Für die heimische Schmerle ist es bereits fünf nach zwölf

Artenvielfalt auch in Südtirol in Gefahr

Montag, 22. Mai 2017 | 10:05 Uhr

Bozen – In den Alpen ist die Artenvielfalt in Gefahr. Tier- und Pflanzenarten verschwinden zusehends. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte rund die Hälfte der Pflanzen verschwunden sein.

Das hält die Alpenschutzkommission CIPRA zum heutigen internationalen Tag der Artenvielfalt fest.

In Südtirol sind Medienberichten zufolge 40 Prozent der Tierarten gefährdet. Manche sind kurz vor dem Aussterben, so etwa der Eisvogel, die Blaumerle, der Bachpieper, das Braunkehlchen oder der Drosselrohrsänger.

Die CIPRA fordert eindringlich, Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu erhalten. Oft schon genügten dafür kleine Maßnahmen.

Für die heimische Schmerle ist es eigentlich bereits fünf nach zwölf

Der 22. Mai wird von den Vereinten Nationen als Internationaler Tag der biologischen Vielfalt gefeiert. Der Tag erinnert an den 22. Mai 1992, an dem der Text des UN-Übereinkommens über biologische Vielfalt mit großer Unterstützung verabschiedet wurde – heute ist es mit über 190 Vertragsstaaten eines der erfolgreichsten Übereinkommen der Vereinten Nationen. Die Realität sieht aber – leider auch bei uns – oft anders aus, wie auch das Beispiel der Bachschmerle zeigt.

Grundsätzlich nicht gefährdet – in Südtirol vom Aussterben bedroht

Die Bachschmerle ist eine unscheinbare, bodenbewohnende Kleinfischart, die mit Ausnahme des Nordens von Skandinavien sowie der Mittelmeerregion in ganz Europa beheimatet ist. Auch in Südtirol, wo sie zu den insgesamt 19 heimischen Fischarten gehört. Die Bachschmerle hält sich gerne in sommerkalten, mäßig bis schnell fließenden, flachen Bächen und kleineren Flüssen mit sandigem und kiesigem Untergrund auf. Man möchte meinen, dass sie somit in Südtirol durchaus weit verbreitet ist. Dem ist leider nicht mehr so. Die Bestände der Bachschmerle sind bis auf ganz wenige und instabile Restpopulationen beinahe aus allen Gewässern Südtirols verschwunden. “Keine heimtückische Seuche oder ein unabsichtlich eingeschleppter Fraßfeind sind schuld am Beinahe-Verschwinden dieser Art, sondern die Tätigkeit des Menschen”, erklärt der Verein FishFirst.

Ausgeräumte Gewässer – übernutztes Umland

“Die Bachschmerle gehört sicherlich nicht zu den Fischarten, die besonders empfindlich auf Veränderungen reagieren. Trotzdem haben wir es geschafft, die Lebensraumbedingungen für diesen einst im ganzen Land verbreiteten Fisch flächendeckend dermaßen zu verschlechtern, dass er aus seinem natürlichen Lebensraum beinahe verschwunden ist. In ganz wenigen (Ersatz-)Habitaten konnte die Bachschmerle in den letzten Jahren noch nachgewiesen werden. Wie viele vitale Bestände es aktuell in Südtirol noch gibt, ist unklar”, so der Verein FishFirst.

“Vor allem die Landnutzung in den intensiv genutzten Talsohlen reduzierten die Schmerlenbestände zusehens. Eindohlungen, Verrohrungen und kontinuierliches Ausbaggern von Gräben und Kleingewässern zerstören direkt den Lebensraum. Punktuelle und diffuse Schadstoffeinträge sowie die Trockenlegungen von Gewässerabschnitten bei erhöhtem Wasserbedarf wie etwa der Frostberegnung belasten die Bestände zudem stark. Viele dieser negativen Einwirkungen sind nicht zwingend an die landwirtschaftliche Tätigkeit gekoppelt, die allermeisten dieser Einwirkungen wären reversibel bzw. könnten bei guter fachlicher Praxis deutlich reduziert werden. Dennoch werden bis heute keine konkreten Maßnahmen für den Erhalt dieser heimischen Fischart in Südtirol gesetzt. Der Internationale Tag der biologischen Vielfalt wäre ein guter und geeigneter Anlass, die mittlerweile prekäre Bestandssituation dieser im Fischereigesetz als geschützt ausgewiesenen Fischart durch konkrete Maßnahmen zu verbessern, indem neue Lebensräume für diese Kleinfischart geschaffen und bestehende konsequent geschützt werden”, heißt es abschließend.

Von: luk

Bezirk: Bozen