"Südtiroler Regierung will uns mundtot machen"

Nach Anzeige: Umweltinstitut lässt sich nicht einschüchtern

Freitag, 29. September 2017 | 15:08 Uhr
Update

Bozen/München – Das Umweltinstitut München reagiert mit einer Aussendung auf die Strafanzeige von Landwirtschaftlandesrat Arnold Schuler. In einem Interview in der Zeitung „Dolomiten“ hat der Südtiroler Landesrat Arnold Schuler bestätigt, Anzeige gegen das Umweltinstitut München sowie den Filmemacher Alexander Schiebel gestellt zu haben.

Das Umweltinstitut unterstützt AktivistInnen in Südtirol beim Kampf gegen Pestizide im größten Apfelanbaugebiet Europas. Schuler wirft dem Institut „üble Nachrede“ sowie die „Verbreitung von Falschinformationen zum Schaden der Südtiroler Landwirtschaft“ vor. Das Umweltinstitut weist die Vorwürfe jetzt scharf zurück.

„Dass der stetig wachsende Widerstand gegen Pestizide nun mit Hilfe von Strafanzeigen mundtot gemacht werden soll, ist völlig inakzeptabel“, sagt Fabian Holzheid, Pressesprecher und Vorstand beim Umweltinstitut München. „Wir werden uns nicht davon einschüchtern lassen, dass die Landesregierung unbequeme Wahrheiten nun als ‚üble Nachrede‘ diffamieren will. Damit gesteht die Landesregierung nur ein, dass ihr die Argumente ausgegangen sind.“

Der Schritt des Landesrats sei vorläufiger Höhepunkt in einer Reihe von Maßnahmen, die die Südtiroler Landesregierung ergriffen habe, um die Arbeit der Pestizidgegner zu behindern: “Unter anderem schrieb Landeshauptmann Arno Kompatscher am 15. September 2017 einen Brief an den Präsidenten des deutsch-französischen Fernsehsenders ARTE, in dem er eine geplante Fernsehdokumentation über den Kampf gegen Pestizide in Südtirol kritisierte. Dies wurde in der Presse als Versuch gewertet, die Ausstrahlung im letzten Moment zu verhindern”, heißt es in der Aussendung des Umweltinstituts.

Das Umweltinstitut hatte im August im Zentrum Münchens mit einem Großplakat auf die Belastung durch die konventionelle Obstwirtschaft in Südtirol aufmerksam gemacht und öffentlich dazu aufgerufen, einen Appell an Landeshauptmann Kompatscher zu senden. “In diesem wird er dazu aufgefordert, Gemeinden auf dem Weg zur Pestizidfreiheit zu unterstützen”, so das Umweltinstitut.

BISHER

Landesrat Arnold Schuler hat gestern bei der Staatsanwaltschaft in Bozen Strafanzeige gegen das Umweltinstitut München, den Buchautor Alexander Schiebel und dessen Verlag hinterlegt – und zwar wegen übler Nachrede und Verbreitung von Falschinformationen zum Schaden der Südtiroler Landwirtschaft.

Das Münchner Umweltinstitut hatte im August im Zentrum von München ein Großplakat aufgehängt, das vor der Pestizidbelastung durch die Südtiroler Landwirtschaft warnte.

Für Unmut sorgte auch eine Aktion, bei der Radfahrer in Schutzanzügen und Atemschutzmasken im Burggrafenamt unterwegs waren.

Für Schuler ist es nun Zeit, ein Stopp-Schild aufzustellen. Südtirols Landwirtschaft werde seit Monaten „gezielt in ein falsches Licht gerückt“.

Mehr Hintergründe zu der Anzeige des Landesrats lest ihr in der heutigen „Dolomiten“-Ausgabe!

Grüne: “Schulers Anzeige ist unerhört und unklug”

“Unerhört. Und unklug. So beurteilen wir diesen Schritt. Unerhört, weil von den beiden Angezeigten – vielleicht auch drastisch und etwas überzogen, oder nicht jedem Geschmack entsprechend – Kritik an einer Tatsache geäußert wurde, die in Südtirol Realität ist: Der Großteil der Landwirtschaft Südtirols verwendet nun einmal chemisch-synthetische Pestizide. Der Landesrat für Landwirtschaft sollte Garant für die Vielfalt in der Landwirtschaft sein und sich nicht auf eine Seite schlagen – auch wenn es vielleicht politisches Kapital bringt”, so die Grünen in Südtirol.

“Außerdem beweist Schuler, dessen Vermittlerposition wir andernorts durchaus schätzen, hier politische Kurzsichtigkeit. Durch diesen Schritt führt er zu genau jener Polarisierung der Meinungen, die er bisher immer hatte vermeiden wollen. Polarisierung entzweit und ist nicht produktiv. Schade, dass Arnold Schuler hier auf die Provokationen hereingefallen ist, anstatt sich von ihnen zu Umdenken und Zukunftsweisung inspirieren zu lassen”, schließen die Grünen.

 

 

 

Von: luk

Bezirk: Bozen