Von: ka
Bozen – Am Samstag, den 19. Juni 2021 hat die 56. Ordentliche Bundesversammlung des Südtiroler Schützenbundes, Corona bedingt im kleineren Rahmen, im Waltherhaus in Bozen stattgefunden. Geladen waren Vertreter aller 144 Schützenkompanien und -kapellen, die Ehrenmajore, die Bundesleitung sowie der Bundesausschuss. Der Versammlung ging eine Heilige Messe im Bozner Dom voraus, die von Landeskurat P. Christoph Waldner OT zelebriert wurde. Die Ehrenformation des Schützenbezirkes Burggrafenamt/Passeier unter dem Kommando von Mjr. Hannes Holzner feuerte bei der Heldenehrung am Peter-Mayr-Denkmal eine Ehrensalve ab.
60 Jahre Feuernacht
In seinem Bericht ging Landeskommandant-Stv. Renato des Dorides auf die Entwicklung unserer Heimat im vergangenen Jahr ein. Des Dorides erinnerte vor allem an die Ereignisse vor 60 Jahren, der sogenannten Feuernacht. Beherzte Frauen und Männer hatten in der Herz-Jesu-Nacht, auf die auch nach dem Faschismus weiter fortgeführte nationalistische Politik Italiens im südlichen Tirol aufmerksam machen wollten. Unter Sepp Kerschbaumer bildete sich eine Widerstandsbewegung, die durch gewaltsame Aktionen die Weltöffentlichkeit auf die unhaltbaren Zustände in Südtirol aufmerksam machen wollte. Das Ziel war das Selbstbestimmungsrecht und die Wiedervereinigung Tirols. In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1961 rollte eine Welle von Detonationen durch die Täler Südtirols. Stundenlang blitzten Sprengladungen auf, krachte der Donner von Explosionen, und am nächsten Morgen lagen Dutzende Stromleitungsmasten zerstört auf dem Boden. Was war damals geschehen? Der Druck, dem die deutsche Bevölkerung Südtirols seit vier Jahrzehnten ausgesetzt war, hatte sich, nachdem alle legalen Mittel und Verhandlungen versagt hatten, in gewaltsamen Aktionen Luft gemacht.
Tätigkeiten im vergangenen Schützenjahr
Bundesgeschäftsführer Major Egon Zemmer MSc konnte auf eine umfangreiche Tätigkeit zurückblicken. In der Corona-Pandemie belieferten Schützen und Marketenderinnen insgesamt vier Mal alle 77 Südtiroler Sozialeinrichtungen mit Desinfektionsmittel und Biozid. Es wurden unter anderem Zimmer in Seniorenwohnheimen desinfiziert und ausgeräumt, Gartenarbeiten erledigt, Geschenke ausgeliefert und Fahrdienste für die Zustellung von Mahlzeiten organisiert.
Das Alpenregionstreffen 2020 in Passeier musste abermals verschoben werden. Genauso mussten viele weitere Veranstaltungen der Schützen und Marketenderinnen für ein weiteres Jahr verschoben oder abgesagt werden. Nichtsdestotrotz wollte der Schützenbund aktiv bleiben und weiter Zeichen setzen. Die Umstände haben wieder einmal verdeutlicht, dass die Zugehörigkeit Südtirols zu Italien keine Option sei. Im Handumdrehen wurden Situationen geschaffen, als hätte es in unserem Land nie eine Autonomie gegeben. Da bleibt nur noch eins. Die Selbstbestimmung und die Unabhängigkeit. Sie sind ein langfristiges Projekt welches sich zweifellos lohnt durchzusetzen.
Im ganzen Land entflammten über Wochen verteilt Feuerschriften mit „LOS VON ROM“, „FREIHEIT“ und „VOLK STEH AUF“. Auch Spruchbänder fanden ihren Platz an gut sichtbare Stellen mit denselben und ähnlichen Botschaften an die Bevölkerung.
Die plötzlich wieder schmerzhaft spürbare Unrechtsgrenze bewegte den Schützenbund die Verantwortungsträger im Land zum Nachdenken anzuregen. Kurzer Hand wurde mit einer Aufkleber-Aktion über die Grenze informiert, wo die meisten diese sehen wollen – verrückt nach Süden.
In Zeiten wo im Lande alles still stand, fand der Südtiroler Schützenbund die Zeit um die Bundeskanzlei ins Kampill Center von Bozen zu übersiedeln.
100 Jahre Teilung Tirols
Das Jahr stand im Zeichen von 100 Jahre Teilung Tirols. Ein trauriger Anlass für ganz Tirol. Um nichts den Zufall zu überlassen, fanden die Schützen den Weg zum Landtag wo eine Ehrenformation Landtagspräsident Josef Noggler 35 Pakete mit Lösungsvorschlägen für die Zukunft unserer Heimat und ein Manifest für die Südtiroler Landtagsabgeordneten überreichte. Die Botschaft war klar. 100 Jahre Unrecht sind genug – Südtirol kann!
Auch auf unseren Bergen und Schlössern verkündeten Flammenschriften mit einem getrennten Hunderter und Linien mit rotem Leuchtfeuer die Trauer. An der Unrechtsgrenze hat der Südtiroler Schützenbund, in Anwesenheit aller drei Landeskommandanten Tirols, eine Dornenkrone errichtet und einen großen getrennten Hunderter im Berghang mit einer Feuerschrift entzündet. Sie soll an das Leiden erinnern, das die Südtiroler im Laufe der Geschichte miterlebt haben.
Günther Obwegs Preis ausgelobt
Der Schützenbund hat den Günther-Obwegs-Preis erneut ausgeschrieben. Er gilt als Anerkennung für wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit Fragen zur Zukunft Südtirols auseinandersetzen.
Sozialbilanz gezogen
Die Referenten Bundeskassier Major Dr. Franzjosef Roner, der Jugendreferent Major Kuno Huber, die stellvertretende Bundesmarketenderin Lisa Althuber, der Schriftleiter der Tiroler Schützenzeitung Major Renato des Dorides, der Medien- und Öffentlichkeitsreferent Major Egon Zemmer MSc, die Bundeschießreferentin Sonja Hackhofer sowie der Ladiner Vertreter Major Emanuel Delmonego blickten in ihren Berichten auf ein umfangreiches Tätigkeitsjahr zurück und gaben Einblick in die anstehenden Veranstaltungen. Auch der Obmann des Herz-Jesu-Notfonds Paul Bacher gab Rechenschaft über die geleistete Tätigkeit.
Ehrungen
Mehrere verdiente Mitglieder wurden mit der Verdienstmedaille des SSB ausgezeichnet. Die Verdienstmedaille in Bronze erhielten Erwin Prosch (Meransen), Johannes Pfraumer (Kaltern), Verena Geier (Nals). Mit der Verdienstmedaille in Silber wurden geehrt: Andreas Rieder (Meransen), Dieter Sölva (Kaltern), Walter Bernard (Kaltern), Peter Villgrater (Taufers i.P.), Alexander Gruber (Aldein) und Jürgen Werth (Neumarkt).
Neuwahl des Landekommandanten
Da Jürgen Wirth Anderlan im Jänner als Landeskommandant zurückgetreten war, war es notwendig dieses Amt nachzubesetzen. Mit großer Mehrheit wurde der bisherige Stellvertreter Renato des Dorides mit 84 von 116 abgegebenen Stimmen zum neuen Landeskommandanten gewählt. Abgeschlossen wurde die 56. Bundesversammlung mit der Tiroler Landeshymne.