Von: APA/Reuters/dpa/AFP
Angesichts schwerwiegender ukrainischer Angriffe sind aus der russischen Grenzregion Kursk nach Angaben des dortigen Gouverneurs tausende Menschen evakuiert worden. “Mehrere tausend Menschen haben die unter Beschuss befindliche Region mit unserer Hilfe verlassen”, teilte der Gouverneur Alexej Smirnow in einer Videobotschaft am Mittwoch mit. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau dauerten die Gefechte in der Grenzregion am Mittwoch den zweiten Tag in Folge an.
Auch die ukrainischen Behörden ordneten Evakuierungen weiterer Orte in der benachbarten Region Sumy an. Die Maßnahmen betreffen 23 Siedlungen, sagte der Militärgouverneur von Sumy, Wolodymyr Artjuch, im ukrainischen Fernsehen. Etwa 6.000 Menschen, darunter mehr als 400 Kinder und Jugendliche, sollen aus der grenznahen Region in Sicherheit gebracht werden.
Russischen Angaben zufolge wurden im Zuge der Kämpfe fünf Menschen getötet und 24 weitere verletzt. 13 von ihnen würden im Krankenhaus behandelt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums umfassten die Verluste auf ukrainischer Seite 260 Soldaten und 50 gepanzerte Fahrzeuge, darunter sieben Panzer sowie acht gepanzerte Mannschaftstransportwagen.
An dem Angriff sind nach Angaben des russischen Generalstabs “bis zu tausend” ukrainische Soldaten beteiligt, wie Generalstabschef Waleri Gerassimow bei einem vom russischen Fernsehen übertragenen Treffen mit Präsident Wladimir Putin mitteilte. “Das tiefe Vorrücken des Feindes auf das Gebiet wurde durch Schläge der Luftwaffe und der Artillerie gestoppt”, sagte Gerassimow weiter. “Der Einsatz zur Zerstörung der ukrainischen Armee-Einheiten geht weiter”, erklärte unterdessen das russische Verteidigungsministerium. Die Lage sei “unter Kontrolle”. Das weitere Vordringen der ukrainischen Truppen auf russisches Staatsgebiet sei abgewehrt worden.
Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte erst die Berichte zu anhaltenden Kampfhandlungen, als schon russische Militärblogger auf die ernste Lage hingewiesen hatten. Demnach gab es Gefechte in grenznahen Ortschaften auf russischem Gebiet gegen ukrainische Eindringlinge. Die ukrainischen Kämpfer hätten russische Soldaten als Gefangene genommen und sich in einzelnen Ortschaften des Gebiets Kursk festgesetzt, hieß es von verschiedenen Militärbloggern. Am Dienstagabend hatte das Verteidigungsministerium gemeldet, dass ein Durchbruch von ukrainischer Seite mit Panzern und gepanzerter Technik auf russisches Staatsgebiet zurückgeschlagen worden sei. Die Angreifer hätten sich auf ukrainisches Gebiet zurückgezogen, hieß es.
Zuvor hatten russische Militärblogger gemeldet, dass ukrainische Kämpfer tief hinter die Grenze im Gebiet Kursk vorgedrungen seien. Bis zu elf Ortschaften seien unter Kontrolle ukrainischer Soldaten. Dafür gab es keine offizielle Bestätigung. Nach nicht überprüfbaren Berichten bewegen sich die ukrainischen Einheiten auf die nur gut neun Kilometer von der Grenze entfernte Stadt Sudscha im Gebiet Kursk zu, wo Menschen Evakuierungsmaßnahmen gefordert hätten. Der Korrespondent des russischen Staatsfernsehens Alexander Sladkow meldete, der Gegner sei zehn Kilometer weit auf russisches Gebiet vorgedrungen. Verschiedene Blogger schätzen die Stärke der Ukrainer auf zwischen 900 und 2.000 Mann.
Militärbeobachter meinten, die russischen Truppen seien in der Grenzregion nur schwach aufgestellt gewesen, weshalb die ukrainischen Kämpfer es leicht gehabt hätten, dort einzudringen. In der Vergangenheit hatte es solche Durchbrüche von ukrainischer Seite in der Region Belgorod gegeben. Zu den Aktionen bekannten sich Freiwilligenbataillone, die aus Russen bestehen, aber aufseiten der Ukraine kämpfen. Ziel der Ukraine könnte es aus Sicht von Experten sein, die russischen Truppen von Angriffen in dem Krieg gegen das Nachbarland abzulenken.
Kremlchef Wladimir Putin warf dem “Kiewer Regime” eine schwere neue Provokation vor. Es sei mit Raketen auch auf zivile Objekte und Wohnhäuser geschossen worden, sagte Putin bei einer vom Kreml bei Telegram in Teilen übertragenen Regierungssitzung. Bei einem Treffen mit dem Verteidigungsministerium, mit dem Generalstab der russischen Streitkräfte und dem für den Grenzschutz zuständigen Inlandsgeheimdienst FSB werde er sich in Kürze weitere Lageberichte anhören, sagte der Präsident. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa sprach von einem “Terrorakt” gegen die Zivilbevölkerung.
Die Ukraine feuert immer wieder Artillerie und Raketen auf russisches Territorium und hat mit Langstrecken-Drohnen Ziele tief im Inneren Russlands angegriffen. Infanterieangriffe kommen allerdings selten vor.
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