Von: mk
Bozen – Süd-Tiroler Freiheit gegen Italien: Vor zehn Jahren begann der Rechtsstreit gegen Vertreter der Süd-Tiroler Freiheit wegen des inzwischen berühmt-berüchtigten „Besen-Plakates“. Nun geht das Verfahren in die nächste Runde, auch weil die Süd-Tiroler Freiheit bewusst auf das Recht auf Verjährung verzichtet hat. Die Bewegung will notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, um die Meinungsfreiheit zu verteidigen. Details wurden heute auf einer Online-Pressekonferenz vorgestellt.
„Kehraus“ vom Staat Italien…
Rückblick: Anlässlich des 90. Jahrtages der Annexion Südtirols durch Italien wurde mit einem Besen symbolisch der Kehraus dargestellt, um zu verdeutlichen, dass Südtirol auf Italien verzichten kann. Die Süd-Tiroler Freiheit wurde daraufhin wegen Schmähung der italienischen Fahne angezeigt. Sven Knoll und Eva Klotz – damals Landtagsabgeordnete – und Werner Thaler – rechtlicher Vertreter der Bewegung – wurden in einem fast zehn Jahre dauernden Rechtsstreit zunächst verurteilt, dann freigesprochen, dann wieder verurteilt. Nun wird am 26. November vor dem Kassationsgericht in Rom die nächste Runde eingeläutet, fast genau 3.700 Tage nach Start der Aktion im fernen Jahr 2010.
Auf Verjährung verzichtet
Nach jahrelangen Prozessen hätte es sich die Süd-Tiroler Freiheit leicht (und günstig) machen und eine Verjährung beantragen können. Auf dieses Rechtsmittel wurde aber bewusst verzichtet, um auf die ungeheuerlichen Missstände in Italien aufmerksam zu machen. „Diese unendliche Prozess-Geschichte ist ein besonders anschauliches Beispiel für die Benachteiligung der Südtiroler als Angehörige einer nichtitalienischen Volksgruppe im Staat Italien aufgrund ihrer Sprache, Kultur und Tradition, die sich von der des Mehrheitsvolkes klar unterscheidet“, kritisiert die ehemalige Landtagsabgeordnete Eva Klotz in Bezug auf den Begriff des „Kehraus“. „Besondere sprachliche und kulturelle Feinheiten werden also nicht nur nicht gewürdigt oder zur Kenntnis genommen, sondern im Gegenteil, bekämpft und herabgewürdigt! Insofern trifft der Kehraus auch in dieser Hinsicht ins Schwarze“, betont Klotz.
„Criticism is not terrorism!“
Vertreten wird die Süd-Tiroler Freiheit vom weithin bekannten Rechtsanwalt Nicola Canestrini. „Es gehört in einer offenen und demokratischen Gesellschaft dazu, Kritik zuzulassen und Abweichler nicht mit dem Strafrecht mundtot zu machen – nach dem Gericht für Menschenrechte sogar dann, wenn sie Irrlehren verbreiten oder ihre Äußerungen dumm, unanständig, provozierend oder gar schockierend sind. Nicht jedes der Macht unbeliebte Verhalten verlangt nach dem Strafrichter“, ist Canestrini überzeugt.
Notfalls bis nach Straßburg
Die Süd-Tiroler Freiheit hat auch deshalb auf die Verjährung verzichtet, um bei einer Verurteilung den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen zu können. Denn die Bewegung ist überzeugt: Das Recht auf freie Meinungsäußerung muss mehr gelten als ein Paragraf aus der Faschistenzeit! Für die Bewegung gilt das Motto des Plakates gerade jetzt mehr denn je: „Auf Italien kann Süd-Tirol verzichten“.