Erhebung des AFI

Arbeitszeiten: Südtiroler sind Buggler

Freitag, 19. Januar 2018 | 10:21 Uhr

Bozen – Mit mehr als 38 Stunden ist die durchschnittliche Arbeitswoche in Südtirol deutlich länger als in den Nachbarländern – beide Selbstständige und Arbeitnehmer mit eingerechnet. Das hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut bei einer Erhebung der Arbeitszeiten in Südtirol ermittelt. 21,8 Prozent der in Südtirol Befragten erklären, heute mehr Stunden zu arbeiten als noch vor einem Jahr. Über die Hälfte von ihnen (52,9 Prozent) meint, das entspreche ihren Wünschen und sei akzeptabel. Weniger lange Arbeitszeiten hingegen möchten Führungskräfte, Handwerker und Facharbeiter haben.

Im Vergleich mit den Nachbarländern und dem italienischen Durchschnitt sticht heraus, dass in Südtirol fast ein Drittel der Beschäftigten (31,6 Prozent) mehr als 40 Wochenstunden arbeitet. Grund dafür sind die langen Wochenarbeitszeiten in Bereichen wie Landwirtschaft und Gastgewerbe, bei den Führungskräften und besonderen Berufsgruppen wie dem Bedienpersonal von Maschinen und Anlagen. „Arbeitszeiten von mehr als 40 Wochenstunden geben 67,5 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft, 54,7 Prozent der Beschäftigten im Tourismus und 55,7 Prozent in der Kategorie Führungskräfte an“, erklärt AFI-Vizedirektorin Silvia Vogliotti, welche die Daten in Zusammenarbeit mit Forschungsmitarbeiterin Anna Tagliabue ausgearbeitet hat.

Für vier von zehn Südtiroler Beschäftigten hat ein Arbeitstag mindestens einmal im Monat mehr als zehn Stunden. In der Landwirtschaft sind lange Wochenarbeitszeiten und eine Sieben-Tage-Woche häufig mit Stoßzeiten und Nebenerwerb verbunden. Im Tourismus nehmen die Beschäftigten oft überlange Arbeitstage oder verkürzte Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen in Kauf. Die Berufsgruppe der Führungskräfte ist jene mit den meisten Arbeitsstunden. Bei ihnen kommen häufig mehr als zehn Stunden am Tag und sechs bis sieben Arbeitstage die Woche zusammen.

Kürzer, also weniger als 35 Stunden pro Woche, arbeiten 27,2 Prozent der Südtiroler, das ist der niedrigste Wert im Ländervergleich. Die kürzere Arbeitswoche ist in der Kategorie „Private Dienstleistungen“ (43,9 Prozent) und im schulischen Bereich (63,8 Prozent) zu finden. Die vertragliche Vollzeit für die Lehrer z.B. liegt unter 35 Stunden.

Insgesamt 57,6 Prozent der Beschäftigten in Südtirol haben die klassische Fünf-Tage-Woche, ein Viertel die Sechs-Tage-Woche und 7,1 Prozent arbeiten an allen sieben Tagen der Woche. „Mehr als die Hälfte der Südtiroler sind durchaus zufrieden mit den eigenen Arbeitszeiten, am wenigsten zufrieden sind Landwirte und Führungskräfte“, so Vogliotti.

 

 

Stellungnahme der Landesrätin für Gesundheit, Sport, Soziales und Arbeit Martha Stocker

„Dieser interessante AFI-Zoom zeigt, dass die durchschnittliche Dauer der Arbeitswoche der Südtiroler 38 Stunden beträgt, ein Spitzenwert im europäischen Vergleich. Die Zufriedenheit mit der Arbeitszeit ist positiv für die Hälfte der Arbeitnehmer (inkl. Selbstständige). Männer arbeiten mit durchschnittlich fast 43 Stunden pro Woche gut zehn Stunden mehr als der Durchschnitt der Frauen, was aber mit dem Faktor Teilzeitarbeit und Übernahme der Haus- und Familienarbeit durch die Frauen zu tun hat. Hervorzuheben ist auch, dass der Arbeitsplatz für zwei Drittel der Erwerbstätigen in max. einer halben Stunde erreichbar ist, was unterstreicht, dass unsere Bemühungen in die Stärkung der Arbeitsplätze auch bis in die ländlichen Gebiete Früchte tragen.“

 

Stellungnahme der AFI-Präsidentin Christine Pichler

“Es ist erfreulich, dass die Hälfte der ArbeitnehmerInnen (Arbeitnehmer und Selbstständige) mit ihrer Arbeitszeit zufrieden ist. Aber es ist besorgniserregend, dass es Berufsgruppen mit besonders langen Arbeitszeiten gibt oder dass zwischen den Arbeitstagen zu kurze Ruhepausen eingehalten werden. Auch weil wir wissen, wie stark die Produktivität und Konzentration in den letzten Stunden des Tages sinkt. “„

 

Stellungnahme der INAIL-Landesdirektorin Mira Vivarelli

„Zu lange Arbeitszeiten verursachen Stress. Durch eine möglichst gute Arbeitsorganisation können diese zu langen Arbeitszeiten und der damit verbundene Stress eingedämmt werden, was auch erheblich zur Unfallverhütung beiträgt. Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen. Das gilt natürlich nicht nur für Arbeitnehmer. Selbstständige sind genauso betroffen.“

Von: luk

Bezirk: Bozen