Die RSF-Miliz übernahm die Kontrolle der Stadt Al-Fashir

Sudans Armee wirft Miliz Hinrichtung von Zivilisten vor

Dienstag, 28. Oktober 2025 | 10:27 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

Nach der Einnahme der Stadt Al-Fashir im Sudan durch die RSF-Miliz hat die sudanesische Armee der Miliz die Exekution von Tausenden Zivilisten vorgeworfen. Am Sonntag und Montag seien “mehr als 2.000 unbewaffnete Zivilisten hingerichtet und getötet” worden, die meisten von ihnen “Frauen, Kinder und Ältere”, hieß es in einer Erklärung der Armee am Dienstag. Am Montag hatte Sudans Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan den Rückzug der Armee aus Al-Fashir bestätigt.

Die Armee werde “Rache nehmen” und kämpfen, “bis dieses Land gereinigt ist”, sagte al-Burhan in einer im sudanesischen Fernsehen übertragenen Rede. Zuvor hatte die RSF-Miliz die Einnahme von Al-Fashir bekannt gegeben, in der rund 260.000 Zivilisten – die Hälfte davon Kinder – ohne Zugang zu humanitärer Hilfe festsitzen.

Ein örtliches Widerstandskomitee erklärte, RSF-Kämpfer hätten bei ihrem Einmarsch zahlreiche Gräueltaten begangen. Seit Sonntag hätten unschuldige Zivilisten “die schlimmsten Formen von Gewalt und ethnischer Säuberung” erlitten, hieß es. Al-Fashir war bisher die letzte größere Stadt in der Region Darfur, die sich nicht unter der Kontrolle der RSF-Miliz befand. Die Einnahme durch die Miliz könnte einen Wendepunkt in dem seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden Bürgerkrieg markieren.

UNO-Generalsekretär besorgt

UNO-Generalsekretär António Guterres forderte die RSF-Miliz und die sudanesischen Streitkräfte zu Verhandlungen auf. Die UNO beschreibt die Lage in dem Land als die größte humanitäre Krise der Welt. Guterres sagte nach Angaben seines Sprechers Stéphane Dujarric, die sudanesischen Streitkräfte und die RSF-Miliz müssten unverzüglich mit seinem persönlichen Gesandten für den Sudan, Ramtane Lamamra, in Kontakt treten und rasche Schritte in Richtung einer Verhandlungslösung unternehmen. Er sei zutiefst besorgt über die jüngste militärische Eskalation im Sudan und verurteile berichtete Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.

Guterres sei zudem zutiefst alarmiert darüber, dass weiterhin Waffen und Kämpfer in den Sudan gelangten und damit die ohnehin schon verzweifelte Lage im Land weiter verschärften, sagte Dujarric weiter. Dies müsse unverzüglich beendet werden. Humanitäre Hilfe für die bedürftigen Zivilisten müsse schnell und ungehindert geliefert werden können. Seit mehr als achtzehn Monaten seien Al-Fashir und die umliegenden Gebiete in Darfur ein Epizentrum des Leids. Täglich forderten Unterernährung, Krankheiten und Gewalt Menschenleben.

Deutschland erschüttert

Das Auswärtige Amt in Deutschland teilte auf der Plattform X mit: “Wir sind erschüttert über die Berichte aus El Fasher, Sudan.” Kämpfer der RSF seien tief in die Stadt vorgedrungen und töteten wahllos Zivilisten. “Das muss sofort aufhören”, hieß es weiter. Die RSF hätten öffentlich zugesagt, Zivilisten schützen wollen. “Sie werden sich für diese Taten verantworten müssen.”

UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk sagte: “Das Risiko weiterer groß angelegter, ethnisch motivierter Verstöße und Gräueltaten in El Fasher steigt von Tag zu Tag.” Es müssten dringend konkrete Maßnahmen ergriffen werden, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

Berichte über willkürliche Hinrichtungen mehren sich

Die Paramiliz hatte bereits am Sonntag zuerst die Einnahme des Armeepostens und dann der gesamten Stadt verkündet. Dem UN-Menschenrechtsrat zufolge mehren sich die Berichte, wonach die Miliz willkürliche Hinrichtungen in Al-Fashir durchführt. Die Kämpfe hatten in den vergangenen Wochen zu erhöhten Flüchtlingsströmen geführt. Tausende Vertriebene waren nach Angaben von Hilfsorganisationen aus der Stadt in umliegende Gebiete geflohen.

Im Sudan herrscht seit April 2023 ein brutaler Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Während die Armee zwischenzeitlich die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, hat die RSF-Miliz ihre Kontrolle über die Region Darfur an der Grenze zum Tschad verfestigt. Beobachter fürchten eine dauerhafte Spaltung des Landes.

Die RSF ist aus arabischen Reitermilizen hervorgegangen, denen vorgeworfen wird, vor gut 20 Jahren für einen Genozid an nichtarabischen Bevölkerungsgruppen in Darfur mit bis zu 300.000 Toten verantwortlich zu sein. Damals kämpften sie noch gemeinsam mit der sudanesischen Armee.

Für den aktuellen Bürgerkrieg seit 2023 gibt es keine belastbaren Opferzahlen, nach einer von den USA zitierten Schätzung könnten aber bis zu 150.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 26 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, sind von Hunger bedroht.

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