"Förderungen von 100 Prozent rechtlich nicht möglich"

Protest: Vertreter der Tierschutzvereine bei Landesrat Schuler

Mittwoch, 07. Dezember 2016 | 17:29 Uhr

Bozen – Der Tierschutz wird in Südtirol mit jährlich circa 600.000 Euro an öffentlichen Geldern unterstützt: 300.000 Euro für das öffentliche Tierheim Sill, in dem alle Tierarten aufgenommen werden, plus 300.000 Euro für die privaten Tierheime und die Tierschutzvereine; dazu kommen noch die Spesen für die sechs Tieraufseher (Hundefänger), die das Land übernimmt.

Beim heutigen Treffen mit Vertretern des Südtiroler Tierfreundevereins, des Tierschutzvereins Oberpustertal, der Initiative Tierrechte Südtirol, des Tierschutzvereins Bruneck-Gadertal, des Vereins Tierheim Obervintl, des Tierheims Naturns, des Tierschutzvereins Leuchtenburg und des Tierschutzvereins Überetsch-Unterland legte Landesrat Arnold Schuler Zahlen auf den Tisch.

Die Tierschützer kritisieren das Land hingegen, da es ihrer Ansicht nach zu wenig Geld für den Tierschutz bereitstelle. Seit heuer müssen die Tierschutzorganisationen ihre Ausgaben belegen und bekommen erst dann eine Förderung. Am Donnerstagnachmittag fand eine Protestkundgebung vor dem Landhaus in Bozen statt.

Die Beiträge für das Tierheim Obervintl der Jahre 2014 und 2015 konnten aufgrund beanstandeter Unregelmäßigkeiten nicht ausgezahlt werden. Der Rekurs des Vereins wurde vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen. Diese Beträge sind zusätzlich an die Tierschutzvereine ausbezahlt worden.

Im öffentlichen Tierheim Sill stehen für Hunde 40 Plätze zur Verfügung und für Katzen 50; im Tierheim Naturns sind es 24 Hunde und 40 Katzen und im Tierheim Vintl 40 Hunde und 50 Katzen. Allerdings weist das öffentlich geführte Tierheim Sill das Vier- bis Fünffache an Tierbewegungen aus.

“Die Kriterien für die Zuweisung der Tierschutzbeiträge werden mittels Beschluss der Landesregierung festgelegt”, stellte Landesrat Schuler klar, “mit dem Beschluss der Landesregierung vom 3. Mai dieses Jahres wurde ein neuer Verteilungsschlüssel eingeführt”. Diese Beträge, unterstrich er, sind in den letzten Jahren gleich geblieben. Allerdings, erklärte er, wurde eine Veränderung des Verteilungsschlüssels vorgenommen, und zwar durch stärkere Bezuschussung der Vereine und weniger Bezuschussung der Tierheime. “Nachdem die Beitragsvergabe mit diesem Beschluss völlig neu geregelt wurde, kann man sie schwer mit den Vorjahren vergleichen”, betonte der Landesrat.

Bis zum Jahre 2014 wurden Kastrationen von Katzen über den Sanitätsbetrieb von freiberuflichen Tierärzten durchgeführt: 2014 wurden 645 Katzen kastriert bei einem Beitrag von 38.982 Euro, das sind 60,43 Euro pro Katze. Ab 2015 wurde in Absprache mit dem Präsidenten der Tierfreundevereins Walter Pichler und von Roland Aufderklamm vom Tierschutzverein Unterland-Überetsch diese Vorgehensweise abgeändert, und die Vereine wurden direkt entschädigt. Seitdem stiegen die Kosten enorm: 2015 wurden für die Kastration von 538 Katzen 63.209 Euro  verwendet, was 117,48 Euro pro Katze ergibt.

“Südtirol”, legte Landesrat Schuler dar, “gibt im Bereich des Tierschutzes heute schon deutlich mehr aus als andere Länder” und führte Vergleichszahlen an:

In der Provinz Trient gibt es zwei Tierheime. Diese haben mit den umliegenden Gemeinden Konventionen zur Unterbringung streunender Hunde abgeschlossen. Beispielsweise erhält das Tierheim in der Stadt Trient von der Gemeinde Trient 109.000 Euro. Die Provinz Trient finanziert diese Tierheime nicht. Drei Tierschutzvereine haben für das Jahr 2017 bei der Landesverwaltung um Beiträge angesucht. Einer von den dreien wurde ausgeschlossen, die anderen beiden erhalten zusammen 22.000 Euro. Noch einmal im Vergleich dazu: Das Land Südtirol zahlt 600.000 Euro.

In Österreich zahlen viele Bundesländer Pauschalbeträge für die Unterbringung von Hunden und Katzen. Wien zahlte 2014 z.B. 800 Euro pro Eintritt eines Hundes und 450 Euro pro Eintritt einer Katze, Salzburg bezahlte 720 Euro bzw. 420 Euro, Kärnten 217 Euro bzw. 93 Euro. Tirol bezahlt eine Pauschale von circa 200.000 Euro für den gesamten Tierschutz.

In Deutschland erhalten die Tierheime nur für die aufgefundenen streunenden Tiere vonseiten der Gemeinden finanzielle Entschädigungen. Diese Entschädigungen macht laut Schätzung des Deutschen Tierschutzbundes nur etwa ein Viertel der Spesen aus.

Bereits heute bezahlt die Südtiroler Landesverwaltung für einen Platz eines Hundes oder einer Katze in den privaten Tierheimen 827 Euro (Tierheim Obervintl) bzw. 966 Euro (Tierheim Naturns) pro Jahr bzw. aufgrund der unterschiedlichen Anzahl an aufgenommenen Tieren 265 Euro (Tierheim Obervintl) und 1085 Euro (Tierheim Naturns) pro angenommenem Tier. So hat etwa das Tierheim Obervintl im vergangenen Jahr 2015 insgesamt 50 Hunde und 231 Katzen aufgenommen und das Tierheim Naturns 20 Hunde und 37 Katzen.

“Förderungen im Ausmaß von 100 Prozent sind nicht finanzierbar”, erklärte Landesrat Schuler. Gefordert werden sogar 100 Prozent der Kosten plus 20 Prozent für Verwaltungsaufgaben plus 15 Prozent für Öffentlichkeitsarbeit, was in Summe 135 Prozent ergibt.

Die Kosten pro Platz würden für die öffentliche Verwaltung auf 3360 Euro im Jahr, das sind 280 Euro im Monat, im Falle des Tierheimes Obervintl steigen: Das, betonte Landesrat Schuler, sei nicht mehr zu rechtfertigen. Es gäbe keine Begrenzung und somit einen Freibrief für Ausgaben.

Zudem ist der Tierschutz ein Bereich, für den relativ viel gespendet wird. So erhält das Tierheim Obervintl über die Absatzbeträge aus den Steuerklärungen im Jahr 2014 beinahe 51.000 Euro, das Tierheim Naturns rund 30.000 Euro. Weitere Spenden kommen aus verschiedenen Spendenaktionen. So hat das Tierheim Obervintl im Jahr 2015 Spenden von Dritten in Höhe von 72.210,60 Euro erhalten und das Tierheim Naturns 47.864,21 Euro.

Um die Tierschutzvereine von Kosten zu entbinden, unterbreitete ihnen Landesrat Schuler einen Vorschlag: Im Tierheim Sill werden derzeit jährlich an die 1000 Katzen kastriert. Bis heute wurden die Termine von vielen Tierschutzvereinen kaum in Anspruch genommen. Sollten die Termine nicht ausreichen, könnten freiberuflich tätige Tierärzte zeitweise angestellt werden. Ziel ist es, die heutigen Kapazitäten um jene Anzahl an Katzen zu erhöhen, die von den Tierschutzvereinen bisher jährlich kastriert wurden. Diese Kastrationen sind für die Vereine kostenlos, somit ist der Bedarf im Gebiet Salurn bis Töll und unteres Pustertal abgedeckt. Um den Tierschutzvereinen Transportwege nach Bozen und somit Kosten zu ersparen, kann der Transport der Tiere mit der Mitarbeit der Tieraufseher organisiert und koordiniert werden.

Die Vereine außerhalb dieses Gebietes erhalten einen Zuschlag auf die heutige Beitragssumme. Für die ordentliche Tätigkeit und Sonderfälle werden weiterhin Beiträge vorgesehen.

Von: mk

Bezirk: Bozen