75 Jahre Heimatpflegeverband Südtirol

“Jubiläum im Zeichen eines offenen Heimatbegriffs”

Samstag, 07. September 2024 | 19:44 Uhr

Von: ka

Bozen – Am Samstag feierte der Heimatpflegeverband Südtirol sein 75-jähriges Bestehen mit der feierlichen Vernissage der Ausstellung „Konzept Heimat“ im Südtiroler Künstlerbund. “Heimat ist für uns nicht nur Tradition und Bewahrung, sondern ein dynamisches Konzept, das sich den Herausforderungen der Gegenwart stellt,“ sagte die Obfrau des Heimatpflegeverbandes, Claudia Plaikner, bei der Jubiläumsfeier.

Obwohl bereits 1908 in Meran, später dann in Bozen und auch Lana die ersten Südtiroler Heimatschutzvereine gegründet worden waren, reicht die Geschichte des Heimatpflegeverbandes in die Nachkriegszeit zurück. 1949 wurde der Landesverband für Heimatpflege in Südtirol, der heutige Heimatpflegeverband, als Zusammenschluss aller Südtiroler Heimatschutz- und Heimatpflegevereine gegründet. Derzeit sind im Heimatpflegeverband Südtirol 37 Vereine zusammengefasst, die Gesamtmitgliederzahl liegt bei rund 4000 Mitgliedern. Seit 75 Jahren setzt sich der Heimatpflegeverband nun für den Erhalt und die Pflege des kulturellen Erbes ein.

Heimatpflegeverband Südtirol

Ein offener Heimatbegriff und ein starkes Netzwerk

Die Obfrau des Heimatpflegeverbandes, Claudia Plaikner, hob bei der Jubiläumsfeier die zentrale Bedeutung eines offenen Heimatbegriffs hervor. „Heimat ist für uns nicht nur Tradition und Bewahrung, sondern ein dynamisches Konzept, das sich den gesellschaftlichen, kulturellen und ökologischen Herausforderungen der Gegenwart stellt. So hat auch der Heimatpflegeverband in den vergangenen Jahrzehnten sein Profil immer wieder neu austariert,“ betonte Plaikner. Der Verband stehe heute für Offenheit und Vernetzung, um im Austausch mit verschiedenen Akteuren die Kultur- und Naturlandschaft Südtirols zu bewahren und gleichzeitig auf Veränderungen einzugehen.

Plaikner würdigte die Arbeit der vielen engagierten Mitglieder des Heimatpflegeverbandes, die in den letzten 75 Jahren maßgeblich dazu beigetragen haben, Südtirols einzigartiges kulturelles und landschaftliches Erbe zu schützen. Sie hob zudem die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern hervor, die entscheidend dazu beitrage, den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.

Heimatpflegeverband Südtirol

Ausstellung „Konzept Heimat“ – Eine künstlerische Auseinandersetzung

Zum 75. Geburtstag hat sich der Heimatpflegeverband selbst ein besonderes Geschenk gemacht: die Ausstellung „Konzept Heimat“ in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Künstlerbund. Die Kunstausstellung ist bei der Jubiläumsfeier eröffnet worden und

versammelt zeitgenössische künstlerische Positionen aus der Region und lädt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Begriff Heimat ein. Landesrat Peter Brunner gratulierte dem Heimatpflegeverband im Namen der Politik zum 75-jährigen Bestehen und dankte ihm für die wertvolle Arbeit. Der Präsident des Künstlerbundes Alexander Zöggeler betonte in seiner Eröffnungsrede, dass Heimat ein aktuelles Thema sei, dass jeder anders interpretiere.

Heimatpflegeverband Südtirol

Die gezeigten Werke von 25 Künstlerinnen und Künstlern aus Südtirol und dem Trentino reichen von Malerei bis hin zu Installationen und interpretieren den Begriff Heimat auf vielfältige Weise: Ulrich Egger greift etwa das Thema der in die Brüche gegangenen Heimat auf, während Werke von Paula Prugger und Werner Gasser das traditionelle Handwerk als zentrales Element der kulturellen Identität thematisieren. Lissy Pernthaler hat aus

Naturmaterialien einen Kokon als schützendes Nest geschaffen, mit dem sie eine Brücke zur Natur baut und im Altenburger Wald an der Stelle des umstrittenen geplanten Speicherbeckens übernachtet hat.

Die Kuratorinnen Lisa Trockner und Eleonora Klauser Soldà zeigten sich begeistert von der Bandbreite der künstlerischen Beiträge: „Der Begriff Heimat ist gleichermaßen ambivalent wie umstritten und daher für Kunstschaffende besonders attraktiv.“

Heimatpflegeverband Südtirol

Plaikner: “Wir müssen und wollen Verantwortung übernehmen”

Abschließend betonte Obfrau Plaikner, dass die Arbeit der Heimatpfleger heute mehr denn je eine zentrale Rolle in der Bewahrung und Weiterentwicklung der Kultur- und Naturlandschaft Südtirols spielt: „Wir müssen und wollen Verantwortung übernehmen – für unsere Heimat und für die Zukunft unserer Gesellschaft. Diese Verantwortung bedeutet, unbequeme Fragen zu stellen, aktiv zu werden, Bewährtes zu schützen, neue Wege zu gehen und gemeinsam eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft zu gestalten.“

Heimatpflegeverband Südtirol

Informationen zur Ausstellung

Die Ausstellung „Konzept Heimat“ bleibt bis zum 25. Oktober 2024 in den Räumlichkeiten des SKB ARTES in Bozen sowie im Freigelände des NOI Techpark zugänglich. Am 13.

September 2024 wird ein weiterer Ausstellungsteil im Granaio in Nomi feierlich eröffnet, der ebenfalls bis zum 25. Oktober besucht werden kann.

Heimatpflegeverband Südtirol

Konzept Heimat

Leonhard Angerer, Walter Blaas, Italo Bressan, Susanne Burchia, Stefano Cagol, Hannes Egger, Ulrich Egger, Karolina Gacke, Werner Gasser, Elisabeth Hölzl, Elias Jocher, Wil-ma Kammerer, Kira Kessler, Angelo Demitri Morandini, Manuel Oberkalmsteiner, Elisabeth Oberrauch, Laura Pan, Lissy Pernthaler, Christian Piffrader, Leonora Prugger, Paula Prugger, Sylvie Riant, Ariel Trettel, Gustav Willeit, Andreas Zingerle

Kuratorinnen: Eleonora Klauser Soldá, Lisa Trockner. Co-Kurator:innen Remo Forchini und Valentine Kostner.Ein Region umfassendes Ausstellungsprojekt rund um den ambivalenten Begriff Heimat in Zusammenarbeit zwischen dem Heimatpflegeverband Südtirol, dem Südtiroler Künstlerbund und dem Granaio in Nomi, anlässlich des 75. Jubiläum des Heimatpflegeverbandes Südtirol.

Früh in der Kindheit verwurzelt, begleitet die Heimat Menschen ein Leben lang, prägt Identitäten und ganze Familien. Sie ist entweder vertraut oder verloren, wirkt als utopisches Konstrukt, das zugleich eine real anmutende Gefühlslage vermittelt.

Das deutsche Wort Heimat ist ins Italienische – sowie in andere Sprachen – nur schwer übersetzbar. Kaum ein Begriff ist so stark von Emotionen geprägt und zugleich so tief von Unschärfe durchzogen. In einer sich permanent verändernden Welt, die mit einem Verlust sozialer Bindungen einhergeht, erscheint die Pflege von Tradition und Heimat als Gegenentwurf zur schnellen, digitalisierten Moderne. Heimat wird einerseits als arkadischer Rückzugsort erlebt, der zur Selbstreflexion anregt. Andererseits zeigen die Geschichte und die aktuelle politische Lage, wie dieses Ideal instrumentalisiert und zu Ausgrenzung bis hin zu Gewalt und Krieg führen kann.

Unter fundamental veränderten Lebensbedingungen erfährt der Begriff Heimat, zwischen der realen und digitalen Welt, zusehends neue Bedeutungen. In Bezug auf die Migrationswellen stellt Heimat eine komplexe Schnittstelle dar, die Fragen nach Zugehörigkeit, kultureller Verwurzelung und Anpassungsfähigkeit aufwirft. Menschen, die ihre Heimat verlassen und in neuen Umgebungen leben, suchen nach Wegen, ihre Identität im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu definieren.
Hinzu kommt der Einfluss des Klimawandels, der nicht nur physische, sondern auch emotionale Veränderungen mit sich bringt. Solastalgie – das Gefühl des Heimwehs, ohne die Heimat verlassen zu haben, ausgelöst durch Umweltveränderungen in der eigenen Umgebung, breitet sich aus.

In dieser umfassenden Ausstellung, über die Standorte SKB ARTES, dem Freigelände des NOI Techpark und dem Granaio di Nomi verteilt, spüren 25 Künstlerinnen und Künstler aus der Region in ihren unterschiedlichen Ausdrucksmitteln und auf inhaltlich verschiedenen Ebenen dem Begriff Heimat nach. Sie brechen den Begriff auf und untersuchen welche Dimensionen das vielschichtige Konzept Heimat kulturell, geografisch, sozial, politisch und emotional aktuell und in Zukunft umfassen kann.

Ausstellung „Konzept Heimat”

7.9.-25.10.2024 im SKB Artes, Weggensteinstraße 12a, Bozen Di – Fr 11 – 17 Uhr, Sa 11 – 14 Uhr

Eintritt frei

13.9.-25.10.2024 im Granaio der Gemeinde Nomi (TN) – Vernissage am 13.9.2024, um 18.30 Uhr

Bezirk: Bozen