Locher zu Nachtragshaushalt

„Viel Potenzial, aber auch mutige Entscheidungen nötig“

Mittwoch, 30. Juli 2025 | 17:13 Uhr

Von: mk

Bozen – Der SVP-Landtagsabgeordnete Franz Locher zeichnete in seiner Rede zum Nachtragshaushalt in der laufenden Landtagswoche ein weitgehend positives Bild, mit einigen Vorschlägen zu künftigen Entwicklungen und auch einem weinenden Auge. „Wir stehen im Gegensatz zu anderen gut da, dürfen uns aber nicht zurücklehnen.“

„Über 800 Millionen Nachtragshaushalt sind ein kräftiges Plus, von dem andere nur träumen können.“ Franz Locher ist angesichts der vollen Kassen positiv gestimmt und geht davon aus, dass fällige Investitionen nun getätigt werden können – auch im Bereich der Landwirtschaft. „Mit über 116 Millionen bekommt die Landwirtschaft eine kräftige Finanzspritze, die sie auch dringend braucht.“ Die Stimmung habe sich durch eine positive Entwicklung in der Milch- und Viehwirtschaft mit entsprechend gestiegenen Auszahlungspreisen zwar gebessert, dennoch kann keine Entwarnung gegeben werden. „Es gibt auch ein weinendes Auge, denn vor allem bei kleinen landwirtschaftlichen Betrieben bleibt die Situation angespannt. Der Arbeitsmarkt ruft nach Arbeitskräften und sehr viele Bauern gehen einer zweiten Arbeit nach, weil sie es finanziell brauchen. Wir müssen deshalb künftig mit verschiedenen Maßnahmen versuchen, die landwirtschaftliche Tätigkeit auf den Höfen aufrechtzuerhalten, sodass der Nebenerwerb nicht zum alleinigen Hauptberuf wird.“ Auch appelliert Locher an die Entscheidungsträger, bereits mit dem Haushaltsvoranschlag – und nicht erst mit dem Nachtragshaushalt – die nötigen Mittel vorzusehen, da dies eine bessere Planbarkeit ermöglichen würde. Unterstützend würde in diesem Zusammenhang auch eine Auszahlung der Förderungen aus dem Ländlichen Entwicklungsplan in zwei Halbjahresraten wirken.

Ländliches Wegenetz und Tourismuseuro

Erfreut zeigt sich Locher über die Mittel, die für das ländliche Wegenetz zur Verfügung gestellt werden: „Mit einer Weglänge von 3.440 Kilometern ist das ländliche Wegenetz sehr umfangreich. Allein in meiner Heimatgemeinde Sarntal umfasst das Netz 345 Wege und Hofzufahrten mit einer Gesamtlänge von fast 200 Kilometern.“ Ohne diese Zufahrtswege wären viele Bergbauernhöfe verlassen worden und viele Berggebiete wären ausgestorben – da ist sich Locher sicher. Deshalb seien die Zuweisungen aus dem Nachtragshaushalt für die Erhaltung und Sanierung der Zufahrtswege von elementarer Bedeutung. „Unsere Bergbauern leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft, wir müssen auch weiterhin alles dafür tun, dass sie ihre Höfe über sichere Zufahrten erreichen und bewirtschaften können.“ In diesem Zusammenhang sieht Locher auch in der bereits seit Langem geforderten Einführung des Tourismuseuro großes Potential – eine Maßnahme, die einen gerechtfertigten Ausgleich schaffen würde. „Im Regierungsprogramm ist eine Verbesserung der Tourismusgesinnung durch das Spür- und Nutzbarmachen der Vorteile touristischer Aktivität und Infrastruktur für die Erhöhung der Lebensmittelqualität der ansässigen Bevölkerung festgeschrieben.“ Würde der Tourismuseuro zur Unterstützung der Bergbauern und damit der Pflege der Kulturlandschaft eingesetzt werden, würde man dem im Regierungsprogramm niedergeschriebenen Ziel sehr nahekommen, so Locher.

Mehr Akzeptanz im Tourismus und Wolf

Lochers Überlegungen zum Tourismus gehen aber noch weiter, denn fast täglich werden Grenzen überschritten. Am Beispiel der Endlosschlangen vor Sehenswürdigkeiten oder des bedenklich gestiegenen Verkehrsaufkommens lässt sich ablesen, warum bei den Einheimischen immer öfter der Eindruck entsteht, nicht mehr der Herr im eigenen Land zu sein. „Ein Blick über den Tellerrand hinaus reicht, um sagen zu können, dass wir mutige Entscheidungen treffen müssen, um den Tourismus auch weiterhin händelbar zu gestalten. In Nordtirol enden Radwege beispielsweise mit der Forststraße und Wanderwege gehören den Wanderern.“ Locher glaubt, dass solche Beispiele dazu dienen, einem heute gefühlsmäßig ausufernden Tourismus künftig wieder mehr Akzeptanz zu geben. „Es muss nicht alles möglich sein, denn Mensch und Natur verdienen sich den nötigen Respekt.“ Zum Thema Wolf sprach Locher von einer Endlosdiskussion, in der man sich nichts vorwerfen könne: „Das schleppende Prozedere hängt nicht von uns ab, die ISPRA und die entsprechenden Gutachten bleiben ein Hemmschuh. Wir haben kleine Fortschritte gemacht – allerdings liegt noch ein weiter Weg vor uns.“

Personal und Breitband

Ein beachtlicher Teil des Nachtragshaushalts wird in die Anpassung der Löhne im öffentlichen Dienst fließen. „Eine längst überfällige Maßnahme, der die Attraktivität dieser Arbeitsplätze wieder etwas steigern wird. Es gilt nun auch, Überlegungen zu treffen, um das ganze System kompakter zu gestalten, Synergien zu schaffen und eine effizientere, schlankere Abwicklung von Verfahren anzustreben“, sagte Locher in seinen Ausführungen. Die Südtiroler seien ein fleißiges Volk, dem es zu verdanken ist, dass unser Land so gut dasteht. Um die Arbeitswelt weiter zukunftsfähig zu gestalten, müsse auch der Ausbau des Breitbands vorangetrieben werden. Dabei berief sich Locher wieder auf das Regierungsprogramm: „Das Ziel, 90 Prozent des Breitbandnetzes bis Ende 2026 fertigzustellen, ist sehr ambitioniert. Es ist aber eine Grundvoraussetzung, um auch außerhalb der urbanen Zentren schnell arbeiten und konkurrenzfähig bleiben zu können.“

Gemeindefinanzierung und rote Zonen

Als ehemaliger Gemeindeverwalter weiß Locher auch, dass die Zuweisungen aus dem Nachtragshaushalt, die für die Gemeindenfinanzierung vorgesehen sind, dringend gebraucht werden: „Dieses kräftige Plus an Geldern für unsere Gemeinden ist eine gute Entscheidung, damit können wichtige Infrastrukturen geschaffen und auch erhalten werden.“ Noch nicht gelöst ist das Problem der Finanzierung von Sicherungsmaßnahmen in roten Zonen außerhalb von Ortskernen. Die Neueinstufung von einer roten in eine blaue Zone kann nur nach der Errichtung von entsprechenden Infrastrukturen beantragt werden, außerhalb von Ortschaften allerdings müssen sie derzeit von den Antragstellern getragen werden. Locher sieht auch hier entsprechenden Handlungsbedarf: „Egal ob Hofstelle oder privater Hausbesitzer, es handelt sich um enorme Summen, die nur mit entsprechender Unterstützung der öffentlichen Hand gestemmt werden können.“

Bezirk: Bozen

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