„Reden, reden, reden“: Beziehungspflege zwischen Bauern und Imkern

Apfelblüte: Frühlingserwachen für Bienen

Freitag, 05. Mai 2023 | 11:50 Uhr

Bozen – In den Talsohlen ist sie schon vorbei, doch in höheren Lagen kann man sie noch vereinzelt sehen: Wenn sich die Knospen auf den Apfelbäumen in Blüten verwandeln, erfreut dies nicht nur das menschliche Auge – sondern es bedeutet für Honigbienen ein wahres Lebenselixier nach den dunklen und kargen Wintermonaten. Es ist die Zeit, in der Imker und Apfelbauern in Symbiose treten. Tausende Bienenvölker tummeln sich in den Apfelwiesen.

Es war Anfang April, als heuer in den Tallagen rund um Bozen, im Unterland und im Etschtal die Apfelblüte begann. Martin Tabloner ist Apfelbauer in Bozen-Moritzing und Etschtaler Bezirksobmann des Südtiroler Beratungsrings für Obst- und Weinbau. Seit mehr als drei Jahrzehnten pflegt er die Zusammenarbeit mit Imkern – darunter seinem Bruder Manfred Tabloner, seines Zeichens Bozner Ortsobmann des Imkerbundes, seinem Schwiegersohn und einem weiteren Imker aus Guntschna. Bis zu 200 Bienenvölker stehen zur Blütezeit in Tabloners Apfelwiesen und finden hier lang ersehnte Tracht, um sich zu stärken.

„Mein Bruder nutzt diese Zeit vor allem, um die Bienenvölker wieder kräftiger zu machen – das heißt, er erntet den Honig gewöhnlich nicht, sondern lässt ihn den Bienen, damit sie gestärkt ins Honigjahr starten“, erzählt Martin Tabloner. Vor allem Jungvölker werden in dieser Zeit viel kräftiger – laut Gewichtsmessungen seines Bruders sammelt ein Volk teils bis zu einem Kilo Nektar pro Tag. „Dies hängt vor allem mit dem Wetter zusammen: Ist es kalt, bewölkt und windig, ist dies für die Bienen ungünstig.“ In diesem Jahr dauerte die Blüte etwas länger als sonst: drei Wochen – allerdings nicht immer bei idealen Wetterbedingungen.

Stärkung für Bienen nach dem Winter

So wie bei Tabloner geht es im Frühling bei vielen Bauern zu: Imker aus allen Landesteilen bringen Bienenvölker in die blühenden Apfelwiesen. Wie viele dies insgesamt sind, weiß allerdings niemand ganz genau, erklärt Erwin Wieser, Imkerobmann des Bezirkes Bozen/Unterland. Er schätzt, dass etwa ein Drittel der rund 40.000 Bienenvölker in Südtirol jedes Frühjahr in die Obstwiesen gebracht werden. Denn ob man an der Bienenwanderung in der Apfelblüte teilnehme oder nicht, müsse jeder Imker für sich abwägen: „Für den Völkeraufbau ist es sicher ein großer Vorteil – andererseits ist es auch ein ordentliches Stück Arbeit.“ Die Bienenstöcke müssten an ihrem Hauptstandort – oft nahe dem Wohnsitz des Imkers – abgebaut werden; anschließend seien die entsprechenden Vorrichtungen am neuen Standort in den Wiesen wieder aufzubauen. Wieser: „Und man kann die Völker dort auch nicht sich selbst überlassen; das heißt: Ich muss hinfahren, regelmäßig kontrollieren – und letztendlich wieder abbauen und wegbringen.“

„Reden, reden, reden“: Beziehungspflege zwischen Bauern und Imkern

Darüber hinaus brauche es eine gute, vertrauensvolle Partnerschaft mit dem Bauern, in dessen Apfelwiesen die eigenen Bienenvölker ihr Frühlingserwachen erleben. „Viele Imker kennen ,ihre‘ Bauern seit vielen Jahren und bringen ihre Bienen dementsprechend ohne Bedenken in die Apfelblüte“, so Wieser. Denn gute Erfahrung und Vertrauen sei die Basis dieser Zusammenarbeit – das Rezept dafür: „Reden, reden, reden!“ Die Bauern müssten über die Bedürfnisse und Anliegen der Imker Bescheid wissen und umgekehrt – „und wenn man sich gut abspricht und gegenseitig unterstützt, ist dies ein Vorteil für beide Seiten“. Das sei in der Regel auch den Bauern bewusst – „viele haben ja selbst Bienen und sind Imker“, so Wieser.

Wie findet nun ein Imker „seinen“ passenden Bauern bzw. umgekehrt der Bauer seinen Imker? Die meisten langjährigen Partnerschaften beruhen auf persönlichen Beziehungen und Bekanntschaften und Weiterempfehlung. Wenn jemand neu einsteigen möchte, dann kann er sich an die einheimischen Vermarktungsorganisationen wenden (VOG, VIP oder auch an die Südtiroler Obstversteigerungen). Im Vinschgau wird die Bienenwanderung schon seit Jahren in Zusammenarbeit mit den Genossenschaften, Bauernbund und Bauernjugend sowie den Ortsgruppen des Imkerbundes gemeinsam organisiert. Dabei wird darauf geachtet, dass die Bienenvölker gleichmäßig verteilt werden, um das gesamte Obstbaugebiet abzudecken. Auch der VOG (Verband der Südtiroler Obstgenossenschaften) hat erst in dieser Saison wieder einen Aufruf an seine Obstbauern gemacht, sich zu melden falls sie Imker suchten – doch auch auf dieser Seite bestätigt sich, dass die meisten bereits ihre Imker-Partner haben: „Es haben sich einige gemeldet, aber die meisten Bauern sind schon versorgt“, heißt es beim VOG.

 

Südtiroler Apfelkonsortium

Im Bild (v.r.): Martin Tabloner mit seinem Bruder Manfred und einigen seiner Bienenstöcke.

Von: luk

Bezirk: Bozen