Verlegung der Eismumie

Ötzi-Standort: Die Kommission ist für den Virgl

Montag, 18. März 2019 | 11:38 Uhr

Bozen – Drei Vorschläge sollte die Fachkommission des Landes bewerten, wo der die Gletschermumie Ötzi in Zukunft untergebracht werden soll: das Athesia-Projekt mit dem Ötzi-Museum in der Musuemstraße, ein neues Ötzi-Museum an der Talferbrücke im derzeitigen Gebäude der Stadtbibliothek, wie es das Bauunternehmen Generalbau von Pietro Tosolini geplant hat, und der Virgl als Standort für den Mann aus dem Eis – ein Projekt der Signa-Gruppe vom Tiroler Investor René Benko. Nachdem am heutigen Montagvormittag die Umschläge geöffnet wurden, scheint nun festzustehen, dass die Kommission den Benko-Vorschlag bevorzugt, berichtet Alto Adige online.

Bei der Verlegung der Mumie vom Similaun auf den Virgl handelt es sich um ein rund 49 Millionen Euro teures Projekt. Diese Summe will die Signa investieren. Laut Benkos Stadthalter in Bozen, Heinz Peter Hager, soll das Museum gleichzeitig mit dem neuen Benko-Kaufhaus “Waltherpark” in drei Jahren eröffnet werden. Außerdem will die Signa-Holding auch eine Seilbahn auf den Virgl errichten. Deren Bau ist in den Kosten mit einkalkuliert.

Nun wird die heiße Kartoffel an Landeshauptmann Arno Kompatscher weitergereicht. Das Signa-Projekt stößt nämlich nicht bei allen auf Gegenliebe. Vor allem die Kaufleute in der Bozner Altstadt befürchten, dass mit der Verlegung des Ötzis auf den Virgl potentielle Kunden an den Rand der Stadt gelotst werden.

Kompatscher hat beschlossen, dass die Gletschermumie in eine funktionalere Struktur verlegt wird, die angesichts des internationalen Interesses dem Besucherstrom gerecht wird.

Die Expertenkommission hat die bei der nicht bindenden Marktrecherche des Landes für ein Museumsquartier in Bozen eingelangten Vorschläge bewertet. Das Land hat mögliche Gebäude oder Standorte mit Konzepten für den Bau eines Museumsquartiers für das Archäologiemuseum und das Stadtmuseum für die Stadt Bozen gesucht. Wichtigste Kriterien waren dabei die Qualität der Idee und wie viel Kubatur auf am angebotenen Standort verwirklicht werden kann.

Die Marktanalyse war öffentlich ausgeschrieben worden. Drei Bieter hatten sich gemeldet. Nun hat die Wettbewerbskommission mit Experten der Bereiche Urbanistik, Tourismus und Architektur sowie der Museen aufgrund der in der Ausschreibung festgelegten Kriterien die eingegangenen Angebote bewertet und bepunktet. Ein Angebot wurde aufgrund eines Formfehlers nicht bewertet. Von den möglichen 100 Punkten hat das Angebot der Viva Virgolo AG 100 Punkte bekommen und jenes der Athesia Buch AG 57,04 Punkte. In einem nächsten Schritt wird sich die Landesregierung gemeinsam mit der Gemeinde Bozen mit dem Ergebnis der nicht bindenden Marktanalyse befassen.

Landeshauptmann Kompatscher zur Marktanalyse Museumsquartier Bozen

Landeshauptmann Arno Kompatscher betont zu den heute veröffentlichten Ergebnissen der Marktanalyse zum Museumsquartier Bozen, dass es sich hierbei um eine völlig unverbindliche Marktrecherche handelte. Diese hatte zum Ziel, zu erheben, ob es Flächen bzw. Gebäude gibt, welche von Privaten freiwillig für ein neues Ötzi-Museum zur Verfügung gestellt würden. “Das bedeutet nicht, dass eines der beiden bewerteten Angebote angenommen werden muss”, unterstreicht Kompatscher. “Möglich sind immer noch die Weiterführung des bestehenden Standortes oder die Ausweisung einer nochmals anderen Fläche im Bauleitplan mit der Möglichkeit der Enteignung.”

Derzeit seien jedenfalls noch gar keine Mittel im Landeshaushalt für einen Grunderwerb oder Museumsneubau vorgesehen. “Die Landesregierung wird sich das Ergebnis der Marktrecherche im Detail ansehen und anschließend entscheiden, in welche Richtung weitergearbeitet werden soll”, erklärt der Landeshauptmann.

Team Köllensperger: “Zuerst das Wohl der Stadt und dann die Privatinteressen”

Der Besuchermagnet Ötzi zieht jedes Jahr rund 250.000 Besucher in seinen Bann, die wiederum die Stadt beleben, in Restaurants einkehren, in ihren Hotels übernachten und in Geschäften einkaufen. Dieser Wirtschaftsfaktor sei derart enorm, dass er Begehrlichkeiten wecke, daran teilzuhaben. Dies erklärt das Team Köllensperger in einer Aussendung.

Dennoch dürfe die Politik nicht davon abrücken, den Effekt so zu nutzen, damit so viele Wirtschaftszweige wie nur möglich einen Vorteil daraus ziehen können. Eine Entscheidung über den Standort müsse daher unter größter Sorgfalt abgewogen werden.

„Ein Umzug von Ötzi kann einen Teil der Stadt veröden lassen und einem anderen eine neue Blüte bescheren. Die von der Landesregierung gewählte Methode, der Mumie zu einem neuen Zuhause zu verhelfen, ist nicht der richtige Weg: Welchen Sinn hat es, eine derart schwerwiegende Entscheidung für die weitere Stadtentwicklung und die Zukunft Bozens auf der Grundlage einer bloßen Markterhebung treffen zu wollen, bei dem die üblichen Verdächtigen mit eingebunden sind und somit dessen Ergebnis abzusehen ist? Viel eher bedarf es einer breiten wissenschaftlich untermauerten Untersuchung durch unabhängige Experten, die die Auswirkungen bewerten und Szenarien über den zu erwartenden Verlauf der Verkehrs- und Bewegungsströme seitens der Stadtbevölkerung und der Touristen zeichnen“, erklärt die Bewegung.

Anhand vor allem dieser und anderer Daten könnten verlässlich Aussagen über die Geschäftsentwicklung der Gewerbetreibenden getroffen werden, die über die weitere Zukunft dieser Betriebe entscheiden. Bei Ötzi auf dem Virgl bestehe das Risiko, den Handel auf der Achse Lauben/Museumstrasse in Schwierigkeiten zu bringen und in der Freiheitsstraße den Garaus zu machen. „Eine von KPMG im Auftrag vom hds durchgeführte Studie hat diese Befürchtungen mit beeindruckenden Daten bekräftigt. Unter anderem sind negative Auswirkungen auf die Touristenfrequenz in der Innenstadt zu befürchten (einschließlich des ursprünglichen Standortes des Ötzimuseums) mit einem Rückgang bis 20 Prozent im Vergleich zu heute und des Weiteren droht ein massiver Rückgang der Gesamtbesucherfrequenz rund um den Waltherplatz“, erklärt das Tema Köllensperger.

Durch einen Beschlussantrag will das Team Köllensperger das Thema in den Landtag bringen, „gerade um zu vermeiden, dass eine Entscheidung derartiger Tragweite ohne seriöse und vertiefte Untersuchung über die Gesamtfolgen und Auswirkungen getroffen werden kann. Der Virgl soll revitalisiert werden; dies darf aber nicht zum Nachteil der Stadt geschehen.“

Von: mk

Bezirk: Bozen