Pippi Langstrumpf und ihr Äffchen Herr Nilsson

Vor 80 Jahren erschien Erstausgabe von “Pippi Langstrumpf”

Dienstag, 25. November 2025 | 11:21 Uhr

Von: APA/dpa

Sie ist neun Jahre alt, lebt ohne Eltern – dafür mit einem Pferd und einem Affen – in einem bunt angestrichenen Haus: Pippi Langstrumpf. Vor 80 Jahren erschien in Schweden die erste Ausgabe des Buches mit den Abenteuern des frechen, starken, freiheitsliebenden Mädchens – erdacht von Astrid Lindgren als Gute-Nacht-Geschichten für ihre Tochter. Es wurde ein Bestseller, obwohl Kritiker vor einem Zusammenbruch der Moral warnten.

Es folgten zwei Fortsetzungen. Mittlerweile sind die Bücher in 80 Sprachen übersetzt, mehrfach verfilmt und weiter relevant. Pippi – mit vollem Namen Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf (auf Schwedisch Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump) lügt, dass sich die Balken biegen. Wenn es sein muss, prügelt sie sich auch mal. Sie lebt von einem Vermögen dubioser Herkunft, in die Schule geht sie nicht, denn von “Plutimikation” und anderen Dingen, die man dort lernen soll, hält sie nicht viel. Als die Autorin Astrid Lindgren ihr erstes Pippi-Manuskript an einen Verlag schickte, fügte sie daher mit einem deutlich lesbaren Augenzwinkern die Bitte hinzu, nicht das Jugendamt zu alarmieren.

Das Kinderbuch war sofort ein Riesenerfolg, sagt die Literaturprofessorin Elina Druker von der Universität Stockholm – auch weil es anders war. “Die Hauptfigur durchbricht auf schockierende Weise gängige Normen. Sie wird als eine Art kindlicher Superheld dargestellt, doch zugleich übt das Buch mit viel Humor Kritik an zeitgenössischen Vorstellungen von Kindheit, Identität und der Möglichkeit, sein Leben mitzugestalten”, sagt Druker zur Deutschen Presse-Agentur. Genau das sorgte auch für Kontroversen. “Einige Lehrkräfte und Kritikerinnen sorgten sich über Pippis rebellische Art und die fehlende Aufsicht.”

Grundstein für lange Karriere Lindgrens

“Pippi Langstrumpf” legte den Grundstein für die lange Karriere von Astrid Lindgren, die später weitere Publikumserfolge wie “Michel aus Lönneberga”, “Wir Kinder aus Bullerbü” und “Ronja Räubertochter” schreiben sollte. Ein Merkmal, das so viele ihrer Kinderbücher kennzeichnet, ist bei “Pippi Langstrumpf” besonders deutlich: Es ist aus der Perspektive des Kindes geschrieben.

Neben teils recht absurdem Humor schwingt auch schon bei Pippi die vielen von Lindgrens späteren Büchern eigene Melancholie mit. Zum Beispiel, wenn Pippi erzählt, dass sie sich immer selbst in den Schlaf singt, weil sie ja keine Eltern hat, die das für sie tun würden. Wenn Pippi erzählt, wie sie zu ihrer Mutter, die “ein Engel” ist, regelmäßig in den Himmel ruft: “Hab keine Angst! Ich komme immer zurecht!”, könnte man sich vorstellen, dass Lindgren, selbst Mutter zweier Kinder, das auch als Trost für sich selbst geschrieben hat.

Als 18-Jährige wurde Lindgren außerehelich schwanger. Sie brachte ihren Sohn heimlich in Kopenhagen zur Welt. Er wuchs die ersten Jahre seines Lebens bei einer Pflegefamilie und bei Lindgrens Eltern auf. Erst als sie später heiratete, konnte sie ihn zu sich holen. Die Tochter, die sie mit ihrem Ehemann bekam, wuchs auf, während der Zweite Weltkrieg wütete.

Pippi begann als Gutenachtgeschichte

In dieser beklemmenden Zeit begann auch die Geschichte von “Pippi Langstrumpf”. Als Lindgrens Tochter Karin, damals sieben Jahre alt, im Jahr 1941 mit einer Lungenentzündung im Bett lag, bat sie ihre Mutter wie so oft, ihr eine Geschichte zu erzählen. “Erzähl von Pippi Langstrumpf”, sagte das Mädchen und erfand in dem Moment den Namen der Figur, die Kinder auf der ganzen Welt auch mehr als 80 Jahre später noch kennen und lieben sollten.

Astrid Lindgren dachte sich an dem Abend und an vielen weiteren Abenden danach Geschichten rund um das starke rothaarige Mädchen aus. Denn Karin wollte von nun an nur Pippi-Geschichten hören. Als Lindgren Anfang 1944 auf einem eisglatten Stockholmer Gehweg ausrutschte und sich den Knöchel verstauchte, war sie es, die das Bett hüten musste. Zum Zeitvertreib schrieb sie die Geschichten über Pippi auf. Sie wollte sie ihrer Tochter Karin zum zehnten Geburtstag schenken.

Im Jahr darauf schickte Lindgren das Manuskript von “Pippi Langstrumpf” im Rahmen eines Preisausschreibens an einen kleinen Stockholmer Verlag – und landete damit auf dem ersten Platz. Kurz nach Kriegsende erschien “Pippi Langstrumpf” in Buchform. 1949 kam eine deutsche Übersetzung in den Handel.

Botschaft bleibt aktuell

Laut Elina Druker ist eine der Botschaften, die das Buch vermittelt, dass Stärke und Macht Hand in Hand gehen sollten mit Empathie und Freundlichkeit. “Pippi ist das stärkste Mädchen der Welt, aber sie ist auch rebellisch, gütig und großzügig”, meint Druker. Pippi missbraucht ihre Stärke und ihren Reichtum nicht – ganz im Gegenteil setzt sie sie oft dafür ein, den Schwächsten zu helfen. Genau diese Werte machen “Pippi Langstrumpf” zu einem Kinderbuch, das auch – oder gerade – in heutigen Zeiten äußerst relevant bleibt.

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