Ab 20. April

Premiere in Brixen: Zwischenfälle

Dienstag, 04. April 2023 | 18:15 Uhr

Brixen – Ab 20. April zeigt die Brixner Dekadenz „Zwischenfälle“. Aus Texten seines Lieblings-Autors Daniil Charms hat Dietmar Gamper ein humorvolles und hintergründiges Stück für drei Schauspieler und Schauspielerinnen gezaubert. Auf der Bühne stehen Margot Mayrhofer, Markus Oberrauch und Frederick Redavid.

„Mich interessiert nur Quatsch, nur das, was gar keinen praktischen Sinn hat. Mich interessiert das Leben nur in seiner unsinnigen Erscheinung“, sagte Daniil Charms, Klassiker der Literatur des 20. Jahrhunderts und Vorreiter des absurden Theaters. Dietmar Gamper – umtriebiger Theaterfreigeist – zollt mit dem Stück seinem Lieblingsautor Tribut, der ihn auf seinem künstlerischen Weg begleitet und geprägt hat. Gamper montiert die Textfragmente Daniil Charms zu einem neuen Stück. Den roten Faden darin bildet Daniil Charms Lebensweg. Biografie und Werk laufen ineinander.

Wer war Daniil Charms?

Daniil Charms wurde 1905 als Daniil Iwanowitsch Juwatschow in St. Petersburg geboren. Er war Gründungsmitglied der avantgardistischen Künstlergruppe OBERIU, die 1930 nach zwei Jahren verboten wurde. Um der Zensur zu entgehen, schrieb er Literatur für Kinder, wodurch er seinen Lebensunterhalt nur notdürftig bestreiten konnte. Charms wurde mehrfach verhaftet und aus St. Petersburg (Leningrad) verbannt. Er starb 1942 im Gefängnis. Erst in der Perestroika wurden die Texte wiederentdeckt und veröffentlicht.

Im Unsinnigen, im Ulk, im Phantastischen und im Grotesken findet Daniil Charms Ausdruck seiner Welt. Seine Literatur, wo alle Regeln der Physik, der Logik, der Sprache und Moral, ausgehobelt sind, ist ihm Halt und Flucht. Der Südtiroler Autor Josef Oberhollenzer sagt über Charms: „Weil seine Geschichten wollen von einem nichts; sie sind einfach da und begehren dich nicht. Sie wollen einen lachen machen; aber all der Schrecken der Welt, gleichzeitig, lächerlich wie der Tod, springt dich aus ihnen an. Und man lacht, lacht sich ins Leben hinein; man kann nicht genug bekommen davon. Daniil Charms ist eine sucht, ich sollte warnen vor ihm; weil schon die erste Geschichte zieht einen hinein – immer tiefer ins absurde, in den verqueren Witz des Alltags hinein. oder ins lachen vielleicht, bevor einer zugrunde geht.“

Ein russischer Autor jetzt?

Als russischer Autor, der einem totalitären Regime unterlag, passt er punktgenau ins Heute: „Heute werden Intellektuelle, Künstler:innen wieder als „feindliche Elemente“ der Macht empfunden und dafür bestraft. Wie seinerseits Charms, endet Widerstand oft tödlich, Menschen landen sie im Knast oder im Exil. Diese seltsame ‚Heimat‘ verlangt schon wieder Opfer, aus unsinnigen Gründen, deren Unsinnigkeit die scheinbare künstlerische ‚Unsinnigkeit‘ eines Charms’ bei weitem übertrifft und an Wahnsinn grenzt“, schreibt Marina Koreneva, sie ist Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin und preisgekrönte Drehbuchautorin und hat Gamper bei der Text-Arbeit unterstützt.

Aber zur Inszenierung …

Dietmar Gamper, Regisseur und Dramaturg des Abends, arbeitet zusammen mit langjährigen Kollaborateur:innen. Es spielen Margot Mayrhofer, Markus Oberrauch und Frederick Redavid und damit drei Schauspieler:innen, die Tragik und Komik in ihrem Spiel wunderbar vereinen. Die Bühne gestaltet Sara Burchia, die Kostüme Sieglinde Michaeler und Walter Granuzzo. Gurdrun Pichler ist an der Maske. Gemeinsam kreieren sie eine anziehende Traumwelt aus Stoffbahnen und historischen Versatzstücken durch die sich halb reale, halb gespenstische Wesen bewegen. Die Musik in der Inszenierung ist besonders hervorzuheben: „Zwischenfälle erklingt im 5.1 Surroundsound rund um das Publikum, wie wir es aus dem Kino kennen“, beschreibt Theatermusiker Simon Gamper: „diese Art der Beschallung lässt eine surreale Klangwelt innerhalb Charms‘ Welt entstehen, die aus einer ganz dichten Mischung aus Musik und Sounddesign besteht. Sie ist voller Stimmen, Chöre, Streicherklänge, gestrichener Zithern, gehämmerter Dulcimer, Gruppen kleiner Trommeln, aber auch analoger Synthesizer, Drummachines und noch einigem mehr.“

Ab 20. April ist „Zwischenfälle“ zehn Mal in der Brixner Dekadenz zu sehen. Das Publikum darf sich freuen auf eine bildstarke und urkomische Salve an dunklen Pointen und einen aberwitzig-absurden, dunkel-dröhnenden Theaterabend.

 

Aufführungen: Do 20.04., Mi 26.04., Do 27.04., Fr 28.04., Sa 29.04., So 30.04.*, Mi 03.05., Do 04.05., Fr 05.05., Sa 06.05.

Beginn: 20.30 Uhr, *Sonntags: 18.00 Uhr

Von: luk

Bezirk: Eisacktal