Von: luk
Bozen – Um Mehrsprachigkeit und das Südtiroler Mehrsprachencurriculum ging es heute bei einer Tagung mit Experten, Schulführungskräften und Lehrpersonen an der Eurac.
“Auf dem Weg zur sprachsensiblen Schule – das Mehrsprachencurriculum in Südtirol” lautete der Titel der Tagung, die heute (11. November) an der Eurac in Bozen stattfand. Dazu eingeladen hatte der Bereich Innovation und Beratung im Deutschen Bildungsressort des Landes. Zentraler Aspekt der Tagung, an der zahlreiche Schulführungskräfte und Lehrpersonen aller Schulstufen teilnahmen, war die Vorstellung des Südtiroler Mehrsprachencurriculums. Dieses soll es den Schulen ermöglichen, Zugang zu einer nachhaltigen Mehrsprachigkeitsdidaktik zu finden und diese zu verankern.
Bildungslandesrat Philipp Achammer bezeichnete in seiner Begrüßung das Mehrsprachencurriculum als einen Meilenstein. Er merkte an, dass Mehrsprachigkeit ein Reichtum sei, den es zu nutzen gelte. Denn sie eröffne nicht nur den Zugang zu einer anderen Kultur, sondern ermögliche es auch, aufeinander einzugehen und leiste einen Beitrag zur geistigen Freiheit. “Mehrsprachigkeit ist jedoch nicht nur eine Aufgabe der Lehrpersonen, sondern bezieht die gesamte Gesellschaft mit ein”, gab der Landesrat zu verstehen und regte an, den Wandel von einer Kultur der Einsprachigkeit zu einer Kultur der Mehrsprachigkeit zu vollziehen. “Dabei geht es nicht einzig und allein um die Kenntnis mehrerer Sprachen, sonder um Verflechtung, Wertevorstellungen, interkulturelle Fähigkeiten und plurikulturelle Kompetenzen”, stellte Achammer fest.
Rudolf Meraner, Direktor des Bereichs Innovation und Beratung, betonte, dass Südtirol eine Brücke zwischen den Sprachräumen darstellt und sich daher in einer besonderen Situation befindet. Schulamtsleiter Peter Höllrigl unterstich, dass eine inklusive – und somit eine sprachsensible – Schule den Lernenden jenes Rüstzeug mit auf den Weg gibt, das sie in der heutigen Welt brauchen: “Daher muss die Sprachvielfalt an den Schulen und Kindergärten Beachtung finden”, beteuerte Höllrigl.
Ferdinand Patscheider, derzeit Direktor der Europäischen Schule in Frankfurt am Main und langjähriger Schulentwicklungsberater und Schulinspektor in Südtirol, beleuchtete in seinem Vortrag die Mehrsprachigkeit aus einem europäischen Kontext, ging aber auch auf die Situation in Südtirol ein. Bereits 2002 haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union bei einem Treffen in Barcelona den Unterricht von mindestens zwei Fremdsprachen ab der frühen Kindheit gefordert. “Mehrsprachigkeit als Bildungsauftrag beinhaltet nicht nur Sprache, sondern auch Kultur”, sagte Patscheider und stellte fest, dass es nicht genügt, sich Mehrsprachigkeit auf die Fahne zu schreiben: „Es gibt zwar viele Absichtserklärungen, bei der Umsetzung in der Praxis treten jedoch häufig Probleme auf“, so Patscheider. Er wies darauf hin, dass allzu oft noch von der “Normalitätsannahme” ausgegangen werde, wonach die Mehrheit der Kinder weltweit einsprachig aufwachsen – dies sei jedoch ein Irrtum.
Franca Quartapelle, die die Arbeit am Mehrsprachencurriculum wissenschaftlich begleitete, stellte anschließend das Curriculum sowie dessen Entstehungsgeschichte und Hintergründe vor. Die Publikation soll konkret zeigen, wie sich in der Schule verschiedene Sprachen verbinden lassen, wie im Sprachunterricht Synergien geschaffen werden und wie das Nebeneinander von Deutsch, Italienisch, Englisch oder anderen Sprachen zu einem fruchtbaren Miteinander werden kann. Dafür sei ein Kulturwandel der Sprachdidaktik notwendig, denn der Auftrag zur mehrsprachigen Bildung sein ein Auftrag an alle Lehrpersonen, nicht nur der Lehrpersonen der Sprachfächer. Das Mehrsprachencurriculum soll vor allem zeigen, wie des gelingen kann und worauf dabei zu achten ist.
Am Nachmittag standen dann noch ein Vortrag von Hans-Jürgen Krumm, der als internationaler Experte auf dem Gebiet der Mehrsprachendidaktik gilt, zum Umgang mit der zunehmenden sprachlichen Heterogenität der Schülerinnen und Schüler sowie verschiedene Workshops auf dem Programm.