Von: ka
Palmoli/Chieti – Das monatelange Tauziehen zwischen dem Gericht von L’Aquila und Catherine Birmingham und Nathan Trevallion, die mit ihren drei Kindern in einem abgelegenen ehemaligen Bauernhaus bei Palmoli ein zurückgezogenes Leben inmitten der Natur führen, endete am Donnerstag letzter Woche mit dem einstweiligen Entzug des Sorgerechts.
In der italienischen Öffentlichkeit wächst die Kritik an dieser Entscheidung. Unter anderem sammelten Unterstützer der Familie mehr als 1.800 Unterschriften. Das Gericht von L’Aquila nennt jedoch eine Reihe von Gründen für diese harte, aber nicht endgültige Entscheidung.

Am letzten Donnerstag war es soweit. Catherine Birmingham und Nathan Trevallion haben das Sorgerecht für ihre drei Kinder im Alter von acht und sechs Jahren verloren, mit denen sie auf einem einsamen Bauernhof in einem Wald bei Palmoli in der Nähe von Chieti in der mittelitalienischen Region Abruzzen lebten. Das zuständige Gericht von L’Aquila hat dies mit dem Dekret Nr. 206 vom 20. November 2025 beschlossen und die Unterbringung der Kinder in einem geschützten Wohnheim wenige Kilometer von Palmoli entfernt angeordnet. Die Mutter, Catherine Birmingham, darf im gleichen Heim wohnen und ihre Kinder täglich mehrere Stunden sehen; der Vater, Nathan Trevallion, kann sie besuchen.
„Ja, es ist leider passiert und es war schrecklich. Sie haben uns unsere Kinder weggenommen“, erklärte Nathan Trevallion, der Vater. Der Beschluss wurde gestern mit einem großen Aufgebot an Polizeikräften – fünf Streifenwagen der Carabinieri und ein Fahrzeug der Sozialdienste – vollstreckt. Außerdem wurde die Anwältin Maria Luisa Palladino zur vorläufigen Vormundin ernannt. Doch warum haben die Richter die Wegnahme angeordnet?
Diese drastische Anordnung geht auf eine Reihe von Untersuchungen zurück, die mit Kontrollen der Carabinieri begannen und mit Berichten der Sozialdienste fortgesetzt wurden. Dabei stellten die Carabinieri fest, dass es in dem Haus weder Strom noch fließendes Wasser oder Toiletten gab. Sie entdeckten auch die Sonnenkollektoren, den Brunnen, die Außenanlage zur Hygiene und den Kamin, der die einzige Heizungsmöglichkeit darstellte. Zudem wurde festgestellt, dass die drei Kinder nicht zur Schule geschickt wurden, keinen Kinderarzt hatten und in sozialer Isolation lebten.
Bereits im ersten Bericht vom Juli dieses Jahres, der auf die Meldung der Carabinieri an die Staatsanwaltschaft folgte, wies die Leiterin der Sozialdienste auf schwerwiegende Mängel hin. „Die Familie lebt in einer prekären Wohnsituation, da die Bewohnbarkeit des Gebäudes nicht bestätigt wurde. Die Mitglieder der Familie Trevallion haben keine sozialen Kontakte, in der Wohnung gibt es keine sanitären Einrichtungen und die Kinder besuchen keine Schule“, so die Leiterin der Sozialdienste in ihrem Bericht.

Catherine Birmingham und Nathan Trevallion betonen, dass sie die Prinzipien des Unschooling, einer Form des selbstbestimmten und informellen Lernens, anwenden. Sie erlauben ihren Kindern jedoch nicht, frei mit anderen Kindern zu spielen, da sie diese für „beeinflussbar“ halten. Aus diesem Grund lehnen sie staatliche Eingriffe ab und beanspruchen das Recht, ihre Kinder im Einklang mit der Natur aufzuziehen – fernab einer Gesellschaft, die sie als „vergiftet“ und krank betrachten.
Zwar konnte die Bewohnbarkeit vom Anwalt der Familie, Giovanni Angelucci, nachgereicht werden, aber angesichts der angeblichen Baufälligkeit des Gebäudes und der von den Eltern unternommenen Änderungen ist ungewiss, ob sie weiterhin gültig ist. Schwer wiegt in der Tat, dass die Birmingham-Trevallions alle Annehmlichkeiten, auch die grundlegenden, aus dem vor vier Jahren für 20.000 Euro erworbenen Bauernhaus im Wald entfernt haben. „Als das Paar das Bauernhaus kaufte, besaß es alle notwendigen Anschlüsse. Aber sobald sie eingezogen waren, trennten sie die Strom- und Wasseranschlüsse und rissen das Badezimmer ab“, erklärt der Bürgermeister von Palmoli.

Trotz der Bemühungen des Rechtsbeistands der Familie, der Unterlagen, Bescheinigungen und Zeugenaussagen vorlegte, um die Vorwürfe der Sozialdienste zu entkräften, bestätigte das Gericht die Schwere der Lage. In der Verfügung heißt es, dass „eine schwere elterliche Vernachlässigung aufgrund des Fernbleibens vom Schulbesuch und der Isolation der Kinder von der Außenwelt vorliegt” und dies „die Entfernung der Minderjährigen von den Eltern” rechtfertigt.
Die Richter betonten außerdem die mangelnde Zusammenarbeit der Eltern mit den Sozialdiensten, obwohl es mehrere Versuche für ein Treffen gegeben habe. Insbesondere seien die obligatorischen Gesundheitsuntersuchungen, darunter eine von der Kinderärztin angeordnete neuropsychiatrische Untersuchung zur Gesamtbeurteilung der Kinder, nicht durchgeführt worden. Nathan und Catherine hätten nämlich eine Entschädigung von 50.000 Euro für jedes Kind verlangt, bevor sie den Untersuchungen zustimmten.
Der Beschluss hebt hervor, dass die Anordnung „auf der Gefahr einer Verletzung des Rechts auf Beziehung” der Minderjährigen beruht, und betont, dass „angesichts der schwerwiegenden und nachteiligen Verletzungen der Rechte der Kinder auf körperliche und geistige Unversehrtheit die Eltern von ihrer elterlichen Verantwortung suspendiert werden müssen”.
Nathan Trevallion, der derzeit gezwungenermaßen allein lebt, zeigt Einlenkungsbereitschaft. Er versichert, dass er dank des einfachen Entwurfs eines bereits beauftragten Ingenieurs durch Umbauten im Haus und in einem Anbau nicht nur eine Küche und ein Bad, sondern auch zwei für die sechs- und achtjährigen Kinder besser geeignete Schlafzimmer schaffen will. Er hat nicht viel Geld, aber es scheint auszureichen, um das Bauernhaus mit neuen Räumlichkeiten auszustatten, die unter hygienischen Gesichtspunkten einen Qualitätssprung bedeuten könnten.

Die gerichtliche Wegnahme der drei Kinder von ihren Eltern hat in der italienischen Öffentlichkeit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat den Fall mit Justizminister Carlo Nordio besprochen. Dieser könnte bald Inspektoren nach L’Aquila entsenden, um zu prüfen, ob das Jugendgericht in diesem Fall gesetzeskonform gehandelt hat.
Besonnene Stimmen weisen jedoch darauf hin, dass die geplanten Veränderungen im Haus sowie die Anerkennung des Rechts auf Bildung und auf soziale und spielerische Kontakte mit Gleichaltrigen ausreichen würden, um die Familie wieder zusammenzuführen.






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