"Gegen die faschistische Toponomastik"

STF fordert wissenschatfliche Wahrheit bei Ortsnamen

Dienstag, 08. November 2016 | 13:26 Uhr

 

Bozen – „Siste Signa“ – Zeichen setzen! So ist es auf dem Siegesdenkmal zu lesen. Die Süd-Tiroler Freiheit ist sich sicher: “Zeichen setzen wollte man im Faschismus auch mit frei erfundenen Orts- und Flurnamen, um die „italianità“ des „Alto Adige“ zu suggerieren. Bis heute werde diese – nur scheinbare – Italianität verteidigt, auch unter dem Deckmantel der Wissenschaft.” Die Wissenschaft dürfe jedoch, so die Süd-Tiroler Freiheit, nicht für italienisch-nationalistische Zwecke instrumentalisiert werden. Die Wissenschaft solle der Wahrheit dienen.

Unter diesem Motto präsentierte die Bewegung am 8. November auf einer Pressekonferenz einen Beschlussantrag, in dem es um die Perzeption der faschistischen Orts- und Flurnamengebung in Südtirol geht.

Der Beschlussantrag versteht sich als Reaktion auf die Initiative von 48 Professoren der „Accademia della Crusca“ (Sprachgesellschaft zur Bewahrung der italienischen Sprache).

“Zur Erinnerung: Mitte Oktober wandten sich diese in einem Appell für den Erhalt der so genannten italienischen Toponomastik in Südtirol („Alto Adige“) an den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella und an alle Institutionen der italienischen Regierung, des italienischen Verfassungsgerichts sowie der Autonomen Provinz Bozen.” In der Initiative, die nicht nur von Sprachwissenschaftlern aus Italien, sondern auch aus Deutschland unterzeichnet wurde, sieht die Süd-Tiroler Freiheit den Versuch, die tolomeisch-faschistische Orts- und Flurnamengebung in Südtirol nicht nur politisch, sondern nunmehr auch noch wissenschaftlich zu rechtfertigen.

Cristian Kollmann, selbst ebenfalls Sprachwissenschaftler und zudem Toponomastikexperte, hält fest: „Die Initiative hält keiner seriösen wissenschaftlichen Gegenprobe stand und muss daher aufs Schärfste verurteilt werden. Selbiges erwarten wir uns mit vorliegendem Beschlussantrag vom Südtiroler Landtag.“ Besonders schädlich für die Reputation der Wissenschaft bezeichnet Kollmann die Behauptung der Unterzeichner, dass Tolomei bei seinen Ortsnamenschöpfungen nach wissenschaftlichen Kriterien vorgegangen sei. „So eine Behauptung kann nur jemand aufstellen, der entweder von Wissenschaft keine Ahnung hat oder die wissenschaftliche Wahrheit bewusst unterdrücken will, weil sie nicht in sein ideologisches Konzept passt!“, kritisiert Kollmann. Anhand von zahlreichen Beispielen lasse sich die angebliche Wissenschaftlichkeit von Tolomeis Namenschöpfungen sehr leicht widerlegen: Collalbo für Klobenstein, Colterenzio für Schreckbichl, Sonvigo für Aberstückl, Cardano für Kardaun, Gleno für Glen, Rencio für Rentsch, Aldino für Aldein, Malles für Mals, Siusi für Seis – all diese und viele weitere so genannte „italienischen“ Orts- und Flurnamen seien entweder von Tolomei frei erfunden bzw. auf Grund von mangelnden sprachhistorischen Kenntnissen falsch rekonstruiert!

Die Süd-Tiroler Freiheit erwartet sich vom Südtiroler Landtag, dass dieser, so wie im Beschlussantrag vorgesehen, jede Initiative, mit der die Wissenschaft, insbesondere die Sprachwissenschaft, für politische Zwecke instrumentalisiert wird, sowie Versuche, faschistische Orts- und Flurnamen als entfaschistisiertes Kulturgut zu reinterpretieren, missbilligt. Ebenso soll der Südtiroler Landtag aufgefordert werden, den Beschlussantrag denselben Institutionen zur Kenntnis zu bringen, denen der Appell der „Accademia della Crusca“ zugeschickt wurde.

Von: luk

Bezirk: Bozen