Von: APA/Reuters/dpa/AFP
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich erneut zu einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj bereit erklärt. Selenskyj könne nach Moskau kommen, wenn es die Aussicht auf ein gutes Ergebnis gebe, sagte Putin zum Abschluss seines viertägigen China-Aufenthalts in Peking bei einer im Staatsfernsehen übertragenen Pressekonferenz. Für den Fall eines Scheiterns möglicher Ukraine-Friedensgespräche kündigte Putin eine Fortsetzung der Kämpfe an.
Ich denke, da ist ein Licht am Ende des Tunnels”, sagte Putin am Mittwoch bei seinem Besuch in Peking zu Journalisten. Er fügte an: “Wir werden sehen, wie sich die Lage entwickelt.” Sollten die Gespräche scheitern, “werden wir unsere Aufgaben militärisch erledigen müssen”, betonte Putin. Zur Lage auf dem Schlachtfeld in der Ukraine sagte Putin, alle “Verbände der russischen Streitkräfte” befänden sich “an allen Frontabschnitten in der Offensive”.
Putin hielt sich am Mittwoch in der chinesischen Hauptstadt auf, um dort an der Seite des chinesischen Staatschefs Xi Jinping und des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un an einer riesigen Militärparade zum 80. Jahrestags der Kapitulation Japans zum Ende des Zweiten Weltkriegs teilzunehmen.
Selenskyj hatte immer wieder ein Treffen mit Putin gefordert, um direkt über einen Waffenstillstand im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verhandeln. Putin hingegen betonte wiederum neuerlich, nur zu einem Treffen bereit zu sein, wenn es gut vorbereitet sei.
Putin: Habe mit Trump gesprochen
Der Kremlchef sagte auch, dass er darüber mit US-Präsident Donald Trump gesprochen habe. “Donald hat mich gebeten, wenn möglich, ein solches Treffen zu organisieren. Ich habe gesagt: Ja, das ist möglich. Schlussendlich kann Selenskyj, wenn er bereit ist, nach Moskau kommen – ein solches Treffen wird stattfinden”, sagte Putin, der sich erstmals vor der Presse äußerte seit seinem Gipfel mit Trump in Alaska Mitte August.
Nach mehreren Gesprächsrunden von Unterhändlern aus Russland und den USA hatte Trump Mitte August Kreml-Chef Wladimir Putin zu Gesprächen in Alaska empfangen. Ein Durchbruch wurde dabei nicht erzielt, das von Trump in Aussicht gestellte persönliche Treffen zwischen Putin und Selenskyj zeichnete sich vorerst nicht konkret ab.
Trump hatte sich zuvor ernüchtert von Putin gezeigt. “Ich bin sehr enttäuscht von Präsident Putin, das kann ich sagen, und wir werden etwas tun, um den Menschen zu helfen, zu leben”, sagte er in einem Radio-Interview am Dienstag. Details, wie den Menschen in der Ukraine geholfen werden soll, nannte er nicht.
Putin äußert wieder Zweifel an Selenskyjs Legitimität
Einmal mehr äußerte der Kremlchef aber Zweifel daran, dass Selenskyj befugt ist, solche Verhandlungen zu führen. Er sagte, dass die reguläre Amtszeit Selenskyjs im vorigen Jahr abgelaufen sei. Zwar gebe es in der Ukraine wegen des Kriegsrechts keine Wahlen. Aus Sicht Putins bedeutet das aber nicht, dass Selenskyjs Befugnisse weiter gelten. Er fordert eine Legitimierung durch eine Wahl, um so auch ein mögliches Friedensabkommen abzusichern.
Die Ukraine beruft sich auf die Verfassung, nach der die Amtsbefugnisse des Präsidenten wegen des Kriegsrechts weiter gelten. Dagegen meinte der Kremlchef mit Blick auf die ukrainische Verfassung, dass aus seiner Sicht die Befugnisse auf den Parlamentspräsidenten übergehen müssten.
Für einen Frieden fordert Russland die Ukraine unter anderem auf, die von Moskau annektierten Gebiete aufzugeben. Selenskyj lehnt einen Gebietsverzicht aber kategorisch ab – und verweist auf die ukrainische Verfassung, die das nicht erlaube. Putin führt seit mehr als dreieinhalb Jahren Krieg gegen die Ukraine.
Zuvor hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow bereits erklärt, dass Moskau eine Fortsetzung der Gespräche zwischen Russland und der Ukraine erwarte. Dabei müssten allerdings die aktuellen territorialen Realitäten anerkannt und neue Systeme von Sicherheitsgarantien geschaffen werden, sagte Lawrow in einer Stellungnahme, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax in der Nacht auf Mittwoch berichtete. Russland griff unterdessen die Ukraine aus der Luft wieder massiv an.
Mindestens neun Tote bei neuen russischen Angriffen im Osten der Ukraine
Bei russischen Angriffen im Osten der Ukraine wurden am Mittwoch nach Behördenangaben mindestens neun Menschen getötet. Die Drohnen- und Artillerieangriffe trafen die umkämpfte Stadt Kostjantyniwka, erklärte der Gouverneur der ostukrainischen Region Donezk, Wadym Filaschkin. Mindestens sieben weitere Menschen seien verletzt worden. Kostjantyniwka liegt an der Straße nach Kramatorsk. Die Großstadt im Donbass ist für die Logistik der ukrainischen Streitkräfte an der Front in Donezk von großer Bedeutung. Derzeit hält die russische Armee rund 20 Prozent des ukrainischen Territoriums besetzt.
Mehr als 500 Drohnen und Marschflugkörper
In der Nacht hatte Russland nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe mit mehr als 500 Drohnen und Marschflugkörpern angegriffen. 430 Drohnen und 21 von 24 Marschflugkörpern seien abgefangen worden. An 14 Orten habe es aber Einschläge gegeben. Dabei wurden in der zentralukrainischen Region Kirowohrad mindestens fünf Menschen verletzt, darunter vier Bahnarbeiter wie die Behörden mitteilten. Zudem wurden mehrere Häuser und auch Bahnanlagen beschädigt. Das staatliche Bahnunternehmen warnte, dass es wegen der Schäden zu Verspätungen bei zahlreichen Verbindungen kommen könne.
In den westukrainischen Gebieten Iwano-Frankiwsk und Chmelnyzkyj verursachten die Angriffe Brände, ebenso weiter im Norden im Gebiet Luzk. Die Rede war von Infrastrukturanlagen, Wohngebäuden oder Garagen. Dabei machen ukrainische Behörden stets nur Angaben über Schäden an zivilen Objekten, nie zu getroffenen Militäreinrichtungen. Ukrainischen Angaben zufolge dauerte der Luftalarm stundenlang an.
Ukrainische Drohnen über Russland
Die russischen Streitkräfte griff nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau in der Nacht auf Mittwoch Treibstoffanlagen in der Ukraine an. Auch die Transportinfrastruktur sei beschossen worden. Sie seien zu militärischen Zwecken genutzt worden, erklärte das Ministerium. Beide Kriegsparteien bestreiten, dass ihr Militär gezielt zivile Einrichtungen angreift.
Zugleich flog die Ukraine ihrerseits nachts größere Drohnenangriffe gegen Ziele im russischen Hinterland. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. 105 Drohnen seien abgefangen worden. Zu Schäden wurden keine Angaben gemacht. Die Ukraine wehrt sich mehr als dreieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion.
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