Von: ka
Barcelona – Fast zwei Monate lang hielt das Ringen zwischen Katalonien und dem spanischen Zentralstaat ganz Europa in Atem. Auf eine illegale Volksabstimmung regierte Madrid mit Drohungen, Polizeigewalt und Festnahmen. Schlussendlich entschied Rajoy das Kräftemessen für sich. Puigdemont und seine Regionalregierung wurden entmachtet.
Entgegen der Erwartung selbst einheimischer Beobachter blieb es nach der Absetzung der katalanischen Regionalregierung und der Machtübernahme durch Madrid vollkommen ruhig. Den geschockten und zutiefst enttäuschten „Catalanistas“ wird nach den Emotionen der letzten Monate nun langsam bewusst, dass die EU ein Bündnis souveräner, demokratischer Rechtsstaaten ist, die sich nicht gegenseitig in die inneren Angelegenheiten einmischen. Schwer wiegt die Erkenntnis, sich in eine politische Sackgasse hineinmanövriert zu haben. Es gab nie ein Interesse an einem unabhängigen Katalonien. Besonders schockierend wirkt auf die Katalanen, dass viele Unternehmen Hals über Kopf aus dem unsicheren Katalonien geflohen sind und so jeglicher Unabhängigkeit die Grundlage entzogen haben.
Wer sich außerhalb von Recht und Gesetz begibt, ist verloren – so die Lehre aus der Katalonienkrise. Eine Lehre, die Südtirols maßgebliche Politiker bereits vor einem halben Jahrhundert erkannt und danach gehandelt haben.
Madrid hat auf ganzer Linie gesiegt. Die Herzen der Katalanen wird Spanien aber nur gewinnen können, wenn endlich wieder miteinander geredet und über mehr Autonomie für Barcelona verhandelt wird. Madrid hat jahrelang versäumt, auf berechtigte Forderungen der Katalanen einzugehen. Die katalanischen Politiker hingegen könnten, wenn sie ihre Fixiertheit auf einen chancenlosen, neuen Staat mit neuen Grenzen ablegen, vielleicht zur Erkenntnis gelangen, dass der Weg, den Südtirol seit den 60-er Jahren eingeschlagen hat, der vielversprechendere ist.
Löst die totale Niederlage der Unabhängigkeitsbefürworter in Katalonien einen Denkprozess aus? Die Wahl, ob die Katalanen weiter gegen den Türstock rennen oder gleich wie Südtirol die Tür zu Verhandlungen für mehr Autonomie weit öffnen wollen, müssen sie aber selber treffen.Sackgasse oder „Südtiroler Weg“? Der Ball liegt nun mitten im Stadion von Barça.