Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von Grünen und Freiheitlichen zur Überetscher Bahn, zum Südtirol-Pass und zu Dolomitenpässen behandelt.
Beschlussantrag Nr. 838/17: Überetscher Bahn (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Heiss am 13.11.2017). Die Landesregierung solle verpflichtet werden, 1. in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Bozen, Eppan und Kaltern umgehend mit der Planung der Straßenbahn zwischen dem Überetsch und Bozen zu beginnen, wobei schon jetzt sämtliche technische Lösungen vorzusehen sind, damit dieses Transportmittel das derzeitige Metrobus-System problemlos ersetzen kann; 2. bei der Trassenführung den Zielsetzungen einer nachhaltigen Mobilität den Vorrang zu geben, sei es zwischen als auch innerhalb der Ortschaften und insbesondere in der Landeshauptstadt Bozen; 3. die Trassenführung in Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden auszuwählen; 4. die hierfür notwendigen Finanzmittel im Mehrjahreshaushalt des Landes vorzusehen.
Die Abg. Dello Sbarba, Steger, Foppa, Heiss und Schiefer haben dazu einen Ersetzungsantrag vorgelegt: 1) Die Landesregierung solle in Zusammenarbeit mit den betroffenen Gemeinden die Vorplanung einer Straßenbahnverbindung zwischen Bozen und Überetsch in Angriff nehmen, 2) bei der Trassenführung einer nachhaltigen Mobilität den Vorrang geben, auch innerhalb der Ortschaften, 3) die Entscheidung über Trasse, Technologie und Finanzierungsmodell in Absprache mit den Gemeinden treffen.
Die Debatte dazu hatte bereits gestern begonnen.
Sigmar Stocker (Freiheitliche) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, gab aber zu bedenken, dass in der Vergangenheit viel Wahlkampf mit diesem Projekt gemacht wurde, um dann doch auf den Metrobus umzuschwenken. Heuer sei es ein Wahlzuckerle, man werde sehen, ob es auch umgesetzt werde. Die Chancen stünden 50 zu 50.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) sah in dem Antrag einen unverbindlichen Vorschlag, der verspreche, was alle wollten, aber, in der neuen Fassung, die Mittel dafür nicht bereitstelle.
Elena Artioli (Team Autonomie) sprach sich gegen den Antrag aus. In ganz Europa habe man eine schlechte Erfahrung mit der Tram gemacht, die Gleise seien ein Problem für Radfahrer und Fußgänger. Eine Alternative wäre die Seilbahn.
LR Florian Mussner betonte, dass der Metrobus den Gemeinden nicht aufgezwungen wurde. Er bringe bereits Vorteile, die noch weiter ausgebaut würden. Die Landesregierung sei nicht gegen den Zug, aber damals sei es richtig gewesen, so anzufangen.
Der Metrobus sei nie ein Gegenprojekt gegen die Bahn gewesen und auch nicht umgekehrt, betonte LH Arno Kompatscher. Nun könne man das Bahnprojekt angehen, weil man die Voraussetzungen dafür geschaffen habe: die Mittel aus Rom, das Abkommen mit RFI, den Virgltunnel, die A22-Konzession, die Entscheidung der Gemeinde Bozen. Nun sei es ein realistisches Projekt, das aber nicht in zwei Jahren fertig sein könne. Eine wichtige Voraussetzung sei auch der Knotenpunkt in Sigmundskron, da nicht alle zum Bahnhof Bozen wollten. Mit RFI werde man in den nächsten Wochen den Vertrag zur Linie Meran-Bozen unterzeichnen, der Virgltunnel sei im Bau und werde 2025 fertig wie auch das Intermodalzentrum in Sigmundskron. Es werde nicht leicht sein, Areale für das Projekt zu finden, aber auch in dieser Sache sei die Zusammenarbeit mit den Gemeinden wichtig.
Riccardo Dello Sbarba räumte ein, dass das Thema sich für Wahlkampfzwecke eigne, aber zunächst gehe es darum, dass der Landtag die Grundsatzentscheidung treffe, und zwar für die Tram, in Bozen wie ins Überetsch. Der Metrobus sei seinerzeit als Alternative zur Tram vorgestellt worden, es sei ein Verdienst dieser Landesregierung, dass sie den Zug wieder ins Spiel gebracht habe.
Der Antrag wurde, in seiner neuen Fassung, mit 24 Ja und einer Gegenstimme angenommen.
Beschlussantrag Nr. 844/17: Südtirol-Pass-Anpassung der Benutzeridentifikation (eingebracht von den Abg. Blaas, Mair, Oberhofer, Stocker S., Tinkhauser und Zingerle am 20.11.2017). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, sämtliche verwaltungstechnische Schritte in die Wege zu leiten, um sämtliche Fahrscheine des Typs „Südtirol-Pass” mit einem Lichtbild und den anagrafischen Daten des jeweiligen Inhabers zu versehen, um die Identifikation des Nutzers zu gewährleisten.
“Allen Fahrscheinen des Typs „Südtirol-Pass” ist gemein, dass auf ihnen höchstens der Name des Inhabers und die Kartennummer aufscheinen”, bemerkte Walter Blaas (Freiheitliche). “Dies kann bei entsprechenden Kontrollen zu Problemen führen, da nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, ob der Inhaber und der Nutzer des Fahrscheins identisch sind. Nur ein Personalausweis oder ein anderes Dokument, wie ein Führerschein, können Abhilfe schaffen. Vor allem Kinder tragen jedoch kaum einen gültigen Personalausweis bei sich und werden deshalb bei entsprechenden Kontrollen im Bus auch mit Sanktionen und Strafzahlungen belegt. Hier bedarf es einer Nachbesserung beim Südtirol-Pass, damit die Benutzeridentifikation dem kontrollierenden Personal einfacher gemacht wird und sich die Fahrgäste somit besser ausweisen können. Während bei der ÖBB-Vorteilskarte und dergleichen ein Lichtbild zwingend notwendig ist, hat sich dies beim Südtirol-Pass noch nicht umsetzen lassen.” Blaas regte auch eine Entwertung mittels Smartphone an, was vor allem für Reisende interessant sei, die von außen nach Südtirol kommen.
Brigitte Foppa (Grüne) hielt den Vorschlag für machbar. Bei Kindern, die sowieso nicht zahlen müssen, sollte man die Ausweispflicht hingegen abschaffen. Die Prozedur für den Erhalt des Südtirol-Passes sollte vereinfacht werden.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte an den EVTZ-Beschluss zum Einheitsticket in der Euregio und erkundigte sich nach der Umsetzung. Derzeit werde auch dieselbe Zugstrecke – z.B. von Meran nach Innsbruck – von Trenitalia und ÖBB unterschiedlich bewertet.
Myriam Atz Tammerle (STF) kritisierte wie Foppa die Prozedur für den Erhalt des Passes und regte an, für die Personenkontrolle einen QR-Code auf dem Pass zu verwenden.
LR Florian Mussner erinnerte an das einschlägige Gesetz, das die Kontrolle regle. Kinder bis 14 bräuchten keinen Ausweis, der Südtirol-Pass genüge. Die anderen könnten den vergessenen Ausweis innerhalb 5 Tagen vorweisen und dann statt der Strafe nur 10 Euro für Verwaltungskosten bezahlen. Bei 266.000 Karten ein Foto anzubringen wäre mit erheblichen Spesen verbunden und würde mehr Bürokratie bedeuten. Der erste Südtirol-Pass sei für die Nutzer ein Aufwand gewesen, dafür funktioniere die Erneuerung nun reibungslos. Mussner sprach sich schließlich gegen den Antrag aus.
Wenn ein Foto für den Skipass möglich sei, so sei er auch für den Südtirol-Pass möglich, entgegnete Walter Blaas. Man könnte das ja schrittweise einführen. Übrigens lasse man eine unkontrollierte Einwanderung zu, die Einheimischen dürften aber nicht ohne Ausweis reisen.
Der Antrag wurde mit zehn Ja, 13 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 845/17: Mehr Mut für das Projekt #dolomitesvives (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Heiss am 21.11.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. das Projekt #dolomitesvives nicht nur weiterzuführen, sondern – nach dem Vorbild der von den Südtiroler und Trentiner Naturschutz- und Alpinvereinen voriges Jahr vorgestellten Initiative #SmartDolomitiMobility – auch auf weitere Dolomitenpässe und auf mehr Wochentage auszudehnen. 2. Die im Rahmen des Projektes #dolomitesvives eingesetzte, fachübergreifende Arbeitsgruppe, an der Fachleute sowie Vertreterinnen und Vertreter von Naturschutzvereinen, Touristik, Politik und Alpinvereinen beteiligt sind, soll die besten Lösungen erforschen, um diese Verkehrsregelung auf weitere Bergstraßen und auf mehr Wochentage auszudehnen.
“Da die Verkehrsbelastung auf vielen Straßen Südtirols untragbar geworden ist, wäre es nach dieser ersten Projektphase wichtig, weitere mutige Schritte in diese Richtung zu setzen und Verkehrsbeschränkungsmaßnahmen nicht nur für das Sellajoch, sondern nach und nach auch für andere Bergstraßen zu entwickeln, etwa für das Grödner Joch, den Karerpass, den Mendelpass, den Jaufenpass, das Würzjoch, den Gampenpass, das Timmelsjoch, den Campolongo-Sattel, den Kreuzbergpass usw.”, meinte Brigitte Foppa (Grüne). “Dadurch könnte ein neuer Maßstab für ein nachhaltiges Tourismusangebot in Südtirol und in den Dolomiten gesetzt werden. Eine effiziente Verkehrsregelung auf den Bergstraßen wird zwangsläufig die Entwicklung alternativer Formen des Fremdenverkehrs nach sich ziehen. Dieser innovative Prozess, der an den Grundsätzen eines wirklich nachhaltigen Fremdenverkehrs orientiert ist, wird auch die Touristik allmählich dazu bewegen, ihr Angebot umzustellen, zu erneuern und im Vergleich zum traditionellen Tourismusangebot noch attraktiver und abwechslungsreicher zu gestalten.” Die Landesregierung habe zunächst den Weg des geringsten Widerstandes gesucht, und das sei nachvollziehbar, aber nun müssten weitere Schritte folgen, um das Erlebnis der Landschaft zu gewährleisten und den Anrainern mehr Ruhe zu bieten. Die Initiative #SmartDolomitiMobility sei ein pragmatisches Projekt, das Schließungen an den Wochenenden vorsehe.
Walter Blaas (F) bezeichnete das Projekt #SmartDolomitiMobility als in Prinzip gute Sache, nicht aber das, was man daraus gemacht habe. Man habe dafür 203.000 Euro ausgegeben, darunter für Shows und Konzerte. Man habe einen Lärm unterbunden und einen anderen auf den Pass geholt, es sei sogar ein Klavier mit dem Helikopter angeliefert worden.
Sven Knoll (STF) sah das Problem darin, dass man mit diesen Maßnahmen nur Symptome bekämpfe. Unser Tourismuskonzept baue noch zu sehr auf den Individualverkehr. Wenn man die Camperkolonnen auf den Pässen sehe, müsse man sich fragen, ob man diesen Tourismus wolle. Erst letzthin habe er sich bei einem österreichischen Minister für eine direkte Zugverbindung Wien-Bozen eingesetzt, auch als Anbindung an den Wiener Flughafen.
Hans Heiss (Grüne) gab Knoll recht darin, dass man auf die Ursachen schauen müsse. Die Anreisen hätten dramatisch zugenommen, 85 Prozent über die individuelle Schiene. Die bisherigen Maßnahmen seien erste Schritte in diese Richtung. Man müsse aber auch bei der Mentalität der Gastwirte ansetzten, bei denen der Individualverkehr noch tief verwurzelt sei.
Wenn Südtirol eine Zunahme des Verkehrs verzeichne, dann deshalb, weil es ein schönes Land sei, meinte Sigmar Stocker (F), der den Grundton mancher Redner kritisierte. Wenn man das Weltnaturerbe bewerbe, müsse man damit rechnen, dass mehr Gäste kommen. Auch die Camperurlauber seien ein wichtiges Segment. Man sei allerdings an einem Limit, wo man einen Kompromiss finden müsse. Aber diese dauernde unterschwellige Kritik am Tourismus sei falsch.
Die Landesregierung habe nicht das Sellajoch ausgewählt, weil dort am wenigsten Verkehr sei, präzisierte LR Richard Theiner, sondern weil man die Zusammenarbeit mit anderen Provinzen gesucht habe. Dabei sei man vor allem im Veneto auf Widerstand gestoßen, aber auch auf gesamtstaatlicher Ebene. Bei dieser Initiative hätte er sich mehr Unterstützung erwartet, auch von denen, die nun mehr Mut einforderten. Bereits 2017 sei klar gewesen, dass es sich um ein Pilotprojekt handle und dass es 2018 anders ablaufen werde. Man setze nicht mehr auf Events, sondern auf Sensibilisierung. Man könne aber nicht, wie Blaas, Kulturveranstaltungen als Lärm bezeichnen, sie hätten viele Leute angezogen und seien eine Werbung für das Land gewesen. Nächste Woche werde es ein Treffen dazu mit dem Trentino geben. Was der Antrag forderte, sei bereits seit Monaten der Auftrag an die eingesetzte Arbeitsgruppe, daher habe er heute keinen Sinn mehr.
Es sei nicht die Aufgabe der Opposition, die Landesregierung zu loben, erwiderte Brigitte Foppa. Sie hob auch den Unterschied zwischen Straßenlärm und einem Klavierkonzert hervor. Die Grünen würden nicht ständig den Tourismus kritisieren, das hätte keinen Sinn, zwei von ihnen kämen aus dieser Branche. Aber irgendwann werde die Belastung zuviel, auch für die Touristen, daher wolle man den Tourismus in die Zukunft retten, indem man ihn erträglicher mache.
Der Antrag wurde mit fünf Ja, 16 Nein bei acht Enthaltungen abgelehnt.