Von: mk
Brixen – Bei der heutigen Tagung zum Jahr der Barmherzigkeit in der Cusanus Akademie in Brixen haben verschiedene Theologen dieses Thema aus biblischer und pastoraler Sicht beleuchtet und praktische Hinweise und Hilfestellungen gegeben, um sich im Alltag mit der Dimension und Bedeutung der Barmherzigkeit auseinanderzusetzen und die eigene Vergebungsbereitschaft zu hinterfragen.
Bischof Ivo Muser hob in seiner Begrüßungsansprache hervor, dass die tiefste Dimension der Liebe und Barmherzigkeit Gottes darin bestehe, dass Gott dem Menschen vergibt. „Das ist das Anliegen vom Heiligen Jahr der Barmherzigkeit: Gott zu entdecken in seiner tiefen Barmherzigkeit. Unsere Aufgabe besteht nun in der Antwort auf diese seine Zuwendung, sprich barmherzig gegenüber unseren Mitmenschen zu sein und Vergebung zu leben“, so der Bischof.
„Der Herr ist gnädig und gerecht“ (Ps 116,5). Überlegungen zur Barmherzigkeit Gottes“ war der Titel des Impulsvortrages von Ulrich Fistill, Professor für Altes Testament. Anhand verschiedener alttestamentlicher Texte hat Fistill das Zueinander von Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit aufgezeigt. Wenn Gott im Alten Testament als „barmherzig, langmütig und reich an Huld und Treue“ beschrieben wird, so werden für den Professor für Altes Testament nicht nur Eigenschaften Gottes beschrieben, sondern dessen Wesen aufgezeigt. Fistill hat zudem Jahwe als einen Gott geschildert, der einen nie fallen lässt – auch dann nicht, wenn man sich von Gott entfernt.
„Das Erbarmen Gottes ist keine Einbahnstraße“ war eine Kernaussage der Ausführungen von Maria Theresia Ploner, Professorin für Neues Testament. Anhand neutestamentlicher Texte hat sie aufgezeigt, dass bei jenen, die die Barmherzigkeit Gottes erfahren haben, eine Dynamik freigesetzt wird, wonach sie selbst zu „Missionaren der Barmherzigkeit Gottes“ werden.
Am Nachmittag hat Markus Moling zum Thema „Barmherzigkeit und Gottesbild – Gedanken von Augustinus und Thomas von Aquin“ referiert und dabei hervorgehoben, dass bei Augustinus und Thomas von Aquin die Barmherzigkeit zu den zentralen Eigenschaften Gottes gehört. „Die Barmherzigkeit ist Ausdruck der Güte Gottes, die sich verströmt; sie ist die den Menschen zugewandte Seite der Liebe Gottes“, so Moling, der anfügte: „Christus ist die Tür der Barmherzigkeit – wer durch ihn eintritt, betritt den Innenraum Gottes.“
„Ist Beichte (doch) modern“ lautete der Impulsvortrag von Kinder- und Jugendseelsorger Christoph Schweigl, der für seine Ausführungen rund 150 Jugendliche und junge Erwachsene zu diesem Thema befragt hatte, um Erfahrungen und Zugänge Jugendlicher zum Sakrament der Versöhnung herauszuarbeiten. Dabei wurde u.a. deutlich, dass das Bedürfnis, hin und wieder mit anderen über Probleme, Schwierigkeiten und Fehler zu reden, sehr wohl gegeben ist – nur wird dafür nicht primär die Hilfe im Sakrament der Versöhnung gesucht. „Meine Oma ging noch zur Beichte. In meiner Familie geht niemand zur Beichte“, so brachte es eine 23-Jährige auf den Punkt, während ein gleichaltriger junger Mann betonte: „Mag es auch nicht modern sein zu beichten; zu wissen, dass ich dadurch immer wieder die Chance bekomme, neu anzufangen, das ist für mich eine der größten Gnaden, die ich empfangen kann.“
Neben diesen Impulsvorträgen war im Laufe des Tages auch viel Zeit zur Stillen Anbetung, zur Meditation, zur Aussprache und zur Beichte geben. Die Veranstaltung schließt um 16.30 Uhr mit einer Lichterprozession gemeinsam mit Bischof Ivo Muser von der Cusanus Akademie ausgehend durch den Kreuzgang und die Heilige Pforte in den Dom von Brixen, wo die Prozession mit einer liturgischen Feier abgeschlossen wird.