Von: apa
Österreichs Topfavorit beim Eurovision Song Contest von Basel hat es geschafft: Der Countertenor JJ hat am Donnerstagabend beim 2. Halbfinale des Megaevents mit seiner Popera-Hymne “Wasted Love” sein Ticket für das große Finale am Samstag gelöst. Damit war Österreich eines von insgesamt zehn Ländern, das sich im 16-köpfigen Feld durchsetzen konnte und nun in der Endrunde um den Sieg beim 69. ESC kämpft.
Alles ist nun möglich
Dabei wird JJ, der mit Startplatz 6 ins Rennen ging, schon seit langem als einer der Topfavoriten auf die ESC-Krone gesehen. So reihen die Wettbüros den staatsoper-erfahrenen Künstler auf Platz 2 – hinter Schwedens Spaßtruppe KAJ mit ihrer Saunanummer “Bara Bada Bastu”, die im Vorfeld vor allem die humoraffine ESC-Fanbase begeisterte. Da im Finale aber nicht nur die Fanblase abstimmt, scheint am Samstag alles möglich – auch und nicht zuletzt für Österreich, das mit monumentaler Monochromie begeistert.
“Dann kann uns nichts mehr aufhalten”
“Ich verspüre alle Emotionen gerade – das ist wirklich verrückt”, zeigte sich JJ im Anschluss an die Show gegenüber österreichischen Medien baff angesichts des Ergebnisses: “Ich werde jetzt noch ein bisschen mehr reinpushen – und hoffentlich mit dem Sieg nach Hause kommen.” Im Fall der Fälle könnte da auch die Zahlenmystik ein wenig helfen, hatte der 24-Jährige doch wie 2014 Conchita Startplatz 6 im 2. Halbfinale. Nun stellt sich also die Frage, ob Österreich wie einst der späteren ESC-Queen auch Startnummer 11 im Finale zugeordnet wird. “Dann flippe ich wirklich aus, dann kann uns nichts mehr aufhalten”, zeigte sich JJ selbstbewusst.
Dabei zeichnet sich in Basel ab, dass der ESC-Tross nach dem Eklatcontest von Malmö im Vorjahr mit Großdemonstrationen und Störaktionen in der Halle gegen den israelischen Beitrag wieder eher auf Party umschwenkt. Dennoch kam es am Abend auch bei der Performance der heurigen israelischen Kandidatin Yuval Raphael – einer Überlebenden des Hamas-Massakers vom Oktober 2023 – mit “New Day Will Rise” wieder zu Störversuchen mit Trillerpfeifen und Palästinafahnen. Dessen ungeachtet qualifizierte sich die Sängerin für das Finale.
Sex vor Politik
Neben diesen politischen Aspekten dominierte vor allem ein Thema das 2. Halbfinale: Sex. Das galt bereits für die Eröffnungsnummer, Australiens Kandidat Go-Jo, der sich so lasziv als “Milkshake Man” präsentierte, dass sich die Frage stellt, von welcher Milch hier die Rede ist. Eine Antwort gibt es darauf allerdings nicht mehr, musste sich Australien doch überraschend aus dem Bewerb verabschieden.
Dafür gab es ein Finalticket für Maltas Kandidatin Miriana Conte. Die hätte eigentlich mit dem Songtitel “Kant” ins Rennen gehen wollen – ein Wort, das auf Maltesisch “Gesang” bedeutet, Deutschsprachige an den Philosophen denken lässt, Englisch Sprechende jedoch an das unzweideutige “Cunt” gemahnt. Die European Broadcasting Union protestierte, und so sicherte sich Conte nun unter dem Titel “Serving” ihr Finalticket – mit einer ungeachtet dessen erotischen Performance.
In den lasziven Schatten wurde Conte dabei allerdings von ihrer finnischen Kollegin Erika Vikman (was auf Finnisch keine anrüchige Bedeutung hat) gestellt, die den deutschen Titel “Ich komme” für ihre perfekt konstruierte, härtere Elektronummer über weibliche Lust gewählt hat. Im Lied geht es genau um das, was auf der Packung steht – wofür es ein klares Finalticket und eine Co-Favoritenrolle gab. Eine im wahrsten Sinn des Wortes geile Nummer, bei der man die Kinder beim Familienabend wohl eher kurz aus dem Zimmer schicken sollte, und die sich langsam zu einem Geheimfavoriten mausert.
Auch überraschende Aufsteiger
Ansonsten stiegen auch Luxemburgs Popprinzessin Laura Thorn (“La Poupée Monte Le Son”), Litauens junge Grungeband Katarsis mit “Tavo Akys” oder der lettische Enya-Verschnitt Tautumeitas (“Bur Man Laimi”) in die Endrunde auf. Hier darf auch Griechenlands Klavdia mit “Asteromáta” weiterleiden, während Sissal aus Dänemark überraschend nun auch im Finale “Hallucination” haben darf. Und schließlich darf sich Armeniens oberkörpernackter Parg, choreografiert von Österreichs Vorjahreskandidatin Kaleen, weiterhin als “Survivor” feiern.
Tschechiens Adonxs, hinter dem unter anderen Österreichs Drittplatzierter aus 2018, Cesár Sampson, stand, muss hingegen die Heimreise antreten, was etwa auch für Irlands Emmy mit heliumerhöhter Stimme galt. Und aus Serbiens Princ wird kein ESC-König mehr.
Nun kommen die Fachjurys dazu
Spannend wird es für JJ nun nicht zuletzt deshalb im Finale, da hier anders als in den Halbfinals nicht nur das internationale Publikum, sondern auch die Fachjurys abstimmen. Und die dürften erfahrungsgemäß eher der von JJ, Thomas Turner und der österreichischen ESC-Kandidatin von Liverpool, Teya, geschriebenen Nummer “Wasted Love” zuneigen als der schwedischen Spaßnummer. Ab 21 Uhr begleitet jedenfalls auf ORF 1 Andi Knoll die heimischen Zuschauer durch den ESC-Finalabend, der für Österreich spannend wie seit Jahren nicht mehr werden dürfte.
(S E R V I C E – www.eurovision.tv)
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