Von: APA/dpa
Die ehemalige deutsche Biathletin Laura Dahlmeier ist beim Bergsteigen im pakistanischen Karakorum-Gebirge tödlich verunglückt. Das teilte ihr Management der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochnachmittag mit. Die 31-Jährige war am Montag am Laila Peak auf rund 5.700 Metern Höhe von einem Steinschlag getroffen worden. Bergsteigen und Klettern waren die große Leidenschaft der Olympiasiegerin und siebenfachen Weltmeisterin im Biathlon.
Die Rettungsaktion zur Bergung sei erfolglos geblieben und deshalb eingestellt worden. Am Vortag war ein Helikopter über den Unglücksort geflogen und hatte kein Lebenszeichen mehr festgestellt. Nach den Schilderungen der Seilpartnerin zur Schwere der Verletzungen sei davon auszugehen, dass Dahlmeier sofort tot war.
Die Bergung des Leichnams sei für die Rettungskräfte unter den aktuellen schwierigen Bedingungen mit Steinschlag und einem Wetterumschwung am Laila Peak mit einem zu hohen Risiko verbunden und nicht realisierbar. Auch eine Bergung per Hubschrauber sei nicht möglich gewesen.
Vorerst keine Bergung – Lauras Wunsch
“Es war Laura Dahlmeiers ausdrücklicher und niedergeschriebener Wille, dass in einem Fall wie diesem niemand sein Leben riskieren darf, um sie zu bergen”, teilte das Management mit. “Ihr Wunsch war es, ihren Leichnam in diesem Fall am Berg zurückzulassen. Dies ist auch im Sinne der Angehörigen, die außerdem ausdrücklich darum bitten, Lauras letzten Wunsch zu respektieren.”
“Wir nehmen Abschied von einem großartigen Menschen”, teilte die Familie mit, verbunden mit Dank an die Retter. “Laura hat mit ihrer herzlichen und geradlinigen Art unser Leben und das Leben vieler bereichert. Sie hat uns vorgelebt, dass es sich lohnt, für die eigenen Träume und Ziele einzustehen und sich dabei immer treu zu bleiben.”
Die ebenfalls aus Bayern stammende Ex-Biathletin Magdalena Neuner würdigte Dahlmeier für ihren ganz besonderen Lebensweg. “Sie war ein großes Vorbild in der Hinsicht, dass sie ihr Leben gelebt hat und sich überhaupt nicht von anderen Leuten beeinflussen ließ. Da war sie für mich eine Pionierin. Dass sie immer ihrer Leidenschaft gefolgt ist – das haben wenige geschafft so wie Laura”, sagte Neuner. Die Todesnachricht sei “einfach unfassbar”.
“Laura schrieb bei den Olympischen Winterspielen 2018 Geschichte, als sie als erste Biathletin bei denselben Spielen Gold im Sprint und in der Verfolgung gewann. Sie wird uns für immer in Erinnerung bleiben”, sagte Kirsty Coventry, Präsidentin des Internationalen Olympischen Komitees. Der Internationale Biathlon-Verband drückte ebenfalls sein Beileid aus. “Lauras Energie und Lebensfreude haben so viele Menschen auf der ganzen Welt berührt. Ihr Vermächtnis, sowohl im Biathlon als auch darüber hinaus, wird nie vergessen werden und wird auch in den kommenden Generationen unzählige Athleten und Abenteurer inspirieren”, schrieb die IBU.
Unglück ereignete sich während Abseilmanöver
Die Garmisch-Partenkirchenerin war mit ihrer Seilpartnerin im alpinen Stil – mit möglichst geringem Gepäck und ohne Expeditionslogistik – unterwegs, als am Montag gegen Mittag Ortszeit auf rund 5.700 Metern der Steinschlag niederging. Das Unglück ereignete sich während eines Abseilmanövers. Ihre unverletzte Seilpartnerin setzte sofort einen Notruf ab, eine Rettungsaktion wurde umgehend eingeleitet.
Kletterpartnerin versuchte stundenlang zu helfen
Ihre Kletterpartnerin versuchte den Angaben zufolge über viele Stunden, Dahlmeier zu bergen. Das sei aber in dem schweren Gelände und wegen des weiter anhaltenden Steinschlags unmöglich gewesen. Nachdem die Seilpartnerin außerdem keine Lebenszeichen mehr erkennen konnte, entschied sie sich während der Nachtstunden für einen Rückzug aus der Gefahrenzone und den weiteren Abstieg.
Die Seilpartnerin wurde von zu ihr aufgestiegenen Bergsteigern in das Basecamp begleitet. Sie sei unverletzt und werde vor Ort betreut. Zwei Teams aus insgesamt vier erfahrenen Bergsteigern, darunter der bekannte Extrem-Bergsteiger Thomas Huber, und zwei Bergträgern hatten die Rettungsaktion Mittwochmittag am Boden fortgesetzt.
Dahlmeier seit Ende Juni in der Region
Der Laila Peak liegt unweit des K2, des zweithöchsten Bergs der Welt, nahe der Grenze zu China. Die Region zieht jedes Jahr Bergsteiger an, die Risiken durch Lawinen und Unwetter sind aber hoch. Die Ex-Biathletin war ihrem Management zufolge seit Ende Juni – gemeinsam mit Freunden – in der Region unterwegs. Sie hatte am 8. Juli bereits erfolgreich den Great Trango Tower (6.287 m) bestiegen. Der Laila Peak war das zweite geplante Gipfelziel der erfahrenen Bergsteigerin.
Olympisches Gold und frühes Karriereende
Mit zwei olympischen Goldmedaillen 2018 in Pyeongchang und insgesamt sieben Weltmeistertiteln ist Dahlmeier die erfolgreichste deutsche Biathletin des vergangenen Jahrzehnts. Vor allem die WM 2017 in Hochfilzen prägte sie famos, als sie bei sechs Starts fünfmal Gold und einmal Silber holte. In der Saison 2016/17 gewann sie außerdem den Gesamtweltcup.
Im Mai 2019 beendete die Oberbayerin im Alter von 25 Jahren überraschend ihre Karriere als Leistungssportlerin. Sie erklärte damals, dass sie als Biathletin keine sportlichen Ziele mehr habe. Neben ihren Berg- und Klettertouren war Dahlmeier seitdem als Biathlon-Expertin für das ZDF aktiv.
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