Von: mk
Bozen – Die SVP-Leitung hat am heutigen Samstagvormittag die Kandidatenvorschläge des Partito Democratico (PD) für den Wahlkreis Bozen – Gianclaudio Bressa für den Senat und Maria Elena Boschi für die Kammer – gutgeheißen. „Wir haben deshalb unsere Unterstützung ausgesprochen, weil die beiden PD-Kandidaten in den vergangenen Jahren glaubwürdig – und zwar durch Taten und nicht nur durch Worte – bewiesen haben, zum Schutz und zur Weiterentwicklung unserer Autonomie zu stehen“, so SVP-Obmann Philipp Achammer.
Der Parteiausschuss der Südtiroler Volkspartei hatte bereits am 15. Jänner einem territorialen Abkommen mit dem PD zugestimmt, das Vorschlagsrecht für den mehrheitlich italienischsprachigen Wahlkreis Bozen lag diesem Abkommen entsprechend beim Partito Democratico. „Gleichzeitig besteht jedoch über das Verhältniswahlrecht die Möglichkeit, mit Manfred Schullian und Dieter Steger auch eine deutschsprachige Vertretung für Bozen und das Unterland für Kammer und Senat zu stellen“, betont der Parteiobmann.
Die Südtiroler Volkspartei habe in der Frage von Bündnissen immer eine kohärente Linie verfolgt: „Für uns zählt ausschließlich die autonomiepolitische Haltung von Parteien und Kandidaten“, so Achammer: „Politische Kräfte, welche nur vor Wahlen ihre Liebe zur Autonomie entdecken, sind für uns keine verlässlichen Bündnispartner.“
Die vom PD vorgeschlagenen Kandidaten hätten in der abgelaufenen Amtszeit jedoch mehrfach bewiesen, die Autonomie voranbringen zu wollen. „Viele der genehmigten Durchführungsbestimmungen und die im Zuge der Verfassungsreform vorgelegte Schutzklausel für Südtirol tragen wesentlich die Handschrift von Gianclaudio Bressa und Maria Elena Boschi“, so Achammer. Beide PD-Kandidaten zählen in der laufenden Legislaturperiode zu den wichtigsten Ansprechpartnern für die Landesregierung wie auch für die parlamentarische Vertretung der Südtiroler in Rom.
Nun liege es an den beiden Kandidaten, die Wählerinnen und Wähler des Wahlkreises mit einem Autonomieprogramm zu überzeugen. „Gleichzeitig werden wir auch deutlich machen, dass gerade jene Parteien, die nun plötzlich Autonomiefreunde geworden sind, in den vergangenen Jahren das genaue Gegenteil verfolgt haben“, so der SVP-Obmann.
„Autonomiegegnerin“ als Kandidatin: Heimatbund reagiert mit Unverständnis
Mit Unverständnis nimmt der Südtiroler Heimatbund zur Kenntnis, dass die SVP im Kammerwahlkreis Bozen-Unterland die PD-Kandidatin Elena Maria Boschi unterstützen wird. „Anscheinend hat man in der SVP-Zentrale keinerlei Hemmungen, Kandidaten zu unterstützen, die die Südtiroler als Italiener bezeichnen oder sich offen für die Abschaffung unserer Autonomie ausgesprochen haben“, so Obmann Roland Lang.
Die SVP erinnere sich nicht, dass Elena Maria Boschi im Herbst 2014 öffentlich die Abschaffung der Regionen bzw. Provinzen mit Sonderstatut gefordert habe.
„Die SVP scheint vergessen zu haben, dass die damalige Ministerin für Reformen Boschi nichts Besseres zu tun hatte, als festzustellen, dass auch die Südtiroler Italiener sind („prima di tutto siamo italiani“) und auch sie deshalb am 24. Mai 2015 zum 100. Jahrestag des Eintritts Italiens in den ersten Weltkrieg die italienische Fahne zu hissen hätten. Der Vater von Maria Elena Boschi ist laut Medienberichten in einem Bankskandal verwickelt. Die Wiederwahl von Boschi wäre deshalb wahrscheinlich in einem normalen Wahlkreis unsicher. Deshalb hat Renzi der SVP im Unterland die landesfremde Kandidatin vorgesetzt, die von der SVP nun unterstützt werden muss“, erklärt der Heimatbund.
Renzi scheine eine sehr enge Freundschaft zu Boschi zu pflegen, sonst würde er nicht mit dieser umstrittenen Methode die Wiederwahl der Parlamentarierin absichern, meint Land. Außerdem sei bekanntlich Kompatscher ein guter Freund von Renzi.
„Es bleibt nun abzuwarten, was die Unterlandler noch alles bereit sind zu schlucken, oder ob sie wie so oft in der Geschichte aufmucken“, schließt Roland Lang.
BürgerUnion: „SVP verliert mit Boschi und Bressa Minderheitenstatus“
„Die SVP verliert ihren Minderheitenstatus laut Parlamentswahlgesetz, wenn sie die zwei Unterstaatssekretäre Maria Elena Boschi und Gianclaudio Bressa als Kandidaten in Südtirol aufstellt“, so der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder.
Das Wahlgesetz sieht normalerweise für Parteien eine Drei-Prozenthürde auf gesamtstaatlicher Ebene vor, ohne die es keinen Sitz im Parlament gibt. Eine Zehn-Prozenthürde gilt für Koalitionen.
„Für Minderheitenparteien hat sich die SVP eine eigene Regelung zurechtschneidern lassen. Damit muss eine Minderheitenpartei in einer Region wie Trentino-Südtirol mindestens 20 Prozent der Stimmen erhalten, ohne die für eine Regionalpartei unerreichbare Drei-Prozenthürde auf dem gesamten Staatsgebiet überspringen zu müssen“, erklärt Pöder.
„Allerdings gilt diese Sonderregelung nur für echte Minderheitenparteien, die nicht gleichzeitig als Vehikel für Kandidaten herhalten, die Vertreter des Staatsvolkes und nicht der ethnischen Minderheit sind. Boschi und Bressa sind sozusagen blinde Passagiere auf dem Südtiroler Autonomiedampfer, die SVP verliert damit den Minderheitenstatus. Die Zuweisung von Sitzen an die SVP aufgrund der Minderheitenklausel ist damit unzulässig und kann angefochten werden“, ist Pöder überzeugt.
Auch Eva Klotz kritisiert SVP-Entscheidung
Dass die SVP Maria Elena Boschi als Südtiroler Kandidatin für die Kammer bei den kommenden Parlamentswahlen mitträgt, wird auch von der ehemaligen Landtagsabgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit, Eva Klotz, kritisiert.
Die SVP-Führung binde Südtirol immer enger an Italien, dies zeichne sich seit vielen Jahren ab. Mit der Entscheidung, die Vertraute Renzis als Kandidatin für den Wahlkreis Bozen-Unterland mitzutragen, verleibe sich die SVP dem PD ein, sie werde zur PD-Garantin, schreibt Klotz in einer Presseaussendung. „Einen ganzen Südtiroler Wahlkreis an eine italienische Staatspartei zu verschachern, ist der Tiefpunkt in der leidigen Entwicklung“, meint Klotz.
Dies dann noch damit zu rechtfertigen, dass es sich ohnehin um einen mehrheitlich italienischen Wahlkreis handle, sei ein Verrat an dem, was die SVP immer als eigenes Ziel vorgibt, nämlich die Vertretung Südtiroler Interessen. „Mit dieser Entscheidung vertritt sie nicht nur die Interessen Italiens, sondern ganz ungeniert die Interessen der Staatspartei“, erklärt Klotz abschließend.