Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute Anträge von Freiheitlichen und BürgerUnion abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 815/17: Erhebung baulicher Leerstände (Wohnraum) in Südtirols Gemeinden – Verlassene Bausubstanz wieder aktivieren (eingebracht von den Abg. Stocker S., Tinkhauser, Oberhofer, Mair, Blaas und Zingerle am 6.9.2017). Der Landtag möge beschließen, dass die Gemeinden und Städte innerhalb eines Jahres die baulichen Leerstände (Wohnraum) auf ihren Gemeindegebieten erfassen und der Landesverwaltung weiterleiten.
“Gemeinden sollten in ihren Dörfern und Städten eine Leerbestandserhebung machen, welche Häuser oder auch Hallen in Ortskernen verlassen sind und für Wohnungen genutzt werden könnten”, forderte Sigmar Stocker (Freiheitliche). “Mit speziellen Förderprogrammen sollte man dann an die Besitzer herantreten und diese zum Verkauf oder zur Nutzung motivieren. In deutschen Städten oder Dörfern hat dieses Modell bereits Erfolg. Südtirols bautätige Zukunft wird also jene der Wiederverwertung des Bestehenden sein, da ja bereits 40% der bebaubaren Fläche in den Tälern verbaut ist. Wir müssen auch den kommenden Generationen ein Land weitergeben, wo auch diese Raum finden, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Es besteht dringender Handlungsbedarf in dieser Richtung.”
Hans Heiss (Grüne) verwies auf die Vorstellung des Entwurfs für ein Raumordnungsgesetz, wo man von rund 25-bis 30.000 leeren Wohnungen gehört habe, also 10 bis 15 Prozent des Bestandes, was auch den Werten anderen Regionen entspreche. Wohneigentum sei auch ein Spekulationsobjekt, und dem müsse man entgegenwirken. Die Gemeinden hätten hier eine wichtige Aufgabe, aber es werde nicht genügen, wenn der Bürgermeister den Eigentümer gut zurede, es brauche Anreize, etwa über die Immobiliensteuer oder das Mietrecht.
Laut jüngsten Zahlen gebe es in unserer Region 27 Prozent leerstehende Wohnungen, bemerkte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). Ein großes Problem seien die Zweitwohnungen, in manchen Gemeinden bereits über 50 Prozent. Dort könnten sich junge Leute keine Wohnung mehr leisten. Zimmerhofer sprach sich für eine Obergrenze für den Zweitwohnungstourismus aus. Er unterstützte den Antrag.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) verwies auf das neue Raumordnungsgesetz, das in diese Richtung gehe. Eine Sensibilisierung sei aber notwendig, es dürfe nicht weiter jährlich so viel Nutzfläche verloren gehen.
Viele leere Bauten könne man mit freiem Auge erkennen, bemerkte Sven Knoll (STF). Sehr oft würden Wohnbauzonen ausgewiesen, während es im Ort leere Bausubstanz gebe. Die Gemeinden sollten hier aktiv an die Eigentümer herantreten.
Das Anliegen werde von allen geteilt, aber die Umsetzung sei nicht so einfach, meinte LR Arnold Schuler. Viele dieser Gebäude seien in Privatbesitz, viele Gewerbebauten würden sich schwer für den neuen Zweck eignen. Die Eindämmung der Zweitwohnungen sei ein wichtiges Anliegen, dort gehe es oft auch um alte Bausubstanz ohne Bindung, was für den Markt interessant sei. Ein Leerstandsmanagement sei im Rahmen der Plattform Land geplant, es seien auch schon Pilotprojekte gestartet. Im nächsten Raumordnungsgesetz werde die im Antrag geforderte Erhebung der leeren Kubatur zur Pflicht. Der Antrag erübrige sich somit.
Sigmar Stocker stellte eine Einhelligkeit zum Thema fest. Das neue Raumordnungsgesetz sei aber noch nicht da, daher sei der Antrag sehr wohl sinnvoll. Das Gespräch zwischen Bürgermeister und Bürgermeister verlaufe meist informell, und da könne man durchaus einiges erreichen.
Der Antrag wurde mit 10 Ja, 14 Nein und 4 Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 778/17: Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung auf der Gemeinde (eingebracht vom Abg. Pöder am 25.5.2017). 1. Der Südtiroler Landtag spricht dafür aus, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, die Sprachgruppenzugehörigkeitserk lärung im Meldeamt oder Bürgerschalter ihrer Wohnsitzgemeinde zu beantragen und dort auch abzuholen. 2. Der Südtiroler Landtag verpflichtet die Landesregierung und die Mitglieder der Sechser- bzw. Zwölferkommission dazu, bei den zuständigen Institutionen bzw. Stellen die dafür nötigen Schritte in die Wege zu leiten.
“Unabhängig davon, wo faktisch bzw. materiell die Sprachgruppenzugehörigkeitserk lärung aufbewahrt wird, könnte doch in Zeiten telematischer Übertragungen bzw. Antragstellungen die Prozedur zur Abgabe bzw. zur Beantragung und Aushändigung der Sprachgruppenzugehörigkeitserk lärung für den Bürger vereinfacht gestaltet werden”, meinte Andreas Pöder (BürgerUnion). “So wäre zum Beispiel denkbar, dass der Antrag über das Meldeamt der Gemeinde gestellt und die Zugehörigkeitserklärung dort auch abgeholt werden kann – evtl. kann auch auf telematischem Wege eine unverzügliche Aushändigung im entsprechenden Gemeindeamt erfolgen. Nachdem sowohl die Mitarbeiter im Landesgericht als auch in den Gemeindeämtern an die Privacy- und Amtsgeheimnisbestimmungen gebunden sind, dürfte es diesbezüglich wohl keine Bedenken geben. Und auch die Abgabe der Sprachgruppenzugehörigkeitserk lärung beispielsweise bei Erreichen der Volljährigkeit kann vereinfacht werden, bei allen Verpflichtungen zur Wahrung der Privacy-Bestimmungen.”
Bernhard Zimmerhofer (STF) verwies auf seinen ähnlichen Antrag, der 2014 angenommen, aber noch nicht umgesetzt wurde. Die Geschäftsordnung sollte eine Umsetzungsfrist vorsehen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) erinnerte daran, dass die Verwaltung der Erklärungen nach einem EuGH-Urteil zur Privacy von den Gemeinden ans Gericht verlegt wurde. Er sei für den Antrag, aber möglicherweise fehle die rechtliche Voraussetzung dafür.
Das Gericht sei mit den 360.000 Umschlägen überfordert, meinte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung), dort herrsche ein Chaos. Eine Digitalisierung wäre technisch möglich, die Privacy könnte auch gewährleistet werden, aber dazu müsste man an der einschlägigen Durchführungsbestimmung vorbei. Das wäre eine Aufgabe für die Sechserkommission.
Ulli Mair (Freiheitliche) unterstützte den Antrag. Derzeit würden die 18-Jährigen von der Gemeinde auf die Notwendigkeit zur Erklärung hingewiesen, aber bis sie in Kraft trete vergingen 18 Monate.
LR Arnold Schuler stimmte den Überlegungen zu. Es wäre bürgernäher, wenn die Erklärungen von der Gemeinde verwahrt würden, aber dazu fehlten die rechtlichen Voraussetzungen. Um nicht wieder einen nicht umgesetzten Beschlussantrag zu haben und um nicht falsche Erwartungen zu wecken, sollte man diesen ablehnen.
Der Antrag wurde mit 10 Ja, 17 Nein und 4 Enthaltungen abgelehnt.
Sven Knoll wies auf das Paradox hin, dass man jetzt einen angenommenen und einen abgelehnten Antrag mit derselben Zielsetzung habe. Seit der ersten Abstimmung habe sich eben die rechtliche Grundlage geändert, antwortete LR Schuler.
Die Sitzung wird am Nachmittag wieder aufgenommen.