Nord-Süd-Verbindung feiert 60-jähriges Bestehen

Europabrücke für Anti-Transit-Kämpfer Gurgiser “Mahnmal für ungelöste Transitproblematik”

Freitag, 17. November 2023 | 09:45 Uhr

Der 60. Geburtstag der Europabrücke ist für Tirols obersten Anti-Transit-Kämpfer Fritz Gurgiser nicht nur Grund zum Feiern. Die Brücke sei ein “Mahnmal für die insgesamt ungelöste Transitproblematik”, sagte er am Freitag zur APA. Seit 35 Jahren ist sie ein Ort des Bürgerengagements gegen den Transitverkehr, wobei laut Gurgiser auch vieles erreicht worden sei. Für Tirols LH Anton Mattle (ÖVP) repräsentiert die Brücke die “verkehrstechnische Erschließung des Alpenbogens”.

Auf der “Habenseite” verbuchte Gurgiser etwa die Einhausung in Schönberg als “erstes Schutzzeichen”, “effiziente Lärmschutzmaßnahmen entlang der Brennerstrecke” oder auch den “Abschluss der Alpenkonvention”. Auf der Gesamtstrecke sei zwischen 2001 und 2021 eine Stickstoffdioxidreduktion um rund 90 Prozent erreicht worden. Die zentrale “Nord-Süd-Verbindungsbrücke”, auf der jährlich rund 2,5 Mio. Transit-Lkw unterwegs sind, sei schließlich “zentraler Ort der Begegnung zivilen Bürgerengagements”.

Gleichzeitig geißelte Gurgiser “nie eingetretene Versprechen von mittlerweile 16 VerkehrsministerInnen, von vier Tiroler und drei Südtiroler Landeshauptmännern”. Er kritisierte eine “fehlende Verlagerung auch nur eines geringen Anteils des Straßengütertransitverkehrs auf eine mit Milliarden ausgebaute Eisenbahn”. Mittlerweile nähmen sogar eine Milliarde Transit-Lkw einen Umweg über den Brenner aufgrund von “billigen Mauttarifen”.

“Es wird immer noch der Verkehr in den engen Tälern mehr als die private und betriebliche Anrainerschaft geschützt”, fasste Gurgiser zusammen. Für die Zukunft sah er nur ein mögliches Szenario: “Wer über die Brücke und den Brenner will, muss sich den besonderen Bedingungen dieses einzigartigen alpinen Raumes unterordnen oder die Reisefreiheit woanders nützen.” An den Rahmenbedingungen würde es schließlich nicht scheitern – mit Alpenkonvention und Co. sah er ein taugliches Regelwerk vorliegen. “Der Alpenkonventions-Korridor von Rosenheim bis Verona muss endlich mit einer Stimme nach außen sprechen”, forderte er die politisch Verantwortlichen in Italien, Österreich und Deutschland auf. Nur mit einem “geschlossenen Auftritt bekommen wir das in den Griff” , appellierte er an die Landtage, Regierungen und die Zivilgesellschaft.

Für Tirols Landeschef Mattle bedeute die Brücke “Segen und Fluch zugleich”. Die Eröffnung im Jahr 1963 sei von “Euphorie, Modernisierung und Superlativen” geprägt gewesen, immerhin war sie damals die höchste Brücke Europas. Mobilität ermögliche “Wohlstand, Bildung außerhalb der eigenen Gemeinde, wirtschaftliche Entwicklung und das Reisen”. Dennoch bedeute Verkehr mittlerweile “Herausforderung und Belastung für die Infrastruktur, die Umwelt und die Menschen entlang von Straßen”, räumte Mattle ein. “Bei der Überfahrt ist wohl nur wenigen Autofahrern bewusst, welche Herausforderung der Bau und welcher historischer Meilenstein die Eröffnung der Europabrücke war”, daher sei es wichtig, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen: “In den 2040er-Jahren wird es eine bauliche Nachfolgelösung brauchen, um Nord und Süd miteinander zu verbinden”. Bis dahin wünschte Mattle der Brücke “viele sichere und unfallfreie Überfahrten, mehr Kontakt mit Elektroautos aber vor allem eine Entlastung durch die Verlagerung auf die Schiene.”

Die Europabrücke wurde am 17. November 1963 vom damaligen Bundeskanzler Alfons Gorbach für den Verkehr freigegeben. Der 60. Geburtstag wird mit einem traditionellen “landesüblichen Empfang” unter Anwesenheit u.a. von LH Mattle mit Schützen, Schüssen und “Schnapserl” gefeiert. Die Balkenbrücke ist 192 Meter hoch, damit ist sie die höchste Brücke Österreichs. Eine Sanierung wird außerdem nicht mehr lange auf sich warten lassen, laut Autobahnbetreiber Asfinag stehen bis 2047 Erneuerungen an. Im Jahr 2022 fuhren rund 19 Mio. Fahrzeuge über die Nord-Süd-Verbindung, im Jahr 1968 waren es laut den Aufzeichnungen der nahe gelegenen Mautstelle Schönberg 1,97 Millionen Fahrzeuge.

Von: apa