen.

LH Arno Kompatscher kündigte an, dass man dem Antrag nicht zustimmen könne. Nicht, weil man dagegen sei, sondern weil es erstens diesen Beschluss nicht brauche, weil er in weiten Teilen schon umgesetzt sei, und zweitens, weil die Ökobilanz der Glasflasche nur stimme, wenn sie nicht weite Wege mache und wenn sie zurückgegeben werde. Bei den Ausschreibungen müsse man auf die ganze Nachhaltigkeit schauen, nicht auf das einzelne Material. Die Kriterien des Vergabewesens sollten da mehr berücksichtigt werden.

Riccardo Dello Sbarba erinnerte daran, dass Plastik in den Landhäusern noch oft im Einsatz sei, zum Teil auch bei der Schulausspeisung. Das beste Plastik sei jenes, das nicht produziert werde, daher sollte man überall darauf verzichten, wo es möglich sei. Wenn Glasflaschen nicht wiederverwendet würden, dann sei die Umweltbilanz auch nicht ideal, aber Glas sei schon als Material nicht so umweltschädlich.

Der Antrag wurde mit 15 Ja, 19 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 406/21: Die territoriale Gesundheitsversorgung neu denken (eingebracht vom Abg. Repetto am 01.03.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, a) die grundlegende Bedeutung der ambulanten Betreuung in Südtirol anzuerkennen und die Ärzte sowie das gesamte Gesundheitspersonal bei der Verbesserung der territorialen Gesundheitsversorgung miteinzubeziehen; b) ausgehend von den Erfahrungen und den Mängeln des Systems, welche die Pandemie aufgezeigt hat, das öffentliche Gesundheitssystem in Südtirol radikal neu auszurichten und die territoriale Gesundheitsversorgung signifikant auszubauen; c) alle neuen Therapieformen zur Bewältigung der Epidemie im Landesgebiet zu fördern; d) die Lehren zu ziehen und sich dafür einzusetzen, dass das öffentliche Gesundheitswesen in künftigen Notsituationen die Hausärzte und das Netzwerk der Fachdienste in Form von Forschungsgruppen von Anfang an miteinbezieht, um einen gegenseitigen Austausch verschiedener Berufserfahrungen zu ermöglichen und die besten Behandlungsmöglichkeiten zu finden; e) in Bezug auf Punkt f) folgende Infektionszahlen auf Landesebene, unterteilt in Geimpfte und Ungeimpfte, regelmäßig, kontinuierlich und transparent zu kommunizieren:: – die Zahl der mit Covid-19-Infizierten – die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Corona-Stationen – die Zahl der Covid-19-Pazienten auf den Intensivstationen – die Zahl der Covid-19-Pazienten in Reanimation; f) die häusliche Pflege auszubauen und hierfür die Verfügbarkeit von Pulsoximetern, Geräten für ambulante Ultraschall- und Röntgenaufnahmen sowie die nötigen Sauerstoffmengen sicherzustellen; g) eine Kontaktstelle zur Sammlung von Meldungen zu Nebenwirkungen einzurichten, die das Ziel verfolgt, sich der Ängste der Personen anzunehmen und diese zu beruhigen, und somit auch als Anlaufstelle für an Long-Covid erkrankte Personen fungiert.
“Seit Beginn der Pandemie sind inzwischen zwei Jahre vergangen und es ist deutlich geworden, wie unverzichtbar die Arbeit der Hausärztinnen und Hausärzte sowie der USCA (Facheinheiten für Betreuungskontinuität) in Südtirol ist, obschon diese aus organisatorischen und strukturellen Gründen nicht ausreicht und obwohl der chronische Personalmangel durch die Suspendierungen der Impfverweigerer nun weiter verschärft wird”, erklärte Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten). “Zwar stellt die Verfügbarkeit einer neuen Generation von Medikamenten gegen das Virus keinen Ausweg dar, doch ermöglicht sie uns ein „entspannteres“ Zusammenleben mit dem Virus. Angesichts der hier beschriebenen Umstände sind alle Ärzte, Berufskammern, zuständigen Institutionen sowie die territoriale Gesundheitsversorgung mit all ihren Diensten aufgerufen, einen Perspektivwechsel zu wagen.”

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) beantragte eine getrennte Abstimmung: Er sei für eine neue Leitlinie für die Allgemeinmedizin, aber nicht für Punkt e), weil die Zahlen verwirrend sein und den Eindruck erwecken könnten, dass die Infizierten auch krank seien. Auch heute noch gilt eine Person, die wegen eines Herzinfarkts ins Krankenhaus eingeliefert wird, als Covid-Patient, wenn sie Covid-positiv ist. Knoll hob auch die Bedeutung der Ausstattung von Hausarztpraxen mit einer diagnostischen Grundausstattung hervor.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) betonte, dass es wichtig sei, die territoriale Medizin bzw. die gesamte medizinische Versorgung durch die Stärkung des Territoriums neu zu denken. Zu diesem Zweck sollte der Gesundheitsplan überarbeitet werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass der derzeitige Plan den Zeitraum 2016-2020 abdeckt: Auch er enthält eine Reihe von Punkten zur Verbesserung des Gebiets, von denen viele nicht umgesetzt worden waren. Man müsse bereits jetzt die Behandlung nach Covid andenken und dabei auch den Bedarf an Basismedizin berücksichtigen. Die Hausärzte müssten vor allem bei der Bürokratie unterstützt werden, eventuell durch Mitarbeiter.

Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) erinnerte daran, dass die Forderung laut Punkt e) bereits von seiner Fraktion im Rahmen der Haushaltsdebatte gefordert und vom Landtag angenommen wurde.

Einige Punkte des Antrags seien bereits umgesetzt, einige seien annehmbar, erklärte LR Thomas Widmann. Der PNRR stelle dafür 4,4 Mio. Euro zur Verfügung, darunter für die Betreuung von chronischen Patienten über 65 zu Hause, für die Ausbildung des Gesundheitspersonals. Auch im soziosanitären Bereich sei vieles bereits im Aufbau. Man werde daher nur einzelnen Punkten zustimmen.

Sandro Repetto zeigte sich mit der Zustimmung zufrieden. Die 4,4 Mio. aus dem PNRR seien erfreulich, aber nicht allzu viel. Wichtig sei es, Jungmediziner anzuziehen.
Die Punkte a), c), d), f) und g) wurden einstimmig angenommen, Punkt e) wurde mehrheitlich abgelehnt.

Von: luk

Bezirk: Bozen