Von: luk
Bozen – Die Einheitlichen Einkommens- und Vermögenserklärung EEVE wird ab 2017 auch für den Zugang zur Wohnbauförderung des Landes notwendig sein.
Die Landesregierung hat heute auf Vorschlag von Landesrat Christian Tommasini die diesbezügliche Durchführungsverordnung zum Wohnbauförderungsgesetz in diesem Sinne abgeändert.
Im September 2011 war die einheitliche Einkommens- und Vermögenserklärung EEVE eingeführt worden, um den Zugang zu den öffentlichen Leistungen im Gesundheits- und Sozialbereich gerecht und treffsicher zu gestalten. Heute nun hat die Landesregierung auf Vorschlag von Wohnbaulandesrat Christian Tommasini eine Änderung der Durchführungsverordnung zum Wohnbauförderungsgesetz (Nr. 13/1998) zugestimmt, mit der die EEVE ab 2017 auch im geförderten Wohnbau zur Anwendung kommt.
Mit der EEVE wurde die Erhebung von Einkommen und Vermögen für den Zugang zu den Leistungen des Landes vereinheitlicht. Eingeführt wurde ein einziger Erhebungsbogen und eine zentrale Datenbank. Wer also eine öffentliche Leistung beantragt, muss nur mehr eine einzige Jahreserklärung je Familienmitglied ausfüllen und abgeben, die dann für verschiedene Bereiche gilt.
Bisher musste die Erklärung bei Anträgen um das Kinder- und Familiengeld, die Tarifbeteiligung für Sozialdienste (Altersheim, Hauspflege, Kinderhorte), die Finanzielle Sozialhilfe, die Ticketbefreiung für Bedürftige, die Beiträge für Zahnleistungen sowie die Rückerstattung für die indirekte Betreuung bei Krankenhausaufenthalten vorgelegt werden.
Ab 2017 ist die EEVE also auch für Anträge um Wohnbauförderung notwendig, sowohl was den Bau, den Kauf oder die Sanierung einer Erstwohnung angeht, als auch die Beiträge für die Beseitigung architektonischer Hindernisse, die Vermietung von Wohnungen mit Sozialbindung, die Zuweisung geförderten Baugrunds an Gemeinden, die Notstandshilfen sowie alle weitere Maßnahmen der Wohnbauförderung oder Maßnahmen, die mit Sozialbindungen in Zusammenhang stehen.
Mit der EEVE wird nun im geförderten Wohnbau eine Bewertungsgrundlage eingeführt, die das oder die Einkommen einer Familie ebenso berücksichtigt wie deren Vermögen und den Lebensunterhalt. Damit wird auch die Definition von Familie der EEVE auf den Bereich des geförderten Wohnbaus übertragen. Rechnung getragen wird damit zudem dem Finanzvermögen einzelner Personen, sofern es 100.000 Euro überschreitet.
Wer sich also ab 2017 um Wohnbauförderung bewirbt, der muss eine Einkommens- und Vermögenserklärung der zwei Vorjahre vorlegen. “Ab Herbst 2016”, kündigte heute Landesrat Tommasini an, “können interessierte Bürgerinnen und Bürger an den Schaltern der Landesabteilung Wohnbau Berechnungsimulationen nach dem neuen System vornehmen.”
Kritik vom ASGB, den Freiheitlichen und der BürgerUnion
Der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund (ASGB) zeigt sich verärgert über den Umstand, dass die EEVE im geförderten Wohnbau ohne Absprache mit den Sozialpartnern zur Anwendung kommt.
„Anlass für die Verärgerung ist die Tatsache, dass dies ein einseitiger Beschluss während einer Nacht- und Nebelaktion, ohne vorherige Ankündigung von Seiten der Landesregierung, war. Es ist richtig, dass es Gespräche über eine eventuelle Einführung der EEVE im geförderten Wohnbau gab. Uns wurde aber mitgeteilt, dass weitere Gespräche folgen werden. Darauf haben wir uns verlassen, oberste Priorität hatte für uns, dass sich die Neuregelung positiv auf die Antragsteller auswirkt. Dass nun eine Entscheidung über unsere Köpfe hinweg getroffen wurde, verwundert doch sehr.“, zeigt sich der Vorsitzende des ASGB Tony Tschenett verärgert.
„Nicht minder verwunderlich ist, dass die Presseaussendung des Landes zwar die Einführung der EEVE im geförderten Wohnbau proklamiert, aber zum inhaltlichen nur anführt, dass eine Bewertungsgrundlage eingeführt wird, die das Einkommen der Familien ebenso berücksichtigt wie deren Vermögen und Lebensunterhalt. Ein bisschen konkreter sollte es schon sein: wenn man etwas beschließt müsste man auch imstande sein, ein schlüssiges Konzept, das die Zugangsvoraussetzungen erklärt, vorzustellen. Momentan hat niemand eine Ahnung wie sich die neuen Kriterien auf die Antragssteller auswirken werden. Diese Tatsache ist durchaus besorgniserregend.“, schließt Tschenett.
“Erneut „Bestrafung“ für den Mittelstand und Bevorzugung von Ausländern”
Der Fraktionssprecher der Freiheitlichen im Landtag, Pius Leitner, sieht sich in seiner wiederholt vorgebrachten Kritik bestätigt, dass die „Einheitliche Einkommens- und Vermögenserhebung“ (EEVE) tatsächlich nicht zu einer Steigerung der sozialen Treffsicherheit geführt hat. Eine Überarbeitung sei längst fällig, und die nun vergossenen Krokodilstränen wenig glaubwürdig.
„Bei der Einführung der EEVE wurden 430 Personen dazu ausgebildet, nur um den Bürgern beim Ausfüllen der entsprechenden Formulare zu helfen. Damit wurde zwar der Amtsschimmel ordentlich gefüttert, eine Erleichterung für die Bürger war es hingegen nicht. Die Absicht der Landesregierung, Leistungen der öffentlichen Hand im Regelfall an Einkommen und Vermögen zu binden, kann zwar grundsätzlich geteilt werden, ob die für den Sozial- und Gesundheitsbereich ab 1. September 2011 geltende einheitliche Einkommens- und Vermögenserhebung (EEVE) tatsächlich die soziale Treffsicherheit erhöht hat, wage ich zu bezweifeln. Die geplante Ausdehnung auf den Bereich Wohnbau birgt jedenfalls jede Menge Konfliktstoff“, so Leitner.
Man müsse eine erneute „Bestrafung“ des Mittelstandes und all jener befürchten, welche ein Leben lang hart gearbeitet und sich einen bescheidenen Besitz angeeignet haben.
„Der Gemeindeverband scheint nun auch einen eklatanten Schwachpunkt entdeckt zu haben, auf den wir Freiheitlichen seit Jahren hingewiesen haben. Die Vermögensgüter ausländischer Antragsteller können (oder wollen?) nicht erfasst werden. Bei diesen ist der Besitz im Herkunftsland wohl kaum ermittelbar und die Verwaltung ist daher auf die ‚wahrheitsgetreue‘ Angabe der Antragsteller angewiesen, was zu einer Bevorzugung der Ausländer führen wird, wie wir sie bereits bei sozialen Leistungen kennen. Bisher haben Landesregierung und Landtagsmehrheit unsere Einwände abgeschmettert, aber wir werden erneut einen entsprechenden Antrag im Landtag einbringen“, erklärt Leitner.
Pöder: “Schlaumeierei im Wohnbausektor beenden”
“In der SVP-PD-Mehrheit herrscht offenbar Chaos, wenn man die jüngsten widersprüchlichen Aussagen zur Einführung der Einheitlichen Einkommens- und Vermögenserhebung EEVE bei der Wohnbauförderung anschaut”, so der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion. “Dass die Landesregierung ohne die Simulationsberechnungen von Beispielfällen einfach die EEVE einführt ist nicht nachvollziehbar, ebenso eigenartig ist allerdings die Tatsache, dass man in der SVP überrascht über die EEVE in der Wohnbauförderung ist. Die EEVE in der Wohnbauförderung ist seit drei Jahren im Wohnbaugesetz (Nr. 13/1998 – Art. 40/bis) vorgeschrieben, also ist die Landesregierung ohnehin schon lange im Verzug mit der Durchführungsbestimmung”, so Pöder.
“Nicht nachvollziehbar ist nach Ansicht des Abgeordneten die Tatsache, dass die SVP-Arbeitnehmer die EEVE in der Wohnbauförderung grundsätzlich ablehnen und dadurch die Schlaumeierei in der Wohnbauförderung verteidigen. “Die EEVE kann bei richtiger Anwendung ein Instrument sein, um diejenigen künftig von den Förderungen auszuschließen, die Vermögenswerte auch im Fruchtgenussweg haben, die bisher nicht berücksichtigt wurden. Die so genannten “kleinen Leute”, welche die Wohnbauförderung wirklich brauchen, wären damit bevorteilt, die Schlaumeier, die irgendwo irgendwas besitzen, könnte man zunehmend ausfiltern und von Förderungen insbesondere von Sozialwohnungen ausschließen.” Pöder fordert sowohl die SVP-Arbeitnehmer als auch die Gewerkschaften auf, auch die Betriebsimmobilien die jemand besitzt in die EEVE-Berechnung mit einzubeziehen. “Man sollte hier einen Freibetrag von einer halben oder einer Million Euro vorsehen, aber der Wert von Betriebsimmobilien, die darüber hinaus gehen, sollte mit einbezogen werden.”
Pöder fordert die Anwendung der EEVE auch im Bereich der Sozialwohnungen des Wohnbauinstituts. “Eine kleine Blitzrecherche bei (anonym bleibenden) Mitarbeitern des Wobi hat ergeben, dass es sehr wohl immer noch Besitzer von Wohnungen, geschlossenen Höfen oder Grundstücken gibt, die Sozialwohnungsmieter mit sozialem Mietzins sind. Man wandelt den Besitz zum Beispiel einfach in einen Fruchtgenuss um und damit schlaumeiert sich dadurch zu einer Sozialwohnung. Die SVP-Arbeitnehmer sollten eigentlich solche Schlaumeiereien verteidigen ist eigenartig”, so Pöder.
Im Wohnbausektor gäbe es noch andere Baustellen, welche die Landesregierung noch nachdrücklicher bearbeiten müsste. “Laut Blitzrecherche im Wobi stehen derzeit rund 700 Wohnungen des Wohnbauinstituts leer. Sie wurden entweder nicht zugewiesen oder müssen erst saniert bzw. auf die Vermietung vorbereitet werden. Das sind hunderte von Wohnungen im Eigentum der Steuerzahler die Wohnungssuchenden vorenthalten werden und gleichzeitig durch entgangene Mieteinnahmen die Einnahmen des Wobi belasten”, so Pöder.