VZS verweist auf kritische Aspekte

5G: Telefonanbieter auf der Jagd nach Dachterrassen

Donnerstag, 05. Dezember 2019 | 11:15 Uhr

Bozen – Die Telefonanbieter zeigen derzeit großes Interesse an der Anmietung von Dachterrassen und Dächern von Mehrfamilienhäusern, um darauf Mobilfunkantennen zu installieren. Vielfach wenden sie sich dabei direkt an die Gebäudeverwalter, um diese Flächen, die sich im gemeinschaftlichen Eigentum befinden, für die Errichtung der Mobilfunkanlagen anzumieten. Die Besitzerinnen und Besitzer sehen sich mit einem Informationsdefizit konfrontiert, wodurch es schwierig wird, alle Punkte kritisch abzuwägen und die beste Entscheidung zu treffen. Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) nennt die wichtigsten Aspekte, die man im Auge behalten sollte.

Die VZS startet gleich mit dem „Informationsmangel in Bezug auf die Gesundheitsschäden, welche diese Mobilfunkanlagen verursachen“. Im Dezember 2018 habe das Verwaltungsgericht Latium drei Ministerien (Umwelt, Gesundheit und öffentliche Bildung) verurteilt, da diese es seit Jahren verabsäumen würden, über die Gesundheitsrisiken der Mobilfunktechnologie zu informieren. „Die unabhängige Forschung konnte inzwischen erdrückende Beweise zu den Gefahren des Mobilfunks für den Menschen und das Umfeld sammeln, jedoch wird deren Stimme bisher leider wenig Gehör geschenkt“, so die VZS.

Vor diesem Hintergrund scheint es laut VZS allemal riskant, die Oberflächen des eigenen Wohngebäudes an Betreiber solcher Technologien zu vermieten. Die Angebote belaufen sich dabei etwa auf 10.000 bis 20.000 Euro im Jahr, während verschiedene Experten die Handelswerte jedoch eher auf 200.000 Euro beziffern würden. Sollten in Zukunft zivil- und strafrechtliche Haftungen für die Installation dieser Antennen festgestellt werden, liege alles Risiko bei den Eigentümern und den Verwaltern: „Keine Versicherungsgesellschaft schließt nämlich entsprechende Polizzen ab.“

Auch sei es bei der Versteigerung der 5G-Lizenzen (fünfte Generation der mobilen Technologie) verabsäumt worden, die an sich gesetzlich verpflichtend vorgesehenen Gesundheitseinstufungen einzuholen: Dadurch wachse auch das Risiko und die Verantwortung für die Besitzer, welche den Aufbau der Mobilfunkanlagen ermöglichen, da sie nicht einmal auf staatliche Garantien verweisen können.

Außerdem erfahre das Gebäude durch eine solche Antenne auf dem Dach eine deutliche Wertminderung. Die Besitzerinnen und Besitzer seien von heute auf morgen nicht mehr in der Lage, ihren materiellen Teil verkaufen zu können. Das werde von mehreren Immobilienmaklern betont. So hat in Österreich die „Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH“ (RTR) zum Beispiel Tarifverzeichnisse veröffentlicht, um die entsprechenden Entschädigungen zu vereinheitlichen.

Die Rechtswissenschaft liefert keine eindeutige Antwort auf die Frage, welche Mehrheit im Mehrfamilienhaus (Kondominium) für die Vermietung des Dachs zur Installation einer Antenne notwendig ist. „Unsere Juristen tendieren zu der Meinung, dass für diese Entscheidung die Einstimmigkeit aller Miteigentümerinnen und -eigentümer notwendig ist, da mit anderen Mehrheiten gefasste Beschlüsse beanstandet werden können (z.B. von den Eigentümerinnen und Eigentümern der oberen Etagen, welche von den Mobilfunkstrahlungen, die jede Anlage auch nach unten produziert, betroffen sind)“, erklärt die VZS.

Es könne auch passieren, dass die umliegenden Gebäude die Strahlen zurück reflektieren – auch ins Innere des Gebäudes, auf dem sich die Antenne befindet. Dieses Gebäude werde somit von vielen Mikrovibrationen durchlaufen, welche auch die Statik und die Stabilität der Immobilie gefährden könnten (gemäß mehrerer technischer Studien zu Akustik und Statik).

„Des Weiteren ist unklar, ob das Kondominium durch diese höheren Einnahmen seinen Status als passives Steuersubjekt verliert, und ob diese Einnahmen aus kommerzieller Tätigkeit (Unterhaltungsindustrie) auch erklärt und versteuert werden müssen. Gemäß verschiedenen juristischen Interpretationen würde hier die Natur des kondominialen Jahresabschlusses überworfen, und man müsse die für Gesellschaften geltenden Normen heranziehen. Schlussendlich enthalten die uns bis dato vorgelegten Mietverträge eine ganze Reihe von unklaren und für die Eigentümerinnen und Eigentümer nachteiligen Klauseln (insbesondere in Bezug auf die Dauer des Mietvertrages, der Art der Garantien und Deckungen im Schadensfall bis hin zur Möglichkeit der Kündigung durch den Vermieter)“, so die VZS.

Lohnt es sich also wirklich, die Angebote, die der Verwalter des Mehrfamilienhauses vonseiten der Telefonanbieter unterbreitet, nur oberflächlich und schnell zu bewerten?

Von: mk

Bezirk: Bozen