Von: APA/AFP/Reuters/dpa
Wegen der seit Tagen andauernden israelischen Luftangriffe auf Ziele im Libanon sind nach UNO-Angaben bereits rund 100.000 Menschen nach Syrien geflohen. Der Flüchtlingsstrom dauere weiter an, erklärte UNO-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi am Montag im Onlinedienst X.
Bei den Flüchtenden handle sich um libanesische und um syrische Staatsangehörige, teilte Grandi weiter mit. Das UNHCR unterstütze die Ankömmlinge an vier Grenzübergängen.
Der libanesische Regierungschef Najib Mikati hatte die Zahl der Menschen, die vor den israelischen Angriffen auf der Flucht sind, am Sonntag auf bis zu eine Million geschätzt. Es handle sich womöglich um die “größte Fluchtbewegung in der Geschichte des Landes”.
Seit einer Woche fliegt Israel massive Luftangriffe gegen Ziele der mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verbündeten und vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon. Auch der Hisbollah-Beschuss auf Israel aus dem Libanon nahm in den vergangenen Tagen weiter zu, insbesondere nach der Tötung des langjährigen Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah am Freitag.
Laut Mikati ist schon jetzt die größte Zahl an Vertriebenen in der Geschichte des Landes. Im aktuellen Konflikt mit Israel könne es nur eine diplomatische Lösung geben: “Es gibt keine Wahl für uns als Diplomatie”, erklärte er.
Seit Beginn der neuen Konfrontationen wurden im Libanon nach UNO-Angaben mehr als 210.000 Menschen vertrieben, unter ihnen etwa 120.000 Menschen allein im Verlauf der vergangenen Woche. Die Zahl könnte, auch gemessen an Erfahrungen des vergangenen Kriegs mit Israel im Jahr 2006, auch laut den Vereinten Nationen noch deutlich höher liegen.
Laut UNHCR sind 60 Prozent der 100.00 nach Syrien Geflohenen Syrer, die einst vor dem Bürgerkrieg im eigenen Land im Libanon Zuflucht gesucht hatten, 40 Prozent seien Libanesen. Nach den israelischen Bombenangriffen in Beirut, bei denen am Freitag unter anderem der Anführer der Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, getötet wurde, verdoppelte sich laut der UNO-Organisation die Zahl der Flüchtenden am nordwestlichen Grenzübergang Richtung Homs in Syrien. Die meisten Menschen fliehen aber über den Grenzübergang rund 70 Kilometer südwestlich von Beirut Richtung Damaskus.
Menschen hatten teils tagelang am Grenzübergang ausgeharrt, weil Syrien eigentlich verlangt, dass jeder Einreisende mindestens den Wert von 100 US-Dollar in die Landeswährung Pfund umtauscht. Dieses Geld haben viele nicht. Die Regel wurde nun zunächst für eine Woche aufgehoben. Das habe die Lage nunmehr entspannt, so das UNHCR.
Viele der Ankömmlinge brauchten medizinische Betreuung, unter anderem wegen Trinkwassermangels und Erschöpfung, berichtete die Organisation. Zusammen mit Partnern organisiert das UNHCR Aufenthaltsräume, verteilt Lebensmittel, Matratzen, Decken und andere Hilfsgüter und hilft Bedürftigem bei der Weiterreise. 60 Prozent der Ankömmlinge seien Minderjährige.
Im Libanon lebten nach Regierungsangaben zuletzt rund 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge und weitere Syrer, die keine Flüchtlinge sind. In Syrien herrscht seit 2011 ein Bürgerkrieg, der sich im sogenannten Arabischen Frühling an Massenprotesten gegen das Polizei- und Geheimdienstregime unter Machthaber Bashar al-Assad entzündete. Das Regime wird mittlerweile maßgeblich vom Iran gegen die Opposition unterstützt, der auch hinter der Hisbollah im Libanon und deren Kampf gegen Israel steht. So konnte sich Assad an der Macht halten, wenn auch nicht im ganzen Land.
Aktuell sind 18 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen