Von: mk
Bozen/Trient – Die italienischen Alpen – und damit auch Südtirol und das Trentino – erleben derzeit einen regelrechten Boom als Sommerreiseziel. Längst verbindet man die Berge nicht mehr nur mit der Wintersaison, sondern sie werden zunehmend auch in den warmen Monaten bevorzugt. Auffallend dabei ist: Der Tourismus wird internationaler, auch Gäste aus dem Nicht-EU-Raum finden immer öfter ihren Weg zu uns.
Dies geht zumindest aus einer Studie des Portals MontagnaEstate.it hervor, das eine Million Besuche und über 400 Buchungen analysiert hat. Aus den gesammelten Daten ergibt sich ein klarer Trend: Bei den Besuchernationalitäten herrscht eine größere Vielfalt, es gibt eine steigende Nachfrage nach Dienstleistungen und die klassischen Saisonen im Tourismus, die sich nach den Jahreszeiten richten, verschwimmen zusehends.
Auch bei der Bevölkerung in Italien selbst ist das Interesse an den Bergen neu aufgeflackert. Schuld daran ist nicht zuletzt die Corona-Pandemie. Gerade in dieser Phase entdeckten viele Italiener und Einheimische die Natur als idealen Rückzugsort, um geschlossenen Räumen und Menschenansammlungen zu entgehen und sich gleichzeitig zu erholen. Als die Länder ihre Grenzen schlossen und die Reisefreiheit eingeschränkt wurde, besannen sich viele auf die landschaftliche Schönheit im eigenen Land: Die Berge wurden zum idealen Urlaubsort.
Doch nun erlebt der Sommertourismus eine neue Dimension: So konnte ein signifikanter Anstieg ausländischer Besucher festgestellt werden, insbesondere aus außereuropäischen Ländern.
Kaufkräftige Touristen aus Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz, die neben der Bergwelt in Italien unter anderem auch im Vergleich günstigere Preise schätzen, nehmen zu. Ein stetiger Zustrom aus osteuropäischen Ländern, die die italienischen Berge schon lange im Winter besuchen, sie jetzt aber auch im Sommer entdecken, festigt sich ebenfalls.
Die eigentliche Neuheit ist jedoch: Immer mehr Ankünfte aus den USA und aus asiatischen Ländern verändern das Gesicht des Bergurlaubs. Gäste, die bis vor wenigen Jahren ausschließlich Luxusdestinationen aufsuchten, breiten sich heute auch auf andere Orte in den Alpen aus. Die Berge in Südtirol und in Norditalien mit ihrer einzigartigen Kombination aus Natur, Kultur und Geschichte werden zu einem immer begehrteren Ziel für Überseereisende.
Soziale Medien wecken den Reiz
Dies ist nicht zuletzt auf die Macht der sozialen Medien zurückzuführen. Waren früher Postkartenmotive der italienischen Berge fast ausschließlich dem nationalen Tourismus vorbehalten, sehen heute im Internet immer mehr Menschen Alpenseen, Dolomiten-Gipfel und atemberaubende Hochgebirgspanoramen. Dadurch wächst auch die Lust, solche Orte zu besuchen: Heutzutage hört man am Karersee, bei den Drei Zinnen oder am Mont Blanc immer weniger Italienisch und dafür mehr Englisch, Französisch und asiatische Sprachen.
US-Amerikaner schwärmen in den sozialen Medien von ihren Erlebnissen in den Dolomiten mit Adjektiven wie “breathtaking” und “gorgeous” – auf Deutsch atemberaubend und wunderschön – und machen sie anderen zugänglich. Diese Orte, die einst hauptsächlich Einheimischen bekannt waren, sind jetzt fester Bestandteil internationaler Reiserouten. Ihr Reiz, der in Millionen von Online-Bildern mit anderen geteilt wird, zieht Reisende aus aller Welt an.
Dienstleistungen
Doch nicht alle Bergdestinationen profitieren gleichermaßen von diesen neuen Entwicklungen. Die Anforderungen der Touristen haben sich ebenfalls gewandelt. Neben der Schönheit der Landschaft erwarten viele Besucher ein breites Angebot an hochwertigen Dienstleistungen, wie beispielsweise gut ausgebaute Wanderwege, gemütliche Unterkünfte und vielfältige Freizeitaktivitäten.
Vor allem für Touristen, die nicht aus Europa kommen, sind die Berge oft nur eine Etappe im Rahmen einer größeren Reise. Ausgewählt werden deshalb nur die bekanntesten und am besten an die wichtigsten Verkehrsnetze angebundenen Ziele.
Das Trentino-Südtirol gilt innerhalb Italiens nach wie vor als Referenzpunkt für den Bergtourismus. Die Kombination aus beeindruckender Natur, kulturellen Angeboten und einer guten Infrastruktur macht die Region zu einem beliebten Ziel für Touristen aus aller Welt. Instandgehaltene Straßen sind genauso wichtig wie Liftanlagen und geführte Touren.
Manche Zonen in Italien haben sich allerdings auch als Nischen etabliert, die bei jenen Touristen außerhalb von Europa begehrt sind, die nach authentischeren und weniger kommerziellen Erfahrungen suchen. Liebhaber langer Wanderungen in der Natur, die auf der Suche nach versteckten Juwelen in den Bergen oft auch mehrtägige Ausflüge unternehmen, werden davon angezogen. Das Maira-Tal im Piemont hat es mit gezielter Werbung geschafft, genau diese Art von Touristen anzusprechen.
Trend wird sich fortsetzen
Experten gehen davon aus, dass die Anzahl von Touristen aus Nicht-EU-Ländern in den Alpen in Italien und damit auch in Südtirol in den kommenden Jahren aufgrund zunehmender Bekanntheit weiter wachsen wird.
Beliebte Ziele stehen deshalb vor großen Herausforderungen, um diesen Zustrom nicht nur für sich zu nutzen, sondern auch langfristig zu sichern und zu steuern. Der außereuropäische Tourismus wird stark von internationalen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen beeinflusst. Touristiker sollten deshalb daher ihre Märkte diversifizieren, um nicht zu sehr von einem einzigen Herkunftsland abhängig zu sein. So können sie Schwankungen besser abfedern.
Gleichzeitig bringt der wachsende Tourismus auch neue Herausforderungen. Es gilt, die fragile Natur zu schützen und gleichzeitig den Bedürfnissen der Besucher gerecht zu werden. Ein sinnvolles Tourismusmanagement kann unter anderem dazu beitragen, dass beliebte Orte nicht zu reinen Hotspots für Selfies verkommen, wo zu viele Menschen zur gleichen Zeit dort hinwollen. Die betroffenen Ortschaften und Regionen müssen Strategien entwickeln, um den Tourismus nachhaltig zu gestalten und die Lebensqualität der Einheimischen zu sichern.
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