Von: bba
Bozen – Anfang Oktober nehmen die Südtiroler Städtetheater nach langer Pause ihren Betrieb wieder auf. Bei der Pressekonferenz stellten sie ihre Programme vor und sprachen über die individuellen Sicherheitskonzepte.
Dass es ein spannendes Jahr für den Städtetheaterverbund werden sollte, war klar. Zwei der vier Theater stehen unter neuer Führung. Dem Meraner Theater in der Altstadt steht, nach dem traurigen Verlust von Gründer und künstlerischem Leiter Rudi Ladurner, die Schauspielerin Johanna Porcheddu vor. Klaus Gasperi hat im Stadttheater Bruneck das Zepter an seinen Sohn Jan Gasperi als Geschäftsführer und Christine Lasta als künstlerische Leiterin übergegeben. Mit Lust und Tatendrang haben sich die neuen LeiterInnen auf ihre erste Saison vorbereitet, als der Lockdown kam.
„Es war eine schwierige und unsichere Zeit. Der Austausch mit den Kollegen der anderen Städtetheater hat gut getan und uns allen Halt gegeben. Wir sind zusammengewachsen“, meint Anna Heiss, Leiterin der Dekadenz Brixen.
Unter welchen Umständen, soll der Theaterherbst also in den Südtiroler Städten starten? Die vier Theater haben unterschiedliche Konzepte entwickelt. Die Brixner Dekadenz weicht mit der Theatereigenproduktion ins neue Brixner Kulturzentrum Astra aus. Hier können, unter Einhaltung der Abstandsregelung, 85 Menschen die Aufführungen sehen. Das Gastspielprogramm bleibt im Keller. Das Stadttheater Bruneck besetzt das Theater wie gewohnt, es herrscht aber Maskenpflicht für die gesamte Stückdauer, die im Herbst 85 Minuten nicht übersteigt. Nach dem Motto „Let’s play safe“ werden ab Oktober in der Carambolage nur mehr 37 Zuschauer pro Vorstellung begrüßt.
Manche Vorstellungen werden zweimal hintereinander geboten, weshalb auf die Uhrzeiten genau zu achten ist. Auch im Theater in der Altstadt Meran entscheidet man sich für die Variante Sicherheitsabstand. Bis die Sitzplätze eingenommen sind, herrscht Maskenpflicht. Alle vier Theater bitten um frühzeitige Reservierung und um rechtzeitiges Kommen, damit Menschenansammlungen vermieden werden, sowie das Benutzen der Desinfektionsmittel. Für einen kontinuierlichen Luftaustausch wird gesorgt.
Mit junger Dramatik in die neue Saison Mit den Eröffnungsproduktionen zeigen sich die vier Städtetheater gewohnt zeitgenössisch und sozialkritisch. Das Theater in der Altstadt beginnt mit „Sieben Minuten / Betriebsrat” von Stefano Massini, einer Koproduktion mit Phenomena unter der Regie von Hans Kieserer. Die Protagonistinnen bilden die Mitglieder des Betriebsrats einer französischen Textilfirma. Sie sind stellvertretend Zielscheibe in einer Welt, in der Profitdenken und Ausbeutung bagatellisiert werden.
Die Carambolage eröffnet mit „Drosseln (Swallow)“ der schottischen Dramatikerin Stef Smith. Es geht um zwei Frauen und einen Trans-Mann. Mit einem zärtlichen Blick auf die Figuren gelingt es der Autorin, die Widersprüche der modernen Gesellschaft zwischen Selbstoptimierung und Selbstzerstörung offenzulegen. Es spielen Katharina Gschnell, Viktoria Obermarzoner, Doris Pigneter und Daniel Clemente in einer Inszenierung von Joachim Gottfried Goller. Die Dekadenz eröffnet mit Philipp Löhles „Am Rand (ein Protokoll)”. Dietmar Gamper, Margot Mayrhofer, Frederick Redavid, Peter Schorn und Marlies Untersteiner spielen unter der Regie von Torsten Schilling einen komischen Krimi, wo ein einsames Wildschein zum dritten Weltkrieg führt oder auch nicht. Stadttheater Bruneck zeigt „Gift. Eine Ehegeschichte“ von Lot Vekemans, eine Koproduktion mit dem Theaterkahn/Dresdner Brettl rund um die Frage „Gibt es ein Leben nach dem gemeinsamen Leben?“. „Gift“ ist eines der berührendsten und erfolgreichsten Stücke der jüngeren Theatergeschichte. Es spielen Sarah Kattih und Thomas Dehler unter der Regie von Claus Tröger.
Anfang Oktober nehmen die Südtiroler Städtetheater ihren Spielbetrieb aus Eigenproduktionen, Gastspielen und Konzerten wieder auf. Mit großer Lust ihrem Kulturauftrag wieder nachzukommen, aber auch gebotener Vorsicht, öffnen die Theater ihre Pforten und freuen sich auf ihr Publikum.