Von: mk
Bruneck – Archive sind Orte der Bewahrung und Erforschung von Zeugnissen vergangener Zeiten. Sie hüten eine Vielzahl an Objekten, die zum Entdecken und Wundern, zum Staunen und Schauen einladen. “Sie sind vielleicht unsere unauffälligsten Kulturgüter, aber von fundamentaler Bedeutung für die Rechtssicherung, für die Forschung, für unser historisches und kulturelles Gedächtnis”, betonte die Landesrätin für Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege Maria Hochgruber Kuenzer gestern Abend bei der Eröffnung des Ersten Südtiroler Archivtags im Brunecker Ragenhaus.
Hochgruber Kuenzer machte auch auf den Auftrag des Landesarchivs aufmerksam, für die Aufbewahrung von Schriften im privaten Bereich zu sensibilisieren: “In vielen Familien befinden sich Schriften über den Lebensalltag, über Heirat, Geburt, Verkauf von Liegenschaften. Diese Schriften und Dokumente erinnern an das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Handeln der älteren Generationen und sind unentbehrliche Zeitzeugen unserer Vorfahren.”
Dass Archive viel zu erzählen haben, unterstrich auch Landeskonservatorin Karin Dalla Torre: “Die Archive und ihre Archivalien sind ein wichtiger, aber oft zu wenig sichtbarer Teil der Kulturgüter.” Das neue Format des Südtiroler Archivtags werde dazu beitragen, der Öffentlichkeit die Bedeutung und den Reiz dieser Objekte näherzubringen.
Als Hausherr im Brunecker Ragenhaus freute sich Bürgermeister Roland Griessmair, dass Bruneck den Ersten Südtiroler Archivtag austragen dürfe. Er dankte allen Beteiligten und verwies auf das zehnjährige Bestehen und die wichtige Arbeit des Stadtarchivs Bruneck mit Stadtarchivar Andreas Oberhofer an der Spitze.
Archive von der Entstehung bis ins digitale Zeitalter
In ihrem Eröffnungsvortrag ging Margareth Lanzinger, Leiterin des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien, der Frage nach der Bedeutung von Archiven als Institution und als konkreter Ort aus verschiedenen Perspektiven und in historischen Rückblenden nach: von deren Entstehung über das 19. Jahrhundert bis hin zum geschichtswissenschaftlichen Aufbruch der 1980er Jahre, aber auch aus dem Blickwinkel des digitalen Zeitalters. Auch die breitere gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung von Archiven über den geschichtswissenschaftlichen Kontext hinaus thematisierte die gebürtige Innichnerin.
Es folgte die Vernissage der Ausstellung “Stadtarchiv Bruneck: Zehn Jahre – zehn Objekte – viele Geschichten”. “Die Ausstellung zeigt zehn Objekte aus den Beständen des Stadtarchivs, die aus unterschiedlichen Epochen stammen und unterschiedliche Arten von Quellen repräsentieren. Sie stehen stellvertretend für die historische Überlieferung im Stadtarchiv, die über die Geschichte der Stadtgemeinde Bruneck Auskunft gibt”, berichtete Stadtarchivar Oberhofer. Jede der zehn Stationen zeige auf, wie unterschiedliche Quellen als Zeugnisse ihrer jeweiligen Entstehungs- und Wirkungszeit gelesen werden können; daneben bleibe Raum für eigene Interpretation und für das “Weitererzählen”, so Oberhofer.
Moderiert wurde der Eröffnungsabend vom Direktor des Südtiroler Landesarchivs Gustav Pfeifer. Die Veranstaltung wurde heute Vormittag mit fünf Fachvorträgen und vertiefenden Diskussionen von Archivarinnen und Archivaren aus der Euregio sowie aus Vorarlberg und Oberösterreich über regionale Entwicklungen sowie aktuelle Herausforderungen im Archivwesen fortgesetzt.
Erster Südtiroler Archivtag
Ausgerichtet wird der gestern Abend eröffnete Erste Südtiroler Archivtag vom Südtiroler Landesarchiv gemeinsam mit dem Stadtarchiv Bruneck. Anlass ist der Internationale Tag der Archive (“International Archives Day”), der seit 2008 am 9. Juni begangen wird. Die Initiative dazu geht auf die Nichtregierungsorganisation “International Council on Archives” (ICA) zurück. Damit nimmt der ICA Bezug auf das Datum seiner eigenen, am 9. Juni 1948 unter der Schirmherrschaft der Unesco erfolgten Gründung.