An den restlichen Tagen kohlenhydratarme oder -freie Diät

Mit dem ‘Cheat Day’ zum Diäterfolg?

Donnerstag, 08. November 2018 | 07:27 Uhr

Immer mehr Menschen erklären den Samstag oder Sonntag zum ‘Cheat Day’, also die eine Ausnahme in der sonst strengen Ernährungsroutine, die ihre Woche beherrscht. Am Cheat Day, sprich am „Schummeltag“ heißt es Kohlenhydrate und Zuckerhaltiges essen, ganz ohne schlechtes Gewissen und je mehr desto besser.

Klingt nach Völlerei? Ist es in vielen Fällen auch. Trotzdem soll das Sündigen dem Trainingserfolg und einem schlanken, muskulösen Körper dienen.

US-Stars wie Katy Perry oder Jennifer Aniston zeigen in den sozialen Medien, welche Schweinereien am „Schummeltag“ bei ihnen auf den Tisch kommen oder erzählen davon in Interviews. Allen voran ambitionierte Sportlerinnen und Sportler setzen für einen durchtrainierten Körper auf den Fresstag, in ihren Kreis auch „Ladetag“ genannt. Hierzulande versteht noch nicht jeder, wieso figurbewusste Menschen einmal pro Woche bewusst über die Stränge schlagen – und dieser Routine sogar ihre gute Figur zu verdanken haben wollen. Erstaunlich, aber das funktioniert wirklich.

Die Regeln des Cheat Day

Menschen, die ein Mal pro Woche einen Cheat Day einlegen, verfolgen an den anderen sechs Tagen eine kohlenhydratarme bis -freie Diät. Nudeln, (Weizen-)Backwaren, Reis und vergleichbare Sättigungsbeilagen kommen gar nicht oder höchstens in Maßen auf den Tisch, Süßes und sogar Obst – des hohen Fruchtzuckerhalts wegen – wird streng gemieden. Als Beilage zu Proteinlieferanten wie Fleisch, Tofu oder Fisch ist nur kalorienarmer Salat, ebenso gedünstetes Gemüse erlaubt, bloß jedoch keine kohlenhydratreiche Vertreter wie Kartoffeln, rote Paprika oder Karotten.

Wozu dient der Cheat Day?

Der Cheat Day – davon sind seine Anhängerinnen und Anhänger überzeugt – füllt die Energiespeicher wieder auf. Er soll wie eine Art Kickstarter funktionieren und den Körper quasi daran erinnern, wie er mit Kohlenhydraten umzugehen hat: Sie helfen ihm dabei, mehr Muskeln aufzubauen. Kraftsportler, die über Jahre hinweg in der ketogenen Phase trainieren, beweisen den Effekt. Viele von ihnen essen am Ladetag extreme Mengen an Süßem und fettreichem Fast Food – und können ihren Muskeln förmlich beim Wachsen zusehen. Einigen hilft der Cheat Day auch auf psychologischer Ebene – durch die Vorfreude auf den Schlemmtag gelingt es ihnen die Diät an den anderen sechs Tagen durchzuhalten. Eine dreimonatige Studie des Skidmore College unter der Leitung von Dr. Paul Arciero belegte zudem, dass die Mehrzahl der Probanden nach und nach die Lust am exzessiven Fressen am Cheat Day verloren, da sie ihre Ernährung bewusster umstellten und sich das Verlangen nach Junk Food und Süßigkeiten verminderte.

Experte sieht Cheat Day kritisch

Der Sport-Enthusiast Felix Klemme arbeitet seit nunmehr zehn Jahren als (Abnehm-)Coach mit Übergewichtigen zusammen und hat immer wieder festgestellt, dass vernünftige Ernährungsumstellungen die meisten Menschen kaum begeistern können. „Sie wollen Extreme“, so seine Erfahrung. Der Fitness-Experte hält wenig vom Konzept „Cheat Day“, da er findet, dass die meisten es dabei extrem übertreiben – „sie fressen allen möglichen Schrott, der ihren Körper belastet!“ Dabei könne man es auch vernünftig machen. Um herauszufinden, ob man es am Cheat Day übertreibt, empfiehlt Klemme, die Cheat-Day-Ration gedanklich einmal auf sieben Tage aufzuteilen, insbesondere die zweifelhaften Süßigkeiten. Kommt dabei so viel zusammen, dass man die Ernährung der gesamten Woche kaum noch als bewusst bezeichnen kann, sei das Cheat-Day-Gelage schlichtweg ungesund und erhöht die Gefahr auf Diabetes.

Noch mehr Nachteile der ketogenen Diät

Verschiedene Schauspielerinnen und Schauspieler – darunter „Bridget Jones“-Darstellerin Renée Zellweger (48) – haben das Low-Carb-Prinzip der Diät bereits angewandt, das Ernährungswissenschaftler Robert Atkins († 72) Ende der Neunzigerjahre berühmt machte, um für oder nach einer Filmrolle wieder abzunehmen. Selbst ohne den Cheat Day, der geballte Mengen an fragwürdigen Zuckern liefert, rieten bereits damals Experten, jene extrem fleisch- und fettlastige Essgewohnheit höchstens über einen kurzen Zeitraum und auf jeden Fall unter ärztlicher Kontrolle zu pflegen. Es soll die Gefahr bestehen, dass sie zu Ablagerungen an den Gefäßen und in der Folge zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt führt. Ein weiterer Nachteil: die Harnsäureproduktion im Körper, die durch den Konsum von (insbesondere rotem) Fleisch steigt und das Risiko auf Gicht steigern soll. Zudem ist auch der globale Ressourcenverbrauch durch die Viehaufzucht ein Faktor, der in die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) miteinfließt, „maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche“ zu verzehren.

Klemme empfiehlt „Cheat Day light“

Sport-Enthusiast Klemme cheatet selbst auch – allerdings nicht mit vier Portionen Junk Food, süßem Gebäck und Dutzenden Schokolriegeln für zwischendurch. „An meinem Cheat Day frühstücke ich beispielsweise ein Brötchen mit Marmelade und ein Croissant, esse nach dem Lunch vielleicht ein Stück Brownie und abends zum Dessert ein paar Stücke Schokolade.“ Auch hier habe er kalorien- und zuckertechnisch gesündigt, jedoch in Maßen.

Fazit

Die ketogene Diät mag funktionieren, ist aber dauerhaft kein so guter Plan. Die Idee jedoch, sich in geregelten Abständen etwas zu gönnen, ist grundsätzlich gut, da sie zu mehr Bewusstsein über die Ernährung führt. Man sollte aber bloß darauf achten, dass aus Naschen keine Völlerei wird.

Von: bba