Von: ka
Barcelona – Der Wahlsonntag des vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärten Unabhängigkeitsreferendums wurde in vielen Teilen Kataloniens von Gewalt überschattet. Bei der Erstürmung der improvisierten Wahllokale wendete die spanische Policia nacional und die Guardia Civil gegen die Besetzer von öffentlichen Lokalen und gegen auf ihre Stimmabgabe wartende Menschen vielerorts Gewalt an.
Ein ganz besonders krasser Fall von überzogener Gewaltanwendung durch die Polizei ereignete sich in der Schule „Pau Claris“ im Stadtteil Eixample von Barcelona. In der Schule, die für das Referendum in ein Wahllokal umfunktioniert wordern war, befanden sich viele Bürger, darunter auch Kinder und ältere Menschen, die die Wahlräume besetzt hielten oder auf die Abgabe ihrer Stimme warteten. Unter ihnen hielt sich auch die 33-jährige Marta Torrecillas auf. Als die Policia Nacional die Schule stürmte, erlitt Marta Torrecillas schwere Misshandlungen und – wie sie mit weinender Stimme später erzählte – soll sie angeblich auch Opfer einer sexuellen Belästigung geworden sein.
Der Übergriff ereignete sich, wie die Onlineausgabe der katalanischen Tageszeitung „La Vanguardia“ berichtete, als Marta Torrecillas Kinder und ältere Menschen vor dem Zugriff der Polizei schützen wollte.
„Sie rissen mich weg, warfen mich die Treppe hinunter, traten auf mich ein und brachen mir nacheinander die ganzen Finger. Als ich mitten auf der Treppe lag und sich meine Kleidung gehoben hatte, berührten sie meine Brüste. Dabei lachten sie und schlugen weitere Male auf mich ein“, so die tief betroffene 33-Jährige. Die kurz nach diesen Geschehnissen aufgenommene WhatsApp-Nachricht mit der erschütternden Zeugenaussage von Marta Torrecillas wurde von der Mutter eines Freundes wenig später öffentlich gemacht.
Das Video, das von Zeugen in der Schule mit dem Smartphone gedreht wurde, scheint die Zeugenaussage von Marta Torrecillas zu bestätigen. Darin sind Beamte der Policia Nacional zu sehen, wie sie die 33-Jährige festhalten, ihr T-Shirt anheben und sie die Treppe hinunterschleifen.
El estremecedor relato de la experiencia de Marta Torrecillas con la Policía Nacional https://t.co/LlRUatDAcy #CatalanReferendum pic.twitter.com/eGzFBYc5Ls
— La Vanguardia (@LaVanguardia) October 1, 2017
Kurze Zeit danach wurde Marta Torrecillas von den Rettungskräften erstversorgt. Eine Einlieferung ins Krankenhaus lehnte die 33-jährige Frau aber ab, weil sie vorher ihre Stimme abgeben wollte.
Trotz dieser und anderer ähnlicher Vorkommnisse wurde von Seiten der Regierung die Ansicht vertreten, dass der Einsatz der Polizei „professionell und verhältnismäßig“ gewesen sei. Dies war in dieser Schule sicher nicht der Fall.