Studie

Warum Jugendliche mit dem Sport aufhören

Samstag, 13. September 2025 | 09:05 Uhr

Von: mk

Bozen – Am gestrigen Freitag fand im Schloss Maretsch in Bozen die Tagung „Sportausstieg im Jugendalter” statt. Im Mittelpunkt stand eine gemeinsam vom Südtiroler Sanitätsbetrieb und Land Südtirol durchgeführte Umfrage zum Thema Sportabbrecher im Jugendalter.

Warum hören Jugendliche mit dem Sport auf? Diese Frage versuchte eine Studie zu beantworten, die vom Dienst für Sportmedizin und Bewegung des Südtiroler Sanitätsbetriebes in Zusammenarbeit mit dem Land Südtirol durchgeführt wurde. Ziel war es, das Phänomen des Drop-outs im Sport im Jugendalter zu analysieren, d. h. das Aufgeben des Sports in den wichtigsten Jahren des Heranwachsens.

An der Umfrage nahmen 343 Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 bis 17 Jahren aus vier Oberschulen des Landes teil. Ihnen wurde ein strukturierter Fragebogen vorgelegt, der auf einer potenziellen Stichprobe von 480 Schülern erstellt worden war. Bei den Schulen handelte es sich um das naturwissenschaftliche Gymnasium „E. Torricelli”, das Realgymnasium „Campus Fagen”, das IISS „Claudia de’ Medici” und das Sozialwissenschaftliche Gymnasium.

Die erhobenen Daten zeigen, dass 20,4 Prozent der Jugendlichen keinen Sport treiben und dass der Anteil derjenigen, die regelmäßig Sport treiben, mit zunehmendem Alter stetig sinkt, von 70 Prozent bei den 15-Jährigen auf weniger als 60 Prozent bei den 17-Jährigen.

Die Hauptgründe für den Ausstieg sind Zeitmangel (41,4 Prozent), schulische Verpflichtungen, andere persönliche Interessen (31,4 Prozent) und Motivationsverlust (30 Prozent). Dieses Phänomen betrifft vor allem Mädchen: 90 Prozent derjenigen, die keinen Sport treiben, sind weiblich.

Hubert Messner, Landesrat für Gesundheit, der an der Tagung teilnahm, betont: „In der Jugend werden die Weichen für ein gesundes Leben gestellt, auch im Hinblick auf Bewegung und Sport. Die aktuelle Studie liefert uns wertvolle Hinweise darauf, warum viele junge Menschen den Sport aufgeben. Dieses Wissen ist entscheidend, um gezielte Präventionsstrategien zu entwickeln und Jugendliche nachhaltig für Bewegung zu begeistern.“

Peter Brunner, Landesrat für Sport, ergänzt: „Der Sport ist essenziell für die Entwicklung unserer Jugend. Er fördert Wohlbefinden, soziale Kompetenzen und Selbstvertrauen. Es ist besorgniserregend, dass immer mehr Jugendliche aufhören, Sport zu machen. Wir müssen den jungen Menschen zuhören und gemeinsam Lösungen finden, um den Sport als Motor der Freude und Gesundheit zu erhalten.“

Der Sanitätsdirektor Josef Widmann hingegen greift auf seine sportliche Vergangenheit zurück, um zu betonen, wie sehr Sport für Gemeinschaft und Freundschaft steht: „Ich war begeistert von der Handballmannschaft, in der ich spielte, und erinnere mich noch heute mit großer Freude an die Kontakte, die ich seit der Mittelschule geknüpft habe. Ich denke, dass Familie, Schule, Vereine und fähige Mentoren für die Ausübung von Sport von grundlegender Bedeutung sind.“

„Die Studie zeigt auch einen ermutigenden Aspekt: Ein Drittel der Jugendlichen, die aufgehört haben, wäre bereit, wieder mit dem Sport anzufangen“, erklärt Laura Rech, Koordinatorin des Dienstes für Sportmedizin und Mitglied der Forschungsgruppe. „Dies ist ein wichtiges Signal, das die Möglichkeit der Wiedereingliederung und für gezielte Programme eröffnet, um junge Menschen wieder zum Sport zu bringen. Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um der gesamten Forschungsgruppe für ihre hervorragende Arbeit zu danken.“

Fabian Tait, Mittelfeldspieler und Kapitän des FC Südtirol, betont, dass es gerade die Schwierigkeiten sind, die einen Sportler dazu bringen, sich zu verbessern – ohne Ausreden bei anderen zu suchen. Tait erinnert sich insbesondere an den Beginn seiner Karriere, als er noch sehr jung war und seine Mutter verlor: „Wenn man seine Bezugspunkte verliert, besonders im Alter von 17 oder 18 Jahren, wie in meinem Fall, wird alles schwieriger. Ich habe sogar daran gedacht, aufzuhören, weil meine Mutter krank war, es in der Schule nicht so gut lief und ich in Mezzocorona wenig spielte“, erzählt er. „Meine Mutter jedoch motivierte mich, denn als ich ihr gestand, dass ich aufhören wollte, sagte sie mir, ich solle mich an meine Leidenschaft für den Fußball und all die Opfer erinnern, die ich gebracht hatte, um spielen zu können. Von diesem Moment an habe ich versucht, immer mein Bestes zu geben. Wenn es schlecht läuft und man nicht spielt, sprechen wir im Sport von einer ‘Ausredenkultur’, bei der wir unsere Schuld auf die Trainer abwälzen. Stattdessen muss man sich darauf konzentrieren, sich selbst zu verbessern, indem man seine Schwächen ausgleicht.“

Die Studie bestätigt, dass der Ausstieg aus dem Sport nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen ist, sondern auf eine Reihe persönlicher, sozialer und organisatorischer Faktoren. Daher müssen die Gegenstrategien auf mehreren Ebenen ansetzen: Förderung flexibler Sportaktivitäten, Ausgewogenheit zwischen Schule und Sport, Stärkung der Motivation und Hervorhebung des erzieherischen und sozialen Werts von Sport.

Die Studie bildet eine Ausgangsbasis für weitere Untersuchungen, die auf die gesamte Schülerschaft des Landes ausgedehnt werden sollen.

Die Beiträge der Tagung

·         Elio Assisi, Sportarzt im Dienst für Sportmedizin, Südtiroler Sanitätsbetrieb: „Von der wissenschaftlichen Evidenz zur Prävention: Daten und Überlegungen“;

·         Mirko Bonetti, Statistiker der Beobachtungsstelle für Gesundheit des Landes Südtirol: „Der Sportausstieg in Zahlen“;

·         Giorgio Merola, Sportpsychologe des Instituts Einaudi: „Den Sportausstieg bei Jugendlichen verstehen: wer aufhört und was wir daraus lernen können“;

·         Thomas Tiefenbrunner, Stellvertretender Obmann des Verbandes der Sportvereine Südtirols (VSS), und Paolo Trotter, Präsident der Unione Società Sportive Altoatesine (USSA): „Von den Daten zur Erfahrung: wie der Sport den Sportausstieg erlebt“;

·         Fabian Tait, Kapitän des FC Südtirol: „Die Stimme des Athleten: zwischen Anstrengung und Motivation”.

Bezirk: Bozen

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