Von: mk
Brixen/Meran – Edgar Hilsenrath, der selbst dem Holocaust nur knapp entkam und 1975 der Liebe zur deutschen Sprache wegen nach Deutschland zurückkehrte, gelang mit „Der Nazi & der Friseur“ eine groteske Geschichte, die vermag, mit Übertreibung und Zuspitzung näher an die Unvorstellbarkeiten des Realen heranzureichen, als es purer Realismus könnte.
Masel Tov!“ rufen die Hochzeitsgäste als der Friseur Itzig Finkelstein die dicke Mira küsst. Es ist ein guter Tag für das frischvermählte Paar im neugegründeten Staat Israel. Die Finkelsteins haben den Holocaust überlebt. Was Mira nicht weiß, was überhaupt niemand in der Welt wissen darf: Itzig Finkelstein trug im Konzentrationslager keine Sträflingskleidung. Er litt auch keinen Hunger. Er fror ein wenig, trotz SS-Uniform, aber die Winter in den polnischen Wäldern sind eisig. Er litt niemals Todesangst, bis die Partisanen die Lastwagen der SS-Truppen stellten und er auf der Flucht im Wald zu erfrieren und verhungern drohte. Denn Itzig Finkelstein ist in Wahrheit der Massenmörder Max Schulz. Ein kleiner Fisch, aber einer der besten. Äußerlich, trotz aller Reinrassigkeit, gestaltet wie die Karikatur eines Juden, kann er nach Kriegsende erstmals Profit aus seinem Aussehen schlagen. Mit einem Beutel voller Goldzähne und einer gestohlenen jüdischen Identität reist er nach Palästina aus und macht sich im Kampf um den „jüdischen Staat“ verdient. Eine große Tarnung für einen kleinen Fisch.
Regisseurin Monique Hamelmann hat die irrwitzige Groteske über einen Nazi, der zum Juden wird, als Bühnenfassung für das Staatschauspiel Dresden mit viel Sinn für das Komische im Tragischen inszeniert.
Die Gastspiele finden am Mittwoch, den 29. November im Forum in Brixen und am Donnerstag, den 30. November im Stadttheater Meran statt; die kostenlose Einführung beginnt um 19.30 Uhr.
Informationen und Karten gibt es unter www.kulturinstitut.org oder im Südtiroler Kulturinstitut unter der Telefonnummer 0471 313800.
Unterstützt wird das Konzert von der Zahnarztpraxis Dr. Spinell, subventioniert von der Südtiroler Landesregierung, Abteilung Deutsche Kultur.