Ständig Beschwerden über ausufernde Wartezeiten

Not in der Notaufnahme

Samstag, 20. Mai 2017 | 12:30 Uhr

Bozen – Überlastete Ärzte und verärgerte Patienten – das ist die Begleiterscheinung der ausufernden Wartezeiten in der Notaufnahme des Bozner Krankenhauses seit Jahren. Aktuelle Erfahrungsberichte verdeutlichen die Situation, schreibt das Tagblatt Dolomiten.

Dass der 24-Stunden-Dienst in der Esten Hilfe alles andere als einfach ist, liegt auf der Hand. Manchmal geht es um die Rettung von Menschenleben, wobei Sekunden entscheidend sind, manchmal jammern Patienten wegen kaum definierbarer Wehwehchen. Die Beschwerden über allzu lange Wartezeiten, mangelnde Informationen und ein Gefühl um sich greifender Ohnmacht wollen allerdings nicht abreißen.

Ärzte und Pflegepersonal sprechen von Überlastung und fühlen sich allein gelassen. Auch die Patienten sind entsetzt.

Am 9. Mai begleitete etwa Nadia Zublasing aus Eppan ihren Großvater in die Notaufnahme. Der 86-Jährige beklagt einen wässernden Fuß. Der Hausarzt rät wegen des Verdachts auf Thrombose dringend zu einer Kontrolle in der Ersten Hilfe. Um 14.10 Uhr betreten die Frau und ihr Großvater den Warteraum, erst rund zehn Stunden später verlassen sie kurz nach Mitternacht wieder das Krankenhaus – völlig entnervt und mit dem festen Vorsatz des Opas, nie mehr wiederkommen zu wollen.

„Vor allem älteren Menschen kann man so etwas nicht zumuten, und es gilt zu bedenken, dass viele Senioren eben auch von relativ alten Bekannten in die Notaufnahme begleitet werden“, erklärt Zublasing laut „Dolomiten“. Bei ihrer Ankunft waren acht Patienten mit unterschiedlicher Einstufung vor ihr.

Um 18.30 Uhr wurden Zublasing und ihr Großvater erstmals nach hinten gerufen, um den Fuß zu zeigen, um 19.15 Uhr kam der Arzt für die Blutproben. Um 21.30 Uhr werden sie endlich in die Abteilung der Gefäßchirurgie geschickt, um den Fuß zu verbinden, was sehr schnellgeht. Kurz nach Mitternacht hat die Geduldsprüfung ein Ende. „Man wird den Eindruck nicht los, dass sich hier niemand wirklich verantwortlich fühlt, und das allgemeine Bild ist einfach nur trostlos“, erklärt Zublasing.

Die Verantwortung sieht sie nicht beim zuständigen Personal, sondern vielmehr glaubt sie an jahre- und sogar jahrzehntelange Versäumnisse von oberster Stelle. Ihrem Unmut machte sie kurz vor 21.00 Uhr in einem Facebook-Posting Luft. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Beitrag unzählige Male geteilt und mehrfach kommentiert. Viele wissen, Ähnliches zu berichten, möchten ihren Namen aber nicht veröffentlichen.

Ein zweites Beispiel: Wegen eines Bandscheibenvorfalls brach der Freund von Anita Oberhöller an einem Sonntagvormittag im April zusammen. Sie rief die Rettung, die nach wenigen Minuten kam und den schmerzgeplagten Mann in die Erste Hilfe brachte. Bei der Triage wurde ihm die zweithöchste Priorität bescheinigt, dennoch habe es eine geschlagene Stunde gedauert, bis sich das Pflegepersonal nach seinem Zustand erkundigte. Nach guten drei Stunden wurde der Patient auf seiner mobilen Trage im Behandlungsraum vor der Röntgenabteilung abgestellt. Nach einer weiteren halben Stunde wurde seine Nummer aufgerufen, und der Arzt verabreichte ihm Schmerzmittel. Nach weiteren eineinhalb Stunden gab der Arzt grünes Licht und der Mann wurde entlassen. Rund acht Stunden waren seit der Einlieferung vergangen. Oberhöller tat sich unterdessen schwer, ihren kräftigen, aber immer noch nicht schmerzfreien Partner ins Auto zu verfrachten.

Zublasing hat während des Wartens in der Notaufnahme beobachtet, wie eine verzweifelte 94-jährige Frau mit mehreren Rippenbrüchen drei Stunden auf ihre Behandlung warten musste. „Die vielen Senioren haben sich nicht mehr ausgekannt, so etwas ist für alte Menschen traumatisierend“, sagt sie laut „Dolomiten“. Es gebe reihenweise Vorfälle dieser Art, wobei freilich jede Erfahrung subjektiver Natur ist. Trotzdem kommt die Frage auf, warum man die Probleme nicht in den Griff bekommt, obwohl sich das Pflegepersonal sehr bemüht.

Zwar muss nicht jeder Patient lange warten, doch sollte es nicht der Anspruch sein, dass dieser wichtige Dienst effizienter funktioniert? Immerhin funktionieren auch viele andere Dienste im Lande vorbildlich.

Von: mk

Bezirk: Bozen