Er protestiert

Pöder: „Arroganz der Macht siegt im Kampf um Sanitätsreform“

Dienstag, 21. Februar 2017 | 17:04 Uhr
Update

Bozen – „Als Sieg der Arroganz der Macht bewertet der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder, die Genehmigung der Sanitätsreform der Landesregierung in der Landtagskommission nach 40-stündiger Diskussion.

“Fast zehn Stunden Sitzungsmarathon am Freitag und 30 Stunden von gestern Montag um 9.30 bis heute Dienstagnachmittag haben letztlich dazu geführt, dass die SVP ihre Sanitätsreform in einer nicht regulären Sitzung heute Nachmittag genehmigt hat. Die Landesregierung ist der Meinung, dass das größte Gesetzeswerk in der bisherigen Legislaturperiode im Handumdrehen durch den Landtag gepeitscht werden muss und die Opposition alles abzunicken hat. Aber man trifft sich immer zweimal, wir sehen uns im Landtag”, so Pöder.

Der Abgeordnete kritisiert die Einverleibung der peripheren Krankenhäuser in die größeren Bezirkskrankenhäuser als „schleichende Aushöhlung der kleinen Krankenhäuser und die Sturheit der Mehrheit in der Sanitätsreform“. Die Verweigerung einer von der Opposition geforderten Anhörung verschiedener Interessengruppen zur Sanitätsreform sei beispiellos in der Geschichte des Landtages der letzten 20 Jahre.

Pöder legt außerdem formellen Protest  gegen die Abhaltung einer seiner Meinung nach irregulären Sitzung des vierten Gesetzgebungsausschusses im Landtag am heutigen Nachmittag ein. Auch dem Präsidium des Landtages wird Pöder einen formellen Protest samt Sachverhaltsdarstellung übermitteln.

Pöder legt derzeit In wiederholten Wortmeldungen im Repräsentationssaal im Landtag formellen Protest gegen die Behandlung der Sanitätsreformgesetzentwürfe ein.

Nach der Auseinandersetzung mit der SVP um die Sanitätsreform gibt Pöder derzeit im Rahmen der von ihm angefochtenen Sitzung bei der Behandlung der einzelnen Artikel zu Protokoll: “Ich mache darauf aufmerksam, dass für den heutigen Dienstagnachmittag keine formelle und  gemäß Art. 32 der Geschäftsordnung des Landtages korrekt einberufene Sitzung des vierten Gesetzgebungsausschusses stattfindet und dass demnach auch keine Gesetzesbestimmungen behandelt werden können. Es war für gestern (Montag, 20. Februar 2017) um 9.30 eine formelle Sitzung einberufen worden, die bis heute zur Landtagssitzung um 11.00 Uhr andauerte. Heute Dienstag um 9.04 wurde mittels zertifizierter Mail an die Mitglieder des vierten Gesetzgebungsausschusses formell korrekt mindestens 24 Sunden vorher für den morgigen Mittwoch um 10.00 Uhr eine Sitzung des Ausschusses einberufen – mit der Tagesordnung “Weiterbehandlung des Landesgesetzentwurfes 119/17″ (Sanitätsreform) und Behandlung des Landesgesetzentwurfes  118/17. Willkürlich wurde dann ohne Einladung und ohne Einhaltung der Geschäftsordnungsfristen für heute Nachmittag eine widerrechtliche Sitzung einberufen. Es kann somit heute weder eine Gesetzesbestimmung behandelt noch genehmigt werden.”

Blaas: „Konstruktiver Widerstand ist keine Obstruktion!“

„Vielen im Land scheint nach wie vor die Tragweite der Gesetzesvorlage zur Sanitätsreform nach nicht bewusst zu sein. Das wichtigste Gesetz der Legislaturperiode ist keine Angelegenheit, die es gilt durchzupeitschen und wohlwollend im Sinne der SVP abzusegnen“, meint auch der freiheitliche Landtagsabgeordnete Walter Blaas zu seiner Arbeit im IV. Gesetzgebungsausschuss.

Es bedürfe der nötigen Zeit zur Vorbereitung, der Recherche und der Auseinandersetzung mit dem Gesetzestext. Es bedürfe der kritischen Analyse, der Expertenmeinungen und Anhörungen. Eigene Initiativen seien gefordert, inhaltliche Abänderungsanträge und konstruktive Vorschläge und es gelte vor allem für die Opposition, die Fehlentwicklungen der SVP-Politik zu verhindern.

„Jegliche Kritik am Einsatz der Opposition im Gesetzgebungsausschuss ist ungerechtfertigt und entbehrt jeder Grundlage. Die Behandlung eines derartigen umfangreichen Gesetzes ist mit der nötigen Sorgfalt zu begegnen. Es ist die Pflicht eines jeden Politikers sich die Zeit zu nehmen, um sich ausgiebig mit den Sachverhalten auseinanderzusetzen“, betont Blaas.

„Weder interessieren die Ratschläge einer ehemaligen Landtagspräsidentin Unterberger noch die Befindlichkeiten der SVP, die es nicht einmal für nötig erachtete, die Interessensverbände vom Ausschuss anhören zu lassen. Von Belang ist einzig und allein die Bevölkerung Südtirols und deren berechtigter Anspruch auf ein funktionierendes Gesundheitssystem“, unterstreicht Blaas.

„Meinerseits wurden lediglich 30 inhaltliche Abänderungsanträge eingebracht, welche allesamt vom Gesetzgebungsausschuss zur Diskussion angenommen wurden“, betont Walter Blaas mit Nachdruck und widerlegt damit anders lautende Falschmeldungen. „Wenn 30 konstruktive Änderungsanträge – wovon einer angenommen und ein weiterer ergänzt wird – für den SVP-Fraktionssprecher Steger zu viel des Einsatzes seitens der Freiheitlichen ist, dann herrscht ein erheblicher Mangel an Kenntnis der demokratischen Spielregeln, kritisiert Blaas.

Jede der vorgegebenen Redezeiten sei respektiert und eingehalten worden. Als Mandatar der Opposition sehe Blaas es als seine Pflicht gegenüber der Bevölkerung an, sich einzubringen und Vorschläge zu unterbreiten.

„Die Thematik der Sanitätsreform ist weitreichend und ernst“, unterstreicht Blaas. „Niemand, der sich nur ansatzweise mit den Inhalten auseinandergesetzt hat, kann davon ausgehen, dass die Materie innerhalb weniger Stunden behandelt werden kann. Es geht um nichts weniger als um die künftige Gesundheitsversorgung unseres Landes. Jeder und jede sind davon ausnahmslos betroffen. Wer hierbei verlangt, oberflächlich zu sein, und nicht die nötige Zeit investiert, handelt verantwortungslos“, so Blaas. Oppositionspolitiker seien keine Steigbügelhalter der SVP.

Sollte dieses Gesetz in der vorgelegten Form genehmigt werden, würde dies zu einem massiven Abbau von Gesundheitsdiensten vor Ort führen. Südtirol hätte mit extremen Einschnitten im Gesundheitswesen in der Peripherie zu kämpfen und mit Einbußen in der Lebensqualität, ist Blaas überzeugt. Daher rühre auch der massive Widerstand gegen das SVP-Gesetz.

BISHER

Der IV. Gesetzgebungsausschuss hat eine Nachtsitzung hinter sich. Auf der Tagungsordnung stand die Artikeldebatte zum Gesetzentwurf Nr. 119 – Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes, vorgelegt von der Landesregierung.

Bis 18.30 Uhr wurden die ersten sechs von insgesamt 44 Artikeln behandelt.

Doch wie schon am Freitag wurden auch gestern zahlreiche Abänderungsanträge vom Landtagsabgeordneten Andreas Pöder vorgelegt, weshalb die Arbeiten nur schleppend vorangingen. Und Walter Blass von den Freiheitlichen hat zu fast allen Abänderungsanträgen das Wort ergriffen und auch noch einige eigene Anträge eingebracht.

Die Anträge der Opposition wurden aber von Ausschuss-Präsident Oswald Schiefer für unzulässig erklärt, weil sie keinen substanziellen Inhalt und sozusagen nichts mit dem Gesetz zu tun haben. Den Tipp dafür bekam Schiefer laut Medienberichten von der ehemaligen Landtagsabgeordneten Julia Unterberger.

Natürlich reagierten Pöder und Blaas verärgert auf diesen Umstand. Es kam zu Schreiduellen im hohen Haus, als mehrere 100 Änderungsanträge Pöders versenkt wurden.

Als Pöder auf Schiefers Einwand, dass dessen Antrag unzulässig sei, einfach nicht reagierte und weiterredete, verließ die Mehrheit kurzerhand den Repräsentationssaal und ließ Pöder vor leeren Sesseln reden, berichtet das Tagblatt Dolomiten.

SVP zu Obstruktion im Landtag: “Unwürdiges Schauspiel!”

SVP-Obmann Philipp Achammer und SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger kritisieren die Obstruktion der oppositionellen Abgeordneten Andreas Pöder und Walter Blaas im Südtiroler Landtag: „Niemand hat Verständnis dafür, wenn einzelne Abgeordnete hunderte Anträge ohne substanziellen Inhalt vorlegen oder sinnlose Anträge stellen, um so den Landtag lahm zu legen. Das hat mit Sachpolitik nichts mehr zu tun!“ Die oppositionellen Abgeordneten seien aufgefordert, sich einem „Wettbewerb der Ideen und Konzepte“ zu stellen, nicht einem „Wettbewerb der Papierstapel“.

Der Präsident der zuständigen Gesetzgebungskommission Oswald Schiefer habe völlig zurecht dieser Blockade-Politik einen Riegel vorgeschoben. „Wenn hunderte Seiten ohne wirkliche sachpolitische Begründung nur mit dem Zweck präsentiert werden, die Kommission am Arbeiten zu hindern, dann hat das nichts mehr mit dem Auftrag des Landtages zu tun, für die Menschen in unserem Land zu arbeiten“, so Achammer.

„Die Südtiroler Volkspartei hat sich nie einer kontroversen Sachdebatte verschlossen, im Gegenteil“, betont Steger. Den beiden oppositionellen Abgeordneten gehe es aber schon längst nicht mehr darum, das sei völlig offensichtlich. „Das sind wohl die ersten Vorzeichen des Wahlkampfes 2018.“

Von: luk

Bezirk: Bozen