Insektenfreundliche Gemeindeplanung abgelehnt

Rettungsgasse in Südtirol: Antrag im Landtag angenommen

Mittwoch, 10. April 2019 | 15:02 Uhr

Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von Grünen und Freiheitlichen zu den Themen insektenfreundliche Landschaftsplanung und Rettungsgasse in Südtirol behandelt.

Beschlussantrag Nr. 41/19: Insektenfreundliche Gemeindeplanung (eingebracht von den Grünen am 5.2.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, Erstens einen landesweiten Wettbewerb oder Preis auszuschreiben, der die Insektenfreundlichkeit der Gemeindeplanung zum Inhalt hat; Zweitens jährlich eine oder zweijährlich drei Gemeinden auszuzeichnen, die sich der insektenfreundlichen Gestaltung ihrer öffentlichen Flächen verschrieben haben; Drittens durch entsprechende Maßnahmen den Preis und das dahinterstehende Anliegen der Artenvielfalt und Biodiversität bekannt zu machen und zu fördern.

“In Europa sind rund 45 Prozent der Insektenarten in ihrem Bestand rückläufig oder bereits vom Aussterben bedroht”, bemerkten die Grünen. “Die Gründe für den Insektenrückgang sind vielfältig, einer davon ist das Fehlen ausreichender Lebensräume und Nahrungsquellen.” Sie verwiesen auf Beispiele in Baden-Württemberg, wo Kreisverkehre und Rastplätze insektenfreundlich umgestaltet wurden. Die Insekten seien Nahrungsgrundlage für andere Tiere, in Zukunft wahrscheinlich auch für die Menschen.

Die Freiheitlichen unterstützten den Antrag, ein Einsatz sei auf allen Ebenen nötig. Der vorgeschlagene Ansatz sei mit geringen Kosten umsetzbar.
Die Süd-Tiroler Freiheit betonte, dass man dem Artensterben rechtzeitig vorbeugen müsse. Es gelte, insektenfreundliche Plätze auch im privaten Bereich zu fördern.
Das Team Köllensperger regte an, die Bezirksgemeinschaften einzubinden und auch die Touristen dafür zu sensibilisieren, dass bestimmte Plätze nicht so “gepflegt” aussehen.

L’Alto Adige nel cuore machte einen ironischen Hinweis auf die Tigermückenplage in Bozen aufgrund der vielen Pfützen. Man verstehe das Anliegen, aber es sei für Südtirol sicher nicht prioritär.

Die SVP sprach sich gegen den Antrag aus. Ein Schild oder ein Preis seien zu wenig, Insektenplätze z.B. an der Autobahn seien für die Insekten nicht angemessen. Das Anliegen sei wichtig, verlange aber nach besseren und umfassenderen Lösungen.

Die Lega unterstützte ebenfalls zwar das Anliegen, aber nicht die Methode. Es gebe bereits einen Wildwuchs an Schildern, Preisen und Auszeichnungen.
Die Landesregierung bestätigte die Problemstellung, die Landschaft sei in den letzten Jahrzehnten zu sehr “aufgeräumt” worden. Man müsse die Situation auch differenziert sehen: Während viele Wildbienenarten bedroht seien, habe sich die Zahl der Ertragsbienen in den letzten Jahren verdoppelt. Das Thema sei umfassender anzugehen, man werde ein Gesamtkonzept vorlegen.

Die Grünen legten eine geänderte Fassung des Antrags vor: Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, Erstens einen landesweiten Wettbewerb oder Preis auszuschreiben, der die Insektenfreundlichkeit der Landschaftsplanung zum Inhalt hat; Zweitens in periodischen Abständen Gemeinden bzw. Bezirksgemeinschaften auszuzeichnen, die sich der insektenfreundlichen Gestaltung ihrer öffentlichen Flächen verschrieben haben; Drittens durch entsprechende Maßnahmen den Preis und das dahinterstehende Anliegen der Artenvielfalt und Biodiversität bekannt zu machen und zu fördern.

Der Antrag wurde mit 15 Ja, 16 Nein bei einer Enthaltung abgelehnt.

 

Beschlussantrag Nr. 25/19: Einführung des Systems der “Rettungsgasse” in Südtirol (eingebracht von den Freiheitlichen am 18.1.2019). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, in Rom zu intervenieren, damit die Regelung für die Bildung einer Rettungsgasse in Notfallsituationen, wie es derzeit in mehreren europäischen Staaten praktiziert wird, in die staatliche Straßenverkehrsordnung aufzunehmen (heute vorgelegte, geänderte Fassung).

“In mehreren europäischen Ländern ist die sogenannte „Freie Gasse“, häufig bekannt als Rettungsgasse, seit geraumer Zeit fester Bestandteil der jeweiligen Straßenverkehrsordnung”, erklärten die Freiheitlichen. “Damit gemeint ist der von den Verkehrsteilnehmern gebildete freie Fahrweg in der Mitte einer mehrspurigen Straße, der im Falle eines Unfalls den Rettungskräften – sprich sämtlichen Einsatzfahrzeugen, Fahrzeugen des Straßendienstes und Fahrzeugen des Pannendienstes – eine freie, ungehinderte Durchfahrt zur Unfallstelle gewährleistet. Vor allem bei regem Verkehrsaufkommen, welches zu zähem Verkehrsfluss und Stau führt, kann so ein schnelles Vorankommen der Rettungskräfte sichergestellt werden. In Südtirol ist das System der Rettungsgasse vorwiegend aus der deutschsprachigen Medienberichterstattung bekannt. Wie diverse Beispiele bei Unfällen auf Südtirols Straßen belegen, wird die Bildung einer Rettungsgasse von Verkehrsteilnehmern zum Teil bereits auf vorbildliche Art und Weise praktiziert, obwohl die italienische Verkehrsordnung keine Rettungsgasse im eigentlichen Sinn vorsieht. Es würde der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer auf Südtirols Straßen dienen und gleichzeitig unseren Rettungskräften zu einem schnelleren Eingreifen verhelfen, wenn eine Rettungsgasse nach deutschem und österreichischem Vorbild in Südtirol anhand öffentlichkeitswirksamer Kampagnen etabliert würde.” Man könnte auch den Mut aufbringen und die Rettungsgasse empfehlen, auch wenn sie noch nicht der italienischen Straßenverkehrsordnung entspreche.

Die SVP stimmte dem Antrag zu. Man hoffe auf die nötige Disziplin, damit die Rettungsgasse auch eingehalten wird. Da sei Sensibilisierung nötig. Die Rettungsgasse sei auch wichtig, um den Stau aufzulösen.

Die Süd-Tiroler Freiheit plädierte für eine einheitliche europäische Lösung. Das Problem sei die Wahrnehmung, ab wann eine Rettungsgasse gebildet werden müsse, da herrsche viel Unsicherheit. Auf jeden Fall wäre eine einheitliche Lösung auf der Brennerautobahn sinnvoll.

Das Team Köllensperger wies darauf hin, dass in den Ländern, in denen die Rettungsgasse vorgeschrieben sei, die Einsatzzeit der Rettungsfahrzeuge um ca. 10 Prozent verkürzt werde und die Rettungschancen um ca. 40 Prozent gesteigert würden. Die Autobahn könnte auch bei bestehender Rechtslage zur Bildung der Rettungsgasse anhalten, aber auch auf der Mebo oder breiteren Landesstraßen sei das möglich.

Die Grünen begrüßten den Antrag und fragten, wie man bei der dynamischen Spur auf der A22 die Rettungsspur gewährleisten wolle. Insofern sei der Antrag ein positiver Vorstoß.

Es sei wichtig, dieses Thema auch grenzüberschreitend anzugehen, betonte die Landesregierung. Wenn es keine einheitlichen Regeln gebe, habe man Barrieren. Eine einseitige Einführung der Rettungsgasse in Südtirol sei nicht sinnvoll, dann würde man die Autofahrer spätestens beim Übergang ins Trentino verunsichern. Die Landesregierung werde das Thema auf jeden Fall einbringen, auch bei der Plattform Brennerkorridor und auf EU-Ebene.

Der Antrag wurde mit 31 Ja und einer Enthaltung angenommen.

Von: luk

Bezirk: Bozen